Gebrauchtsoftware

Alles, was Recht ist

09.03.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

3. Dürfen Volumenverträge aufgespalten werden?

Ebenfalls unter Berufung auf das Urteil der Münchner Richter pocht Microsoft auf sein Recht, in den Verträgen Regeln zur Weiterveräußerung seiner Software festzulegen. Die Entscheidung bestätige die eigene Rechtsauffassung, wonach der An- und Verkauf von Vervielfältigungsrechten aus Volumenlizenzverträgen ohne Zustimmung unwirksam und urheberrechtswidrig sei, heißt es in einer Mitteilung. Gestattet sei eine Übertragung beispielsweise im Fall von Firmenverkäufen. Alle anderen Fälle, in denen Lizenzen auf Dritte übertragen werden sollen, müssten geprüft werden.

Für die Übertragung von Softwarelizenzen gibt es bei Microsoft derzeit ein standardisiertes Verfahren. Zustimmen muss dabei die Europazentrale in Irland. Aktuell verfolgt der Softwareriese die Richtlinie, dass Volumenverträge nur im Ganzen übertragen werden dürfen. Eine Aufspaltung der Lizenzpakete ist aus Sicht der Microsoft-Verantwortlichen nicht erlaubt.

Aus Sicht der Lizenzhändler handelt es sich dabei um eine unzulässige Einschränkung des Erschöpfungsgrundsatzes. Sie verweisen auf Urteile aus Hamburg und München. In Hamburg hatte 2006 ein Microsoft-Partner Usedsoft vorgeworfen, für Lizenzen aus Volumenverträgen zu werben. Dies sei irreführend. Allerdings schloss sich das Landgericht dieser Auffassung nicht an (Aktenzeichen 315 O 343/06). Vielmehr sei der Verkauf einzelner Microsoft-Lizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenverträgen abgegeben worden waren, auch ohne Zustimmung von Microsoft wirksam möglich. Eine entsprechende Werbung sei nicht irreführend. Das Landgericht München schloss sich dieser Argumentation an. Ein Unternehmen, das gebrauchte Lizenzen bei Usedsoft eingekauft hatte, klagte gegen Usedsoft. Die gelieferten Datenträger seien keine originalen gewesen. Offenbar habe der Händler Volumenlizenzen gesplittet. Als Folge verweigerte der Kunde die Zahlung. Zu Unrecht, urteilten die Richter (Aktenzeichen 30 O 8684/07). Mit der Übertragung der Software habe sich das Verbreitungsrecht Microsofts erschöpft. Das gelte für jedes einzeln eingeräumte Nutzungsrecht. Der Verkauf einzelner Lizenzen aus einem Volumenvertrag sei daher grundsätzlich möglich.

Thomas Hoeren, Juraprofessor an der Universität Münster, kann die Sorgen der Softwarehersteller wegen unkontrollierbarer Produkt-Keys nachvollziehen.
Thomas Hoeren, Juraprofessor an der Universität Münster, kann die Sorgen der Softwarehersteller wegen unkontrollierbarer Produkt-Keys nachvollziehen.

Die Aufspaltung von Volumenlizenzen werfe Probleme auf, wendet jedoch Rechtsexperte Hoeren ein. Es stelle sich die Frage, ob ein derartiges Volumenpaket als ein Produkt zu behandeln sei oder nicht. Hoeren kann die Sorgen der Softwarehersteller nachvollziehen, wenn Produkt-Keys, die ursprünglich für einen Kunden gedacht waren, plötzlich bei einer Vielzahl von Firmen im Einsatz sind: "Das ist nicht mehr kontrollierbar."

Diesen Einwand will Matthias Leistner, Professor an der Universität Bonn, nicht gelten lassen. Der Rechtsgelehrte hat für die Stadt Arnsberg die Rechtmäßigkeit von Gebrauchtsoftware untersucht. Dabei kam er zu dem Schluss, dass aus einem Volumenvertrag abgespaltene Lizenzpakete rechtlich nicht zu beanstanden seien. Außerdem bedürfe es dafür keiner Zustimmung des Herstellers.

Die Vergabekammer Düsseldorf hat am 23. Mai 2008 entschieden, dass Behörden verpflichtet seien, bei der Ausschreibung von Standardsoftware auch Anbieter von gebrauchten Lizenzen zuzulassen. Zuvor hatte Usedsoft eine Ausschreibung des Landesbetriebs für Datenverarbeitung und Statistik des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) angefochten. Dabei seien nur Large Account Reseller (LAR) von Microsoft berücksichtigt worden. Dieses Vorgehen verstoße jedoch gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, entschieden die Düsseldorfer Richter, und hoben das Vergabeverfahren auf.