Gesetz mit Nebenwirkungen

Altersteilzeit fördert Personalabbau

04.05.2009
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Die falschen Signale sendet die Altersteilzeit aus: Statt älteren Beschäftigten einen sanften Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen hilft das Gesetz, Personal abzubauen und zu verjüngen. Darum fordern Arbeitsmarktforscher, die Altersteilzeit nicht über 2009 hinaus zu verlängern.

Mit diesem Jahr läuft die Förderung der Altersteilzeit aus. Wenn es nach dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht, sollte die Förderung auch nicht verlängert werden. Laut einer Studie des IAB, das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, hält die Altersteilzeit-Regelung von 1996 nicht, was sie verspricht. Nur jeder zehnte Altersteilzeitbeschäftigte arbeitet in Teilzeit weiter und reduziert über den gesamten Zeitraum seine Arbeitszeit auf 50 Prozent. Die Mehrheit entscheidet sich für das so genannte Blockmodell: Dabei arbeiten die Betroffenen in der ersten Hälfte des Zeitraums wie bisher weiter, aber zu geringeren Bezügen. In der zweiten Hälfte werden sie freigestellt und scheiden früher aus dem Berufsleben aus.

Dadurch verfehlt das Gesetz sein ursprüngliches Ziel, so die IAB-Arbeitsmarktforscherin Susanne Wanger: "Nicht der vorzeitige Ausstieg aus dem Erwerbsleben, sondern der lange Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit sollte gefördert werden." Dazu kommt, dass die meisten Unternehmen die Altersteilzeit nutzen, um Personal abzubauen. So verzichteten zwei Drittel der Firmen auf die staatliche Zuschüsse, um den Arbeitsplatz des älteren Mitarbeiters mit einem Arbeitslosen zu besetzen oder einen Auszubildenden zu übernehmen. Denjenigen Betrieben, die die Förderung in Anspruch nahmen, zahlte die Bundesagentur für Arbeit seit 1996 insgesamt mehr als 8,5 Milliarden Euro.

Altersteilzeit vor allem in Behörden und Großunternehmen

Ende 2007 befanden sich 540.000 Beschäftigte zwischen 55 und 64 Jahre in Altersteilzeit. Vor allem in Großbetrieben mit ausgeprägter Tarifbindung wie im verarbeitenden Gewerbe und der öffentlichen Verwaltung ist die Altersteilzeit verbreitet. Allein auf die Betriebe mit mehr als 1.000 Beschäftigten entfällt ein Drittel der Altersteilzeitbeschäftigten. In Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern finden sich dagegen nur knapp 15 Prozent aller Personen in Altersteilzeit, obwohl dort fast 40 Prozent aller älteren Arbeitnehmer beschäftigt sind. Auch die ursprünglich angepeilte Zielgruppe, Beschäftigte mit hohen körperlichen Belastungen, erreicht das Gesetz nicht. Diese könnten sich die Altersteilzeit schlichtweg nicht leisten, so Arbeitsmarktforscherin Wanger.