Am Arbeitsplatz: Um Kopf und Kragen gesurft

26.07.2007
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

1. Privates Surfen ist verboten

Untersagt der Arbeitgeber das private Surfen am Arbeitsplatz, ist die Lage relativ klar: Wer gegen das Verbot verstößt, riskiert Sanktionen. Bei Bagatellen beziehungsweise begründeten Notfällen hat der Arbeitnehmer immerhin noch die Chance, ungeschoren davonzukommen. In allen anderen Fällen droht (bei einem guten Betriebsklima) ein persönlicher Termin mit dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung, bei einem schlechten Betriebsklima ist mindestens mit einer Abmahnung zu rechnen. Sollte der Missetäter Web-Seiten mit Sex, Kinderpornos oder anderen strafrechtlich relevanten Inhalten angesteuert haben, kann der Arbeitgeber gegebenenfalls bereits im ersten Schritt mit einer fristlosen Kündigung durchkommen.

Dabei ist jedoch ein Punkt zu beachten: Der Arbeitgeber darf die Web-Nutzung seiner Mitarbeiter nicht rund um die Uhr kontrollieren. Nach Angaben von Datenschützern muss eine "automatisierte Vollkontrolle" als ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten unterbleiben. Kontrollen seien nur stichprobenweise und bei konkretem Missbrauchsverdacht zulässig. "Der Arbeitgeber darf nicht in privaten E-Mails 'herumschnüffeln', aber er darf Kenntnis davon nehmen, ob privat kommuniziert worden ist", beschreibt der Münchner Anwalt Hans-Christoph Schimmelpfennig von der Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz die vorherrschende Situation. Wurde das Internet privat trotz des Verbotes genutzt, könne das Unternehmen entsprechend reagieren, etwa mit einer Abmahnung oder einer Kündigung.

Gewissensfrage im Büro: Darf ich, oder darf ich nicht?
Gewissensfrage im Büro: Darf ich, oder darf ich nicht?

Allen Firmen wird generell empfohlen, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung abzuschließen oder in einer Betriebsordnung die technischen und organisatorischen Fragen der Protokollierung und Auswertung eindeutig zu regeln. Soweit die Nutzung von E-Mail und Internet zu "Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherung des ordnungsgemäßen Betriebes der Verfahren" protokolliert wird, wie es bei Datenschützern heißt, dürfen diese Daten nur für diese Zwecke genutzt werden. Eine Verwertung zur Verhaltens- und Leistungskontrolle der Beschäftigten ist unzulässig. Rechtsanwalt Schimmelpfennig fordert Unternehmen darüber hinaus dazu auf, "die wesentlichen Kontrollmechanismen den Arbeitnehmern gegenüber offen zu legen". Auch dienstlich gerechtfertigte Überwachungen sollten so transparent wir möglich gestaltet sein, damit dem Arbeitgeber im Streitfall kein Strick aus den Maßnahmen gedreht werden könne.

Doch auch bei einem Verbot der privaten Nutzung des Internets gibt es Ausnahmen von der Regel: Kurzes Surfen rechtfertigt keine Kündigung, entschied das Mainzer Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz im März 2006. So sei eine Kündigung sozial nicht gerechtfertigt, wenn der dienstlich zur Verfügung gestellte Internetzugang nur kurzfristig und nur für unverfängliche Zwecke genutzt wurde, heißt es in dem Urteil (Az.: 4 Sa 958/05). Eine Stunde pro Monat galt hier als "kurzfristig". Dabei war die betroffene Mitarbeiterin zuvor wegen des privaten Surfens vom Arbeitgeber sogar erfolgreich abgemahnt worden.

Ein weiterer Sonderfall: Auf der Grundlage eines Verbotes der privaten Nutzung von Internet und Email ist die "dienstlich motivierte" Privatnutzung regelmäßig zulässig, berichtet der Branchenverband Bitkom. Dienstlich motivierte Privatnutzung liege dann vor, "wenn die Notwendigkeit der Kommunikation aus Umständen resultiert, die in der Sphäre des Arbeitgebers begründet sind und deren Gestattung sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ableitet". Dies gilt beispielsweise, wenn ein privater Termin aus geschäftlichen Gründen nicht eingehalten werden kann und deshalb der Betroffene informiert werden soll. Ebenfalls als zulässig anzusehen ist der private Austausch am Arbeitsplatz in begrenztem Umfang, wie etwa die Verabredung zum Mittagessen. In beiden Fällen bleibe das Verbot der privaten Nutzung uneingeschränkt bestehen.

Fazit: Wenn privates Surfen verboten ist, spielt ein Arbeitnehmer mit dem Feuer, falls er gegen die Vorgabe verstößt. Auf harte Sanktionen muss man sich in diesem Fall immer einstellen.