Alles über Netweaver: Plattformen verändern IT und Business

03.04.2007
Von Lars Erdmann

Voraussetzungen schaffen

Bei vielen Unternehmen werden die Möglichkeiten der vorhandenen Plattformen, insbesondere bei Netweaver, aber noch gar nicht in vollem Umfang genutzt. Dies liegt oft daran, dass neben den technischen auch organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden müssen - und zwar gleichermaßen auf der Seite der Fachbereiche und der IT.

Plattformen stellen Funktionen unternehmensweit bereit (Shared Services), was die Entwicklung und Wartung vereinfacht. Auf Business-Seite ist eine Zentralisierung jedoch oft mit erheblichen Machtkämpfen verbunden. Wer übernimmt die Verantwortung für die Systeme zur Kundenverwaltung? Wer entscheidet über Release-Strategien bei BI-Applikationen? Für die IT ist es daher oft schwer, Entscheidungsträger zu finden, die eine Plattformstrategie unterstützen.

Die Entwicklung von wiederverwendbaren Services (Grundgedanke der SOA) führt auf Business-Seite zu neuen Verantwortlichkeiten. Es müssen beispielsweise zentrale Zuständigkeiten für die übergreifenden Services definiert werden, damit eine konsistente Verwendung und Weiterentwicklung stattfinden kann. Diese Zuständigkeiten können entweder einer existierenden Organisationseinheit zugeordnet sein oder müssen durch Gremien gemeinschaftlich verwaltet werden. Die Regelung dieser neuen Verantwortlichkeiten sollte beispielsweise bei der Einführung von Netweaver ebenfalls frühzeitig geplant werden.

Aber auch die IT-Organisation bleibt von den Auswirkungen einer Plattform als Basis für die Umsetzung einer SOA nicht verschont. Besonders im Bereich SAP sind die Auswirkungen auf die internen Competence Center dramatisch. Bisher waren die internen SAP Competence Center an den Modulen von SAP ausgerichtet. Experten für MM, SD etc. setzen die jeweiligen Anforderungen in ihren Bereichen um. Die Anforderungen des Business werden in Zukunft jedoch noch viel stärker prozessorientiert erfolgen. Dies bedingt Fachwissen über verschiedene Lösungsmodule und Netweaver-Komponenten. Hier müssen neue Produkt- beziehungsweise Service-Manager auf Seiten der IT ausgebildet werden, um die geschäftlichen Anforderungen in technische Spezifikationen zu übersetzen.

Das bisherige modulorientierte Serviceportfolio entspricht heute auch nicht mehr der SAP-Philosophie. Dies zeigt sich am deutlichsten in der neuen Preispolitik, bei der Lizenzen nach Prozessen bezahlt und Services aus unterschiedlichen Bereichen der SAP-Lösungen verwendet werden. Ein Logistikprozess beispielsweise enthält Dienste aus den SAP-Lösungen Supply-Chain-Management und ERP sowie den Netweaver-Komponenten "Enterprise Portal" und "BI". Die Implementierung eines solchen Prozesses sowie dessen Betrieb und Weiterentwicklung verlangen nach einem breiteren Wissen bei den IT-Mitarbeitern als bisher.

Erweiterungen des besagten Logistikprozesses können Anwender über Java oder .NET vornehmen. Das Problem dabei ist, dass die klassischen Java- oder .NET-Entwickler meist nur wenig über die SAP-Geschäftslogik wissen. Dies führt zu unnötigen Entwicklungen, schlechter Nutzung der bestehenden ERP-Funktionen und im Extremfall sogar zu Konflikten mit Standardprozessen der Software.

Vermeiden lässt sich dies nur durch eine Neuausrichtung der Mitarbeiterausbildung in der IT. Die Anwender müssen sowohl verschiedene SAP-Lösungen und deren Aufbau und Zusammenspiel kennen als auch Abap, Java und JEE beherrschen. (fn)