Tablet

Amazon Fire HDX 8.9 im Test

28.03.2015
Von 
Thomas Rau ist stellvertretender Chefredakteur PC-WELT Print bei IT-Media. 
Apple, Android - und Amazon? Das Fire HDX 8.9 will das Tablet-Duell zum Dreikampf erweitern - und sich nicht mit dem dritten Platz zufrieden geben.

Nicht zu klein, nicht zu groß: Amazon setzt beim Fire HDX 8.9 wie HTC beim Nexus 9 auf eine Bildschirmdiagonale von 8,9 Zoll. Damit soll das Tablet klein genug für unterwegs sein, der Bildschirm aber trotzdem ausreichend groß, damit Filme und Fotos eindrucksvoll wirken. Die Preise für das Fire HDX 8.9 beginnen bei 379 Euro für das getestete 16-GB-Modell mit WLAN. Damit ist das Amazon-Tablet kein Schnäppchen - das iPad Mini 3 und das Galaxy Tab S 8.4 sind etwas günstiger, das HTC Nexus 9 etwas teurer.

Im Amazon-Karussell: Trotz Android-Unterbau erinnert beim HDX 8.9 kaum etwas ans Google-Betriebssystem
Im Amazon-Karussell: Trotz Android-Unterbau erinnert beim HDX 8.9 kaum etwas ans Google-Betriebssystem

Das Tablet mit Sangria

Wie immer bei Amazon-Tablets läuft auf der inzwischen vierten Generation des Fire HDX 8.9 das eigene Betriebssystem Fire OS (Codename Sangria): Es basiert auf Android 4.4.2, was aber nur zu erahnen ist. Amazon verwendet eine eigene Oberfläche und setzt auf einen eigenen App-Shop - Apps aus dem Google Play Store können Sie nicht verwenden.

Design und Verarbeitung sind nicht perfekt beim Amazon-Tablet, im Gegensatz zu den günstigeren Fire-Geräten aber sehr hochwertig: Das HDX 8.9 knarzt bei etwas größerem Druck etwas, oben rechts sind Spaltmaße zwischen Gehäuserahmen und Bildschirm zu sehen. Das sehr schmale Gehäuse, das zwischen 7,5 und 7,8 Millimeter hoch ist, liegt angenehm leicht und griffig in der Hand. Auf der Rückseite und an der Seitenleiste ist es mit einer Soft-Touch-Oberfläche überzogen. Auf der sammeln sich aber bald zahlreiche Fingerabdrücke, ebenso wie auf der glanzlackierten Leiste oben auf der Rückseite, wodurch das Fire-Tablet unansehnlich abgegriffen aussieht. Einschaltknopf und Lautstärketasten liegen auf der Rückseite - dadurch sind sie einerseits einfach zu erreichen, andererseits berührt man sie öfter unabsichtlich, wenn man das Tablet im Querformat hält.

Schnell im Karussell

Das Fire-Tablet bedienen Sie mit der Amazon-typischen Karussell-Oberfläche: Dort tauchen alle geöffneten Apps und Dateien auf. Nach einer Weile wird es unübersichtlich, weil Sie lang durch das Karussell kreiseln müssen, bis Sie den gewünschten Inhalt gefunden haben. Immerhin ist dieser Effekt flüssig animiert. Auf der Startseite sehen Sie unten eine Shortcut-Leiste mit Apps, oben ein Navigations-Menü für Tablet-Inhalte. Ein Wischer von oben öffnet eine Statusleiste, im Browser sehen Sie ein Menü mit Browser-Verlauf und Lesezeichen, wenn Sie von links hereinwischen. Das alles lässt sich absolut flüssig bedienen. Ebenso flott reagiert das Tablet beim Browsen oder beim Drehen des Bildinhaltes. In Amazons Silk-Browser ist übrigens Bing als Suchmaschine voreingestellt, das Kartenmaterial kommt von Nokia.

Video-Streaming macht dem Amazon-Tablet keine Probleme - das 11ac-WLAN mit 2x2-Konfiguration arbeitet rasend schnell, im Test mit knapp 122 Mbit/s: Da ist nur das iPad Air 2 ein bisschen flotter. Für Tempo sorgt dabei der Quadcore-Prozessor Snapdragon 805 von Qualcomm, der mit bis zu 2,46 GHz taktet. Am iPad Air 2 oder dem Nexus 9 kommt das Fire HDX 8.9 in den Benchmarks zwar nicht vorbei, positioniert sich aber gleich dahinter als leistungsstarkes Tablet, das auch für effektstarke Spiele ausreicht - sofern Sie die im Amazon-App-Shop bekommen. Denn bei Asphalt 8 beispielsweise verweigert das Gerät den Download - die App sei nicht kompatibel. Abgesehen davon ist das Angebot recht umfassend, nur wenige wichtige Apps wie beispielsweise Dropbox vermisst man. Und natürlich bekommen Sie auch keine Google-Apps im Amazon-Shop.

Hilfe von Amazon: Per Mayday können Sie sich mit einem Support-Mitarbeiter per Videochat verbinden lassen
Hilfe von Amazon: Per Mayday können Sie sich mit einem Support-Mitarbeiter per Videochat verbinden lassen

Mayday und Firefly: Betreutes Kaufen

Von anderen Tablets will sich das Fire HDX ohnehin mehr durch spezielle Funktionen abheben als durch eine umfangreiche App-Auswahl. Zum Beispiel können Sie per Mayday direkte Hilfe vom Amazon-Support anfordern: Ein Mitarbeiter verbindet sich dann per Video-Chat mit Ihnen und kann gegebenenfalls auf das Tablet zugreifen, um das Problem zu lösen. Im Test funktioniert die Bildverbindung nicht - trotzdem haben wir eine Minute später einen Hotline-Mitarbeiter am Telefon, um die Frage zu klären.

Ebenfalls nur Amazon bietet eine Funktion wie Firefly. Auf dem HDX 8.9 ist sie erst nach einem Update auf Fire-OS-Version 4.5.1 zu finden. Über seine Kamera soll das Tablet damit Produkte, Mailadressen und Telefonnummern erkennen, die Sie sofort weiterverarbeiten können. Die wichtigste Funktion ist die Produkterkennung - theoretisch wird so die ganze Welt zur Amazon-Webseite. Denn wenn das HDX 8.9 ein Produkt per Firefly erkennt, bietet es Ihnen sofort an, es bei Amazon zu erwerben. In der Praxis funktioniert das nicht ganz reibungslos: Produkte erkannt das Tablet meist erst, wenn Sie den Barcode aufnehmen. Sie oder die Verpackung zu fotografieren, führt dagegen nur selten zum Ziel. Besser arbeitet Firefly bei Filmen und Liedern und identifiziert im Test die meisten Kandidaten durch Zuhören.

Als Familien-Tablet eignet sich das Amazon Fire HDX 8.9 besser als iPad- und Android-Geräte. Sie können für verschiedene Nutzer Profile einrichten. Bei den Haushaltsprofilen unterscheidet das Gerät zwei Erwachsene und bis zu vier Kinder. Die Erwachsenen müssen sich durch ein Amazon-Konto legitimieren, bei den Kindern ist keines notwendig. Im Kinderprofil lässt sich die Nutzungsdauer begrenzen, die Kamera de-aktivieren und nur ausgewählte Inhalte des Tablets freigeben. Mit dem Amazon-Login verbundene Profile lassen sich auch auf ein neues Tablet übertragen. Mit der Funktion FreeTime rufen Sie ein eingerichtetes Kinderprofil auf.

Wenn Sie das Tablet in kleinere Hände geben, können Sie auch vorher die Kindersicherung anschalten. Hier legen Sie beim Einrichten fest, ob Apps wie Browser, Mail oder Kamera gesperrt sind. Das Einkaufen bei Amazon oder die Video-Wiedergabe lässt sich über eine Passwort-Eingabe verhindern. Auch Bücher, Musik, Videos, Dokumente, Apps und Fotos lassen sich sperren.

Firefly weiß nicht alles: Selbst eigene Produkte kennt die Fire-Funktion manchmal nicht
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Schauen Sie mal da hin! Top-Display im Fire HDX 8.9

Ein absolutes Highlight ist das Display des Fire HDX 8.9: Es zeigt 2560 x 1600 Bildpunkte, was eine Punktedichte von 339 ppi bedeutet und in der Praxis für gestochen scharfe Schrift und detailreiche Bilder sorgt. Dazu kommen eine sehr hohe Helligkeit und ein sehr guter Kontrast. Farben stellt das Amazon-Tablet sehr satt dar, was manchmal übertrieben knackig wirkt. Der horizontale Einblickwinkel ist extrem weit, bei sehr vertikaler Draufsicht geht der Bildkontrast etwas in die Knie. Aber die Bildqualität kann sich problemlos mit Premium-Tablets von Samsung und Apple messen.

Das gleiche gilt bei der Akkulaufzeit: Über zehn Stunden hält es bei der Video-Wiedergabe durch - nur das Galaxy Tab S 8.4 hält dank des AMOLED-Displays länger durch, das iPad Mini 3 hat weniger Ausdauer. Beim WLAN-Surfen hängt Amazon mit knapp neun Stunden Laufzeit die Konkurrenz von Apple knapp, die von Samsung deutlich ab. Dafür ist das kleinere Mini 3 leichter als das Fire HDX 8.9, das wiederum aber deutlich weniger wiegt als das gleich große Nexus 9.

Stellen Sie sich die Speicherfrage

Amazon bietet das Fire HDX 8.9 als WLAN- oder LTE-Modell an. Mit WLAN gibt es Varianten mit 16, 32 oder 64 GB internem Speicher, mit LTE nur 32 oder 64 GB. Über die passende Speicherausstattung sollten Sie sich vor dem Kauf Gedanken machen, denn das Fire HDX lässt sich nicht per Micro-SD-Karte erweitern. Sie laden das Tablet über das mitgelieferte Netzteil, das per USB-Kabel an der Micro-USB-Buchse des Tablets angeschlossen wird. Der USB-Port versteht Slimport, mit einem passenden Adapter können Sie das Tablet darüber mit einem Fernseher oder Monitor verbinden. Schließen Sie per OTG-Kabel einen USB-Stick mit FAT32 an, erkennt ihn das Tablet, eine NTFS-Festplatte aber nicht.

Die Foto-Kamera auf der Rückseite arbeitet mit 8 MP und einem LED-Blitz. Sie macht Bilder mit schönen, kräftigen Farben und zeigt kaum Rauschen. Bei der Front-Kamera geraten Bilder unter schlechteren Lichtverhältnissen arg blaustichig, bei gutem Licht arbeitet aber auch sie recht farbsicher. Die Stereo-Lautsprecher sitzen hinten oben. Liegt das Tablet bei der Wiedergabe auf dem Tisch strahlen sich nach unten ab und entwickeln so ordentlichen Wumms. Halten Sie das Tablet in der Hand, klingen sie etwas dünn.

Amazon Fire HDX 8.9 im Test: Fazit

Amazon macht beim Fire HDX 8.9 einiges anders als Apple oder Samsung - aber kaum etwas schlechter. Das Tablet gehört bei Bildschirmqualität, Akkulaufzeit und Geschwindigkeit zu den Spitzenreitern und muss den Vergleich mit dem iPad Mini 3, dem Nexus 9 oder dem Galaxy Tab S nicht scheuen.

Foto: Amazon

Dass sich Nutzerprofile bequem einrichten und mit Mayday unkompliziert Hilfe holen lässt, ist weniger kaufentscheidend, aber trotzdem ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz.

Natürlich begeben Sie sich mit dem Fire HDX 8.9 auf die Amazon-Insel: Sie ist nicht so schön wie die von Apple und viel kleiner als die von Google. Und deutlich als die Konkurrenz ist das Tablet mit Funktionen wie Firefly darauf getrimmt, dass Sie von Amazon nicht nur die Hardware kaufen, sondern danach auch alles andere.

Testergebnis (Noten)

Amazon Fire HDX 8.9

Testnote

gut (2,17)

Preis-Leistung

preiswert

Bedienung und Geschwindigkeit(30 %)

2,12

Mobilität (25 %)

1,80

Bildschirm (22 %)

1,62

Ausstattung (20 %)

3,18

Service (3 %)

2,92

Bedienung und Geschwindigkeit

Amazon Fire HDX 8.9 (Note: 2,12)

Bildschirm / Bildschirm-Tastatur / Mehrfinger-Gesten / Bildschirm-Technik

sehr angenehm / angenehm / ja / kapazitiv

Spracheingabe

nein

abspielbare Video- / Audio- / Fotoformate

3GP, ASF, AVI, MKV, MP4 / AAC, FLAC, MP3, OGG, WAV / BMP, GIF, JPG, PNG

Browser: Geschwindigkeit (Sunspider) / 3D Mark (Ice Storm Unlimited) / Gfx Bench (T.Rex) / mittlere Ladezeit für Webseiten

747.0 Millisekunden / 19.330 Punkte / 24 Bilder pro Sekunde / 5,39 Sekunden

WLAN-Geschwindigkeit

121,8 MBit/s

Startzeit: aus ausgeschaltetem Zustand / aus Bereitschafts-Modus

37 / 1 Sekunden

Mobilität

Amazon Fire HDX 8.9 (Note: 1,80)

Akkulaufzeit: Internetzugriff per WLAN / Video abspielen

8:50 Stunden / 10:18 Stunden

Gewicht (mit Akku) / Gewicht Netzteil

372 / 77 Gramm

Bildschirm

Amazon Fire HDX 8.9 (Note: 1,62)

Diagonale / Auflösung / Punktedichte

8,9 Zoll (22,6 Zentimeter) / 2560 x 1600 Bildpunkte / 339 ppi

Helligkeit / Kontrast / Entspiegelung

453 cd/m² / 1323:1 / gering

Ausstattung

Amazon Fire HDX 8.9 (Note: 3,18)

Prozessor

Qualcomm Snapdragon 805 (2,46 GHz, Quad-Core)

Arbeitsspeicher

2 GB

Maße (L x B x H)

23,1 x 15,76 x 0,75 Zentimeter

Betriebssystem

Fire OS 4.5.1

eingebauter Speicherplatz (Art) / davon frei

16 GB (Flash) / 10 GB

Wireless-LAN / Bluetooth / UMTS / GPS

11ac / 4.0 / nicht vorhanden / ja

Anschlüsse

1x Micro-USB 2.0 (Slimport)

Kartenleser (Formate)

nein (-)

Einschub für SIM-Karte

nein

Kamera

ja (3200 x 2400 Pixel)

Internetkamera

ja (1024 x 768 Pixel)

Audioausgang

1

Mikrofon

ja

Lichtsensor

ja

Lieferumfang

Netzteil, USB-Kabel

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der PC-Welt. (mhr)