Fusionen und Organisationsänderungen sind die stärksten Aufsteigerrisiken:

Amerikas Topmanager auf Karriere fixiert

23.05.1986

Stark gefordert, aber glücklich fühlen sich die amerikanischen Topmanagern. Ihr Weg an die Unternehmensspitze führt derzeit am häufigsten über akademische Titel (vor sieben Jahren nur 42 Prozent); bevorzugte Ausbildungsstätte ist nach wie vor Harvard. Die Herren und Damen (zwei Prozent) verdienen mehr als 400 000 Dollar im Jahr, sind durchschnittlich 51 Jahre alt, arbeiten 56 Stunden in der Woche und begnügen sich mit 14 Urlaubstagen im Jahr. Dies geht aus einer Studie der Korn/Ferry-Personalberatung hervor, die das etablierte US-Unternehmen zusammen mit der University of California erstellt hat. Insgesamt 1362 Manager der größten Unternehmen der USA wurden zu der Befragung herangezogen, berichtet die Korn/Ferry, Frankfurt. Alle Interview-Partner hatten, so Frederik Walterscheid, Geschäftsführer der deutschen GmbH, Positionen unter der Vorstandsebene. Was diese Frauen (nur 29) und Männer charakterisiert, die schon mit 35 Jahren die 100 000-Dollar-Verdienstbarriere übersprangen, schildert Walterscheid im folgenden.

Als Gruppe gesehen sind diese Manager in ihrer politischen Einstellung vor allem Republikaner und vertreten traditionelle Werte. Ihr Denken ist ziemlich gleichartig. Sie sind überzeugt, daß nur hartes Arbeiten sie dorthin gebracht hat, wo sie heute sind, und daß Ehrgeiz, aber auch Glück eine wesentliche Rolle auf dem Weg nach oben spielen.

Für die heute agierenden Manager ist das Bestreben, in die Vorstandsebene zu kommen, viel wichtiger geworden, als es dies für ihre Vorgänger war. 49 Prozent bemühen sich heute, dieses Ziel ihrer Berufslaufbahn zu erreichen, verglichen mit 33 Prozent 1979. Sie stellen insgesamt eine Gruppe dar, die zwar stark gefordert wird, sich aber dennoch in ihrer Rolle glücklich fühlt. Keiner würde sein Leben ändern wollen.

Der schnellste Weg zur Unternehmensspitze führt zur Zeit über Marketing und Verkauf. 1979 begann der Pfad nach oben noch im Finanz- und Rechnungswesen.

Als die Nummer eins einer Bedrohung der Karriere werden Fusionen mit anderen Firmen und Organisationsumstellungen genannt. Als zweiter Faktor rangiert der Arbeitsplatz in einer nur langsam wachsenden Industrie. Zum dritten wird die Ablehnung durch den Vorgesetzten genannt, ferner, daß sich der Boß durch einen selbst bedroht fühlt. Das erschwert das Vorwärtskommen oder beendet sogar in vielen Fällen eine geplante geradlinige Karriere.

Als größte Überraschung der Studie erwies sich der rasante Anstieg der Gehälter. Sie liegen rund 85 Prozent über denen von 1979. Manager werden heute wie Fernsehstars bezahlt. Das jährliche Grundgehalt beläuft sich hierbei auf 215 000 Dollar; hinzu kommen noch 85 Prozent Bonuszahlungen. Sieben Jahre vorher lauteten die Zahlen 116 000 Dollar und 50 bis 55 Prozent Bonus.

Bemerkenswert ist die größere Anzahl von Frauen, wenngleich unter den fast 1400 befragten Führungskräften nur 29 Frauen waren. Die Frage, was Frauen abhält, Führungspositionen einzunehmen, wurde kurz und bündig mit Standesdünkel und Voreingenommenheit der Männer beantwortet. Die gesellschaftliche Barriere ist das größte Hindernis für Frauen, die Top-Etagen zu erreichen. Der männliche amerikanische Manager ist einzig und allein auf seine Karriere fixiert; für die lebt er, schuftet er, und sie nimmt ihn voll und ganz in Anspruch. Seine Karriere hat Vorrang vor der Familie, und alles, was er tut, ist ganz und gar auf das Leben in der Gesellschaft ausgerichtet. 94 Prozent der Befragten sind verheiratet, vier Prozent sind geschieden oder leben allein, und nur rund ein Prozent sind niemals verheiratet gewesen. Sieben Prozent sind mehr als einmal verheiratet gewesen. Durchschnittlich hat diese Gruppe drei Kinder, zehn Prozent haben keine Kinder und 26 Prozent haben vier und mehr Kinder.

Obwohl Frauen zur Zeit noch keine größere Rolle in den Führungsetagen spielen, nehmen Personalberater aufgrund der sich abzeichnenden Entwicklung an, daß spätestens in zehn Jahren der Prozentsatz weiblicher Manager bei 20 bis 25 Prozent liegen wird. Es ist einfach eine Frage der Zeit, denn bevor der Sprung in die oberen Etagen gelingt, muß man zirka 15 Jahre lang im Mittelmanagement seine Karriere vorbereiten. Die Hälfte der heute im Mittelmanagement besetzten Positionen nehmen Frauen ein.

Überraschend ist auch die Tatsache, daß zur Zeit 37 Prozent der Ehefrauen aller Befragten in eigenständigen Berufen außerhalb des Hauses arbeiten, verglichen mit 14 Prozent im Jahre 1979. Dies ist ein deutliches Zeichen für die größere Selbständigkeit der Frau und ihr Bestreben, sich von der Rolle der Nur-Hausfrau zu befreien.