Allianz spürt dem Befinden der Kunden nach

19.02.2003
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Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Hjalmar Heinen verantwortet bei der Allianz Versicherungs AG, München, das Thema Systemanalyse. Sein offizieller Titel lautet Fachbereichsleiter Zentrale Aufgaben Privatkunden. Als solcher ist er nicht direkt in der Informationstechnik angesiedelt, sondern sieht sich selbst als Mittler zwischen IT und Fachabteilungen. Bevor Heinen zur Allianz wechselte, zeichnete er unter anderem für den Aufbau des Controllings in der Bayerischen Vereinsbank verantwortlich. Eine weitere Station seiner Karriere war die Boston Consulting Group, wo er als Consultant tätig war. Das Studium der Betriebswirtschaft absolvierte er an der Universität München und an der Univesity of Illinois at Urbana-Champaign, um anschließend an der Universität Zürich zu promovieren.

Etwa zeitgleich hatten die Infrastrukturexperten einen Prototypen für eine Business-Intelligence-Umgebung erstellt. Und diese Struktur erwies sich „zu unserem Glück“, so Heinen, von Anfang an als tragbar. Damit war der Weg frei für die operative Umsetzung und den Breiteneinsatz im Vertrieb. Im Jahr darauf erhielten die Agenturen an der Verkaufsfront erste Listen abwanderungsbereiter Kunden.

Ebenfalls 1998 begann der Sachversicherer damit, das Datenmaterial der vergangenen beiden Jahre in einem Data Warehouse zu konsolidieren, das auf zwei Unix-Servern mit Datenbanksoftware von Oracle basiert. Eigentlich hatte das Thema Data Warehouse überhaupt nicht auf der Agenda gestanden. „Wir begannen mit einer konkreten Fragestellung“, bestätigt Heinen, „nicht mit der Vorgabe, ein all-umfassendes Warehouse zu bauen.“ Den Begriff brachte der Anbieter SAS ins Haus - und siehe da: Die zugehörige Technik war bereits installiert. In der Folge mauserte sie sich sukzessive zu einer veritablen Business-Intelligence-Plattform.

Um Medienbrüche zu verhindern, waren Schnittstellen zwischen dieser Umgebung und den von den Agenturen genutzten Vertriebssystemen zu erstellen. Auf der anderen Seite sollten die Daten aus den operativen Systemen direkt und automatisch in die Bestandssicherungs-Plattform übernommen („propagiert“) werden. Diese Integrationsarbeiten mündeten in einer „Staging Area“ zwischen Mainframe und SAS-Werkzeugen; sie wurden im Lauf des Jahres 1999 abgeschlossen.

Inzwischen war auch die Allianz Leben auf die Lösung aufmerksam geworden. Die Schwestergesellschaft übernahm das Bestandssicherungs-System für ihre eigenen Zwecke und beteiligte sich an der Weiterentwicklung. Diesmal hieß das Ziel Bestandsausschöpfung, im IT-Jargon Database Marketing genannt, im Klartext: Ausloten zusätzlicher Vertriebsmöglichkeiten bei bestehenden Kunden. Der Weg dorthin war durch das Bestandssicherungssystem bereits vorgezeichnet.

So stand der Allianz Gruppe Ende 2000 ein unternehmensübergreifendes Data Warehouse mit einem erfolgreich eingeführten Bestandssicherungs- und -ausschöpfungsprogramm zur Verfügung. Es schließt den Kreislauf von den Stammdaten über die Analyse, den Vertrieb und das Kundenverhalten zurück in den Kundenbestand. Auf diese Weise lassen sich Verkaufsaktivitäten in den beiden Konzernteilen beeinflussen. Die eigentlichen Entwicklungsarbeiten sind abgeschlossen. Wie Heinen beteuert, befindet sich das System im „eingeschwungenen“ Zustand. Jetzt gelte es jedoch, mindestens einmal im Jahr zu prüfen, „ob unsere Instrumente noch scharf sind“, sprich: ob die gewählten Merkmale nach wie vor die Realität widerspiegeln.