Tipps für Developer

Alexa Skills für Amazon Echo entwickeln

10.04.2017
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die Macher der smarten Einkaufsliste Bring! haben pünktlich zum freien Marktstart einen eigenen Alexa-Skill auf den Markt gebracht. Welche Erfahrungen sie bei der Entwicklung der Applikation für Amazon Echo gemacht haben, welche Herausforderungen es gab und was sie anderen Unternehmen raten, verrät die folgende Case Study.

Spätestens seit dem freien Verkaufsstart der Amazon-Geräte stellen sich viele die Frage: Echo oder nicht Echo? Unternehmen überlegen, ob sich der Aufwand einer Skill-Entwicklung überhaupt lohnt und wie eigentlich der Entwicklungsprozess einer passenden Lösung abläuft? Als einer der ersten Anbieter hat die smarte Einkaufsliste Bring! im Februar einen eigenen Skill auf den Markt gebracht. Im Erfahrungsbericht blicken die Macher von Bring! zurück und berichten, warum sie sich für die Entwicklung des Alexa Skills entschieden haben und wie zufrieden sie mit dem Ergebnis sowie dem Entwicklungsprozess sind. Unternehmen, die noch über ein Skill-Development nachdenken, gibt das Zürcher Startup Tipps, worauf beim Development zu achten ist.

Die Oberseite von Echo mit den Bedienknöpfen und den Mikrofonen sowie den LEDs.
Die Oberseite von Echo mit den Bedienknöpfen und den Mikrofonen sowie den LEDs.
Foto: Amazon

Zielsetzung: Hände frei

Ohne die Hände aus dem Nudelteig befreien zu müssen, kann der Echo-Nutzer das eben geleerte Mehl kinderleicht per Sprachbefehl auf die Einkaufsliste setzen und damit seinen Listenmitgliedern den aktuellen Bedarf anzeigen. So lautete das Ziel der Bring!-Macher, eine erste Shoppingliste in Amazons Skill Store zu positionieren. Nach drei Wochen Entwicklungsprozess mit zwei beteiligten Developern und vielen Zwiegesprächen zwischen ihnen und Alexa ist Bring! nun seit Mitte Februar auch über Amazon Echo nutzbar.

"Wir sind der Überzeugung, dass unser Alltag in Zukunft stark von Assistenten vereinfacht wird", sagt der Bring!-Geschäftsführer Marco Cerqui. Neben Smartwatches würden dabei auch Devices wie Echo eine wichtige Rolle spielen. Nachdem in den USA bereits in mehreren Millionen Haushalten ein Amazon Echo steht, erwarten die Verantwortlichen des Schweizer Startups auch in Europa eine ähnliche Entwicklung. "Aus unserer User-Community erhielten wir schon kurz nach der Einführung von Amazon Echo Anfragen, wann es Bring! für Alexa geben wird", erzählt Cerqui.

Umsetzung und Ergebnis: Der digitale Sprachkurs mit Alexa und Bring!

Nachdem die Entscheidung für den Alexa Skill gefallen war, führte der erste Schritt auf die Amazon Entwickler-Plattform. "Dort machten wir uns zunächst mit den technischen Vorgaben und organisatorischen Abläufen vertraut, deren Darstellung überschaubar war", resümiert Cerqui. Als Grundstein für die Entwicklung veranstaltete das Bring!-Team während eines Ausflugs nach Berlin einen Hackathon, um die Kreativität der beiden Developer Jürg Egli und Sandro Strebel anzukurbeln.

Die Entwicklung einer sprachgesteuerten App folgt ganz anderen Maßstäben als jenen einer grafischen App, resümieren die Bring!-Entwickler Sandro Strebel (li.) und Jürg Egli.
Die Entwicklung einer sprachgesteuerten App folgt ganz anderen Maßstäben als jenen einer grafischen App, resümieren die Bring!-Entwickler Sandro Strebel (li.) und Jürg Egli.
Foto: Bring! / Boris Baldinger

"Nachdem wir Alexa kennengelernt und einen ersten Prototyp entwickelt hatten, waren schon einige wichtige Insights zusammengekommen: Das Development einer sprachgesteuerten App folgt nämlich ganz anderen Maßstäben als jenen einer grafischen App, bei dem etwa Konzepte wie Coachmarks greifen", berichtet Strebel. Mit diesem Wissen ließ sich der zeitliche Aufwand abschätzen, sodass zwei Entwickler für den künftigen Alexa Skill eingeplant wurden.

Umdenken von Grafik zu Audio

Die größte Herausforderung im Zuge der Skill-Entwicklung war der Entwurf von möglichst natürlichen Dialogen mit Alexa für das Voice Interface. Dabei hieß es, umdenken von Grafik zu Audio, um dem User ein reibungsloses Planen bieten zu können. Schließlich kann der User bei einer grafischen Benutzeroberfläche zwischen verschiedenen sichtbaren Optionen wählen und sich so mit ihnen vertraut machen. Ganz anders bei einem Interface, das über Sprache gesteuert wird. Entwickler Egli sagt dazu: "Als Entwickler musste ich mir deshalb konkrete Szenarien ausdenken, was User fragen könnten, und was Alexa darauf antworten soll."

Um die Nutzer schrittweise an den Funktionsumfang zu gewöhnen und sich wiederholende Antworten zu vermeiden, lehrte Bring! Alexa verschiedene Versionen der Bestätigungen und Nachfragen. Der intensive Austausch mit der digitalen Sprachschülerin sorgte im Büro des Züricher Startups dabei für einige amüsante Situationen. "Aus 'Aprikosen im Glas' machte Alexa anfangs schon mal 'alkoholfrei Gras'", schmunzelt Egli rückblickend und ergänzt: "Aber in solchen Momenten wurde klar, auf Basis welcher Grammatik Alexa funktioniert, welche Vokabeln sie kennt und wie wir all dem gerecht werden können."

Alexa Skills USA
Alexa Skills USA
Foto: Crisp Research

Schrittweise umdenken mussten die Entwickler auch in den Fällen, wenn eine Interaktion nicht klappt oder sie etwa einen Listennamen nicht versteht. In solchen Situationen wurde der Skill so designt, dass Alexa gemeinsam mit dem User durch die bestehenden Listen geht und für jede fragt, ob sie als Standardliste gesetzt werden soll. Im Ergebnis ordnen die Bring!-Developer den Aufwand für die Skill-Entwicklung als deutlich geringer ein als für eine konventionelle App. Vom bestehenden Backend konnte bereits viel für den Skill genutzt werden. Dank effizienter Aufgabenteilung wurde die operative Arbeit nicht beeinträchtigt, sodass auch kein außerordentlicher Kostenaufwand anfiel.

Fazit und Tipps für die Alexa-Entwicklung

Die Entwicklung des Alexa Skills samt Umdenken und Audio-Design hat den Bring!-Developern viel Spaß gemacht, nicht zuletzt durch die unterhaltsamen Missverständnisse zwischen Lehrer und Schülerin. Sowohl mit dem eigentlichen Entwicklungsprozess als auch mit dem Ergebnis sind die Schweizer Jung-Unternehmer sehr zufrieden. Innerhalb weniger Tage erschienen bereits mehrere Dutzend Rezensionen im Skill Store: Die fast ausnahmslos positiven Reviews geben der Entscheidung für einen Bring!-Skill recht.

Anderen Unternehmen, die über die Entwicklung eines eigenen Skills nachdenken, rät Developer Egli: "Noch vor dem Klick aufs Alexa Skill Kit ist ein sinnvoller User Case unverzichtbar, denn nicht jede Dienstleistung eignet sich auch für eine Sprachsteuerung." Außerdem gelte es für die Entwickler, sich möglichst eng an die Vorgaben von Amazon zu halten - gerade wenn man einen sportlichen Zeitplan hat. Viel Zeit sei auch dadurch eingespart worden, da das Backend bereits in der Amazon Cloud lief.

Um mögliche Fehler aufzuspüren, hilft vor der Zertifizierung die Submission Checklist, raten die Entwickler. Dort beschreibt Amazon sehr genau, was am Ende wie funktionieren muss. Je besser die Guidelines eingehalten würden, etwa in Hinsicht auf Werbung, Datenschutz oder die Skill-Beschreibung im Amazon-Store, desto schneller laufe die Zertifizierung ab.

Auch Amazon zieht eine positive Bilanz: "Der Einkaufslisten-Skill von Bring! ist ein sehr gelungenes Beispiel dafür, wie Entwickler Alexa auf eine sinnvolle Weise erweitern können", sagt David Kaiser, Country Manager Germany, Alexa Skills. Mit dem Alexa Skills Kit seien interessierte Unternehmen dazu eingeladen, sich über die Skill-Entwicklung zu informieren. Außerdem biete man den Erfahrungsaustausch mit anderen Entwicklern in verschiedenen Foren an.