Nach langen Jahren des vergeblichen Wartens:

Amdahl verkauft ersten Vektorrechner

28.08.1987

HOUSTON (CWN) - Die Zitterpartie um den ersten Supercomputer-Kunden ist für die Amdahl Corp. jetzt ausgestanden. Nach knapp drei Jahren, seit der Hersteller mit Pauken und Trompeten seine Vektorrechner auf den Markt gebracht hatte, erklärte sich kürzlich ein US-Anwender zum Kauf eines der vier IBM-kompatiblen Modelle bereit.

Der erste US-amerikanische Kunde ist die Geco Geophysical Co., eine Tochtergesellschaft der norwegischen Geophysical Co. Getestet hatte das Unternehmen außer der Amdahl-Maschine noch eine Cray sowie eine IBM 3090. Die Cray habe zuwenig Hauptspeicher aufgewiesen, und die IBM-Maschine sei zu teuer gewesen, erklärte der für DV zuständige Vice President von Geco. Der Anwender will mit dem Anfang August installierten Numbercruncher (Modell 1100) seine Kunden bei der Suche nach Ölfeldern unterstützen.

Eine bessere Hand bewies die deutsche Amdahl-Tochter beim Kundenfang: Bisher sind insgesamt fünf Vektorrechner in Europa verkauft und installiert worden. Dies veranlaßte die US-Mutter, die europäische Verkaufsstrategie nachzuahmen. Die zähe Absatzentwicklung im heimischen Markt führt der Hersteller auf fundamentale Unterschiede zwischen dem US-amerikanischen und dem europäischen Supercomputer-Markt zurück.

Die US-Vektorrechner-Arena habe sich als eine äußerst harte Nuß erwiesen, die von Cray beherrscht wird, erklärte Wayne McIntyre, zuständig für den Bereich Wissenschaftliche Systeme bei Amdahl. In Europa sei die Loyalität gegenüber einem dominierenden Anbieter schwächer.

Ein weiterer Grund, weshalb die Supercomputer-Familie bislang kaum Erfolg hatte, ist auf schlechtes Marketing zurückzuführen, was Amdahl auch selbst zugibt. Es habe eine Weile gedauert, bis die Zielgruppe eindeutig definiert war, so McIntyre. Hierzu zählen die auf dem Ölsektor und in der Seismik tätigen Service Gesellschaften. Durch den Preisverfall von Erdöl ist diese Industrie allerdings in finanzielle Schwierigkeiten geraten, was sich negativ auf die Investitionstätigkeit für Forschung und Entwicklung auswirkte.