Gast-Kommentar

Amazon.com? E-nough!

28.01.2000
Eitel Dignatz, Dignatz Consulting, München

Eine Y2K-Katastrophe der besonderen Art droht nunmehr E-Commerce-Betreibern, wenn es nach dem Willen des Amazon.com-Begründers Jeff Bezos geht. Der hatte nämlich unlängst unter dem Namen "1-Click" ein Patent angemeldet, das vom Prinzip her nichts anderes beinhaltet als den altbekannten Browser-Cookie-Mechanismus.

Wenig zimperlich geht Bezos indes mit der Konkurrenz um, denn der Internet-Buchhändler aus Seattle klagt derzeit gegen Barnes & Nobles wegen einer angeblichen Verletzung ebendieses Patents. Dass Bezos trotz alledem von "Time" zum Jahresausklang zum "Man of the Year" gekürt wurde, ist an Zynismus nur noch schwer zu überbieten.

Was Barnes & Nobles widerfuhr, könnte in Windeseile schließlich jeden E-Commerce-Betreiber treffen, der diese oder andere altbekannte Techniken nutzt, und zwar nicht nur in den USA, sondern rund um den Globus. So war es denn auch kaum verwunderlich, dass eine Welle von Protesten durch das Internet schwappte. Richard Stallman, MIT-Ikone und President der Free Software Foundation, rief höchstpersönlich zum Amazon-Boykott auf, und eine flugs gegründete Website namens www.noamazon.com macht sich für Alternativen zur Bezos-Company stark - mit rekordverdächtigen Besucherzahlen.

Die gute Laune wird ein solcher Boykott wohl hauptsächlich den Aktionären verderben, denn der Amazon-Umsatz wuchs ohnehin schwächer als erwartet - gleichzeitig dürfte der Verlust von 61,7 auf rund 140 Millionen Dollar steigen. Und eisiger Wind aus Richtung AOL/Time Warner gilt als garantiert.

Dass Amazon in diesen Zeiten einen Boykott am allerwenigsten gebrauchen kann, wird eines Tages auch Herrn Bezos aufgehen. Ob Porsche wohl demnächst das Gaspedal patentieren lässt?