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Buchtips für 10 000 Dollar?

Amazon.com im Kreuzfeuer der Kritik

09.02.1999
Von Michael Hufelschulte
Buchtips für 10 000 Dollar?

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - E-Commerce-Liebling Amazon.com sieht sich in den USA plötzlich massiver Kritik ausgesetzt. Verschiedene Medien, allen voran die renommierte "New York Times", hatten berichtet, der Online-Buchhändler lasse sich Empfehlungen und Plazierungen von Hinweisen auf bestimmte Bücher an prominenter Stelle vom jeweiligen Verlag mit bis zu 10 000 Dollar bezahlen. Amazon-Sprecher Bill Curry wies solche Vorwürfe allerdings weit von sich: "Grundsätzlich empfehlen wir die Bücher, von denen wir meinen, daß sie es wert sind. Unsere Redakteure können jederzeit gesponsorte Bücher ablehnen - und tun das auch tagtäglich." Curry räumte damit aber zugleich indirekt ein, daß sein Arbeitgeber das sogenannte "Cooperative Advertising" praktiziert.

Die Reaktionen auf die Presseberichte waren in der USA sehr unterschiedlich. Total empört äußerte sich Richard Howorth, Präsident der amerikanischen Buchhändlervereinigung: "Ethisch betrachtet ist das eine ziemlich miese Art, Bücher zu verkaufen." Howorth fürchtet vor allem, daß Leseratten bald aufgrund zu starker Konzentration seitens der Händler und Verlage immer weniger Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen könnten. Ein anonymer Verlags-Manager sieht die Sache nüchterner: "Ich glaube kaum, daß irgend jemand besonders überrascht oder aufgeregt über diese Zahlungen ist." Die Konkurrenz von Barnesandnoble.com, an der Bertelsmann beteiligt ist, fühlte sich jedenfalls gleich verpflichtet, auf ihre absolute Unabhängigkeit zu verweisen: "Unsere redaktionellen Inhalte sind nicht käuflich", so Firmensprecher Ben Boyd. "Wir würden niemals einen

Platz in unserem Empfehlungsbereich verkaufen." Amazon.com bietet im Gegenzug jedem Kunden an, der sich von einer Empfehlung übertölpelt fühlt, das betreffende Buch gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen.