Gebrauchtsoftware

Alles, was Recht ist

09.03.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Um die Frage, inwieweit der Handel mit gebrauchter Software zulässig ist, streiten Richter, Rechtsexperten, Hersteller und Händler.

Auch wenn der Handel mit gebrauchter Software schon seit Jahren wächst und gedeiht, steht der Markt noch lange nicht auf einer rechtlich sicheren Basis. Zwar müssen die Anbieter den einfachen Weiterverkauf einer Software-CD inklusive Verpackung, Echtheitszertifikat und Lizenzurkunde dulden. Spezialfälle wie online übertragene Lizenzen oder die Behandlung von Volumenpakten werden aber kontrovers diskutiert. Das sind die Fragen, um die am heftigsten gestritten wird:

1. Dürfen online übertragene Lizenzen weiterverkauft werden?

Am 3. Juli 2008 hat das Oberlandesgericht München der Klage Oracles gegen den Münchner Lizenzhändler Usedsoft abschließend stattgegeben (Aktenzeichen 6 U 2759/07). In dem Verfahren, das seit Anfang 2006 die Münchner Gerichte beschäftigte, ging es um die Frage, ob der Weiterverkauf von online übertragenen Nutzungsrechten für Oracle-Software rechtmäßig ist. Usedsoft hatte für die Nutzungsrechte geworben, die Interessenten jedoch dazu aufgefordert, sich die Software via Internet von den Oracle-Seiten herunterzuladen. Diese Praxis verstoße gegen das allein dem Hersteller zustehende Vervielfältigungsrecht, entschied das Landgericht München. Dieser Auffassung schloss sich die höhere Instanz an. Urheberrechtliche Nutzungsrechte sind besonders verletzungsanfällig und bedürfen daher eines besonderen Schutzes, heißt es in der Urteilsbegründung.

Der Bundesgerichtshof hat mit dem so genannten OEM-Urteil aus dem Jahr 2000 den Second-Hand-Händlern den Weg frei gemacht.
Der Bundesgerichtshof hat mit dem so genannten OEM-Urteil aus dem Jahr 2000 den Second-Hand-Händlern den Weg frei gemacht.
Foto: Bundesgerichtshof

Die Usedsoft-Verantwortlichen konterten dagegen mit dem Erschöpfungsgrundsatz und verwiesen auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen I ZR 244/97). Microsoft hatte versucht, den Handel von Software, die der Konzern an bestimmte Hardware koppeln wollte, zu unterbinden. In dem so genannten OEM-Urteil vom 6. Juli 2000 urteilten die Richter jedoch: "Ist die Programmversion durch den Hersteller oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gesetzt worden, ist die Weiterverbreitung aufgrund der eingetretenen Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts ungeachtet einer inhaltlichen Beschränkung des eingeräumten Nutzungsrechts frei." Dieser Erschöpfungsgrundsatz, wonach ein Hersteller die Weiterverbreitung seiner Produkte nach dem Verkauf nicht weiter reglementieren dürfe, könne auch nicht durch die Lizenzbestimmungen ausgehebelt werden.

Rückendeckung erhält der Lizenzhändler von Rechtsexperten. "Ich kämpfe mit aller Gewalt gegen die Linie des OLG München", stellt Thomas Hoeren, Juraprofessor an der Universität Münster, klar. Der Erschöpfungsgrundsatz gelte seiner Ansicht nach nicht nur für körperliche Kopien. Es könne nicht von Belang sein, ob ein Hersteller seinem Kunden die Software auf einer DVD übergebe oder online zum Download anbiete. Das mache im wirtschaftlichen Ergebnis keinen Unterschied. "Es ist absurd, dass wir darüber überhaupt streiten müssen."

Mehr zum Thema Gebrauchtsoftware lesen Sie hier: