Geschlechter-Kooperation als Ausblick der Tagung "Frauen und Computer":

Alleingang in die DV-Welt wird zur Sackgasse

16.01.1987

HANNOVER (CW) - Frauen in technischen Berufen und am Computer auch im Büro sind keine Seltenheit mehr. Tatsache ist indes, daß die "Macher" in der DV-Welt immer noch hauptsächlich Männer sind. Formen der Zusammenarbeit über die Geschlechterrollen hinaus zu finden, gilt deshalb als vordringliche Aufgabe. Dies ist das Fazit der Tagung "Frauen und Computer" im November 1986 in Hannover (siehe CW Nr. 47, 1986, Seite 4).

"Was auf diesem Gebiet bisher überwiegend Männer entwickeln, diskutieren und in die Praxis umsetzen, hat weitreichende Folgen auch für die weibliche Hälfte der Menschheit. Deshalb müssen sich Frauen sachkundig machen, Informationen austauschen, um - soweit das sinnvoll und möglich ist - eigene Wege für ihren Einstieg und Umgang mit der Computertechnik zu finden."

So der Standpunkt der Veranstalterinnen der Tagung "Frauen und Computer", zu der im November rund 130 Teilnehmerinnen in Hannover zusammenkamen. Wissenschaftlerinnen, Praktikerinnen und Journalistinnen aus den USA, Großbritannien, Dänemark und der Bundesrepublik beschäftigten sich während der Veranstaltung zum einem mit dem sozialwissenschaftlichen Aspekten der Computerarbeit, zum anderen mit Fragen von Chancen sowie der Aus- und Weiterbildung von Frauen in dieser Sparte.

Beispiele konstruktiver Auseinandersetzungen von Frauen mit Computern wurden gezeigt, anhand des britischen Softwarehauses "F International", das zu rund 80 Prozent Frauen - zum größten Teil auf freiberuflicher Basis - beschäftigt, und der Berliner "Tech Writes", die sich mit der Erstellung verständlicher Handbücher sowie Computerkursen für Frauen befassen.

Was gerade in der kommerziellen DV-Szene oft unterschätzt oder übergangen wird, ist die Tatsache, daß viele Frauen und Mädchen in Ausbildung und Beruf massiven Schwierigkeiten gegenüberstehen und -gestellt werden, die ihre Ursache in gesellschaftlichen und bildungspolitischen Strukturen haben. Besonders die sozialwissenschaftlich orientierten Tagungsteilnehmerinnen wiesen in diesem Zusammenhang auch auf das Problem von Ausbeutung und Isolierung von heimarbeitenden "Computerfrauen" hin.

Technikangst der Frauen durch Mangel an Ausbildung

Zu den bemerkenswerten Diskussionsbeiträgen zählt die Feststellung, daß Computerkurse dann zu größeren Erfolgen für die Beteiligten führen, wenn Frauen beim Lernen "unter sich" bleiben. Eine Erkenntnis, die von zahlreichen Schulungserfahrenen auch in bezug auf rein männlich besuchte Kurse bestätigt wird. Frauen seien offenbar in der Lage, einen unbefangeren Zugang zu Naturwissenschaft und Technik zu finden, wenn das andere Geschlecht nicht dabei ist. Diese Beobachtung wurde von einer der anwesenden Soziologinnen im Rahmen einer Studienarbeit an der Universität Dortmund über Mädchenschulen gemacht.

Interessant ist auch die Beobachtung aus Spielhöllen und Kaufhausabteilungen: Dort spielen fast nur Jungen an den Automaten und Computern. Wie es scheint, setzt sich der Charakter dieses Zugangs zu Computern bei ersten beruflichen Kontakten mit Rechnern fort: Während Männer "computerorientiert" an den Bildschirm gehen, setzen sich Frauen zunächst mehr "Problem-orientiert" davor. Der eher spielerische Zugang der Männer, die "erst einmal alle Tasten ausprobieren, um zu sehen, was passiert", steht in krassem Gegensatz zum Verhalten vieler Frauen, vorsichtig an das Gerät zu gehen aus Angst, Fehler zu machen oder etwas zu zerstören.

Die tieferen Gründe für "die Probleme von Frauen mit Technik" aufzudecken, gelang im Rahmen der Veranstaltung ansatzweise. Als Erfolg wurden die zahlreichen Denkanstöße zu dem Problemkreis verbucht - von den Frauen, die in Computerjobs erfolgreich arbeiten, ebenso wie von jenen, die sich mit der Kehrseite der Medaille beschäftigen: der Ausbildung von Frauen und den damit verbundenen Ungleichheiten.

Um Frauen oder Frauengruppen zu unterstützen, die sich in hervorragender und engagierter Weise mit dem Thema "Frauen und Computer" befaßt und dabei konstruktive Impulse für andere Frauen gegeben haben, wurde bei der ersten Tagung dieser Art der "Ada-Lovelace-Preis" verliehen. Ada Gräfin Lovelace (1815 bis 1852) gilt als einzige Person ihrer Zeit, die intellektuell nachvollziehen konnte, was die Erfindung der Analytik-Maschine durch den Engländer Charles Babbage bedeutete. Mit ihren Arbeiten, die sie ihres Geschlechts wegen nicht unter ihrem Namen veröffentlichen durfte, nahm sie im weiteren Sinne vorweg, was wir heute als "Software" bezeichnen. Gleichzeitig wies sie auf die Grenzen des Computers hin, der immer Maschine bleiben müsse und dem Menschen zu dienen habe.

Als (zweifelhafte) Hommage an Ada Gräfin Lovelace kann die Benennung einer vielseitigen und inzwischen weitverbreiteten Computersprache nach ihr durch das US-Verteidigungsministerium verstanden werden: ADA, verwendet für militärische und technisch-wissenschaftliche Anwendungen.

Der mit 5000 Mark sowie einer Ada-Lovelace-Brosche im Wert von 3000 Mark dotierte und von Digital Equipment gestifteten Preis ging in diesem Jahr an den Berliner Frauenbund 1945 e.V., der sich durch umfangreiche Computerkurse für Frauen hervorgetan hat. Professor Christiane Floyd, Technische Universität Berlin, begrüßte die Initiative der Preisstiftung zwar, bezeichnete den Preis aber auch als "trojanisches Pferd, da er ein komparatives und nicht kooperatives Paradigma" darstelle. Ziel aller Arbeit bei der Aneignung der Computertechnik müsse sein, Formen der Zusammenarbeit von Frauen und Männern zu finden.