Alles beim alten

15.06.1990

Die beiden Bildungssysteme - das amerikanische und das deutsche - sind wohl nicht vergleichbare. Es gibt auch kaum Leute in der Bundesrepublik, die dafür eintreten, das US-System zu übernehmen. Noch immer haben hier Begriffe wie Leistung und Konkurrenz einen negativen Beigeschmack, und noch immer werden gleich die Messer gewetzt, sobald es um eine kritische Bestandsaufnahme geht.

Natürlich gibt es nachdenkliche Stimmen, die für Reformen plädieren, sich zum Beispiel mit einer Universitäts-Rangliste kritisch auseinandersetzen und auch alternative Konzepte ins Kalkül ziehen. Allerdings sind die bisherigen Versuche, etwa der Aufbau von privaten Universitäten, kläglich gescheitert.

Es bleibt aller Voraussicht nach alles beim alten: Die Studenten dürfen weiterhin die Massenuniversität besuchen, die allmächtigen C4-Professoren lassen nicht zu, daß an ihrer Macht gerüttelt wird - auch wenn ihnen das weniger hierarchisch strukturierte amerikanische Modell ganz gut gefällt - , und die Industrie kann weiterhin darüber klagen, wie schlecht hierzulande die Ausbildung sei.

Als Konsequenz fließen Forschungsgelder in die USA - Hoechst hat dafür ein Beispiel geliefert - oder es wird ein Vertrag mit der Universität Seattle abgeschlossen, siehe Siemens, damit die eigenen Führungskräfte die höheren Weihen des Managements erhaltet.

Deutsch Wissenschaftler müssen also aus ihrer Begeisterung für die Zustände an amerikanischen Universitäten viel Energie schöpfen, um die hiesigen Hochschulen zu Reformen zwingen zu können. hk