Modem versorgt sich aus dem Fernsprechnetz:

Aktive Gabelschaltung dämpft Sendesignal

02.12.1983

Eine Million Teilnehmer erwartet die deutsche Bundespost bis 1886 am Bildschirmtextdienst. Nachdem die ersten Btx-Modems für technische Vorversuche sowie für die in Berlin und Düsseldorf seit Juni 1980 laufenden Feldversuche entwickelt wurden, steht jetzt das kostengünstigere Modell D-BT 03 zur Verfügung. Heinrich Sailer und Torsten Vogeler, Bereich öffentliche Kommunikationsnetze der Siemens AG, München, beschreiben Anwendung und Funktionsweise dieses Gerätes.

Je nach Art der Nutzung des Bildschirmtextdienstes sind verschiedene Anschlußarten für die Teilnehmer möglich. Die meisten Fernsehgeräte werden mit dem Modem über das Fernsprechnetz an die Bildschirmtextzentrale angeschlossen. In Richtung zur Zentrale beträgt die Übertragungsgeschwindigkeit 75 Bit pro Sekunde. In Richtung zum Teilnehmer ist die Übertragungsgeschwindigkeit dagegen 1200 Bit pro Sekunde. Das Übertragen von Daten ist in beiden Richtungen gleichzeitig möglich.

Für Informationsanbieter, die größere Datenmengen auch zur Bildschirmtextzentrale übertragen wollen, dienen zum Anschließen über das Fernsprechnetz Duplexmodems, die in beiden Richtungen eine Übertragungsgeschwindigkeit von 1200 oder 2400 Bit pro Sekunde zulassen. Auch ein Anschließen über das Integrierte Text- und Datennetz (IDN) mit Hilfe von Datenfernschaltgeräten ist möglich.

Automatische Prüfung ist wesentlich

Der neue Modem wurde für die Anwendung im Bildschirmtextdienst konzipiert und weist im Vergleich zu Modems für die kommerzielle Datenübertragung eine Reihe besonderer Merkmale und Funktionen auf:

-Stromversorgung aus den Fernsprechnetz;

-Schnittstelle zum Fernsehgerät mit nur vier Leitungen;

-automatischer Verbindungsaufbau zur Bildschirmtextzentrale; ein Bedienen des Telefonapparats erübrigt sich dabei (im Modem ist die für alle Bildschirmtextzentralen einheitliche Rufnummer gespeichert; zur Kontrolle des Verbindungsaufbaus werden die Hörtöne der Fernsprechvermittlung zum Fernsehgerät ausgegeben);

-automatisches Aussenden der Teilnehmererkennung nach Anforderung durch die Bildschirmtextzentrale, die damit jeden Bildschirmtextanschluß individuell identifizieren kann (die Kennung ist gegen Übertragungsfehler gesichert);

-Datenübertragungsgeschwindigkeit 1200 Bit pro Sekunde (Datenkanal) zum Endgerät und 75 Bit pro Sekunde (Hilfskanal) zur Bildschirmtextzentrale;

-automatisches Prüfen durch den Teilnehmer selbst: Bei einer Störung läßt sich mit Hilfe einer im Modem eingebauten Prüfschaltung in Zusammenarbeit mit der Bildschirmtextzentrale der Fehler lokalisieren; durch Drücken der Prüftaste werden Verbindungsaufbau, Kennung und Datenübertragung kontrolliert (die automatische Prüfbarkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für das Einführen des Bildschirmtextdienstes).

-Aktiviert man die Schnittstelle des Modems vom Fernsehgerät aus, wird der Modem an die Fernsprechleitung angeschaltet. Sobald Schleifenstrom fließt, startet der Mikroprozessor den Ablauf des Steuerprogramms. Die Hörtöne gelangen auf der Schnittstellenleitung ED (Empfangsdaten) zum Fernsehgerät oder-bei Prüfbetrieb-auf den im Modem eingebauten Lautsprecher. Anschließend wird der Kennungsspeicher ausgelesen (bei Nebenstellenanlagen gibt es mehrere Möglichkeiten, über den Modem eine Amtsleitung zu belegen; diese lassen sich an einem Schalter einstellen).

Nach kurzer Verzögerung baut der Mikroprozessor automatisch die Verbindung zur Bildschirmtextzentrale über das öffentliche Fernsprechwählnetz auf. Daraufhin wartet er auf den Antwortton von der Bildschirmtextzentrale und schaltet nach dessen Erkennen den Hilfskanalsender ein.

Die Schnittstellenleitung ED ist zunächst gesperrt. Hat der Modem das Aufforderungszeichen der Bildschirmtextzentrale erkannt, schaltet er die Schnittstellenleitung ED ein und sendet die Teilnehmerkennung. Diese besteht aus zwölf Zeichen, die in einem Speicherbaustein enthalten sind und für jeden Modem anders lauten. Nach dem Aussenden der Kennung übernimmt der Mikroprozessor die Daten von der Schnittstellenleitung SD (Sendedaten) und steuert dementsprechend den Hilfskanalsender.

Zum Prüfbetrieb schaltet die automatische Prüfeinrichtung des Modems diesen nach dem Drücken der dafür vorgesehenen Taste an die Fernsprechleitung. Während dieses Vorgangs ist die Schnittstelle funktionslos. Der Verbindungsaufbau - über den Modemlautsprecher mithörbar - verläuft wie schon beschrieben. Die Kennung zum Prüfen unterscheidet sich von derjenigen im Betriebszustand durch ein Zeichen, das an die Bildschirmtextzentrale den Prüfzustand signalisiert. Hat die Zentrale diesen Zustand erkannt, sendet sie einen Prüftext, den der Modem seinerseits erkennen muß. Daraufhin sendet der Modem einen Prüftext an die Bildschirmzentrale, schaltet den Hilfskanalsender ab und gibt den "Gutton" über seinen Lautsprecher aus, und zwar abwechselnd einen hohen und einen tiefen Ton.

Schnittstelle enthält vier Leitungen

Verbindungselement zwischen der Fernsprechleitung und dem Fernsehgerät des Bildschirmtextteilnehmers ist die Schnittstelle des Modems DBT03. Sie arbeitet mit Potentialtrennung und enthält insgesamt nur vier Leitungen, von denen die Sendedatenleitung (SD) die Signale vom Fernsehgerät an den Modem und die Empfangsdatenleitung (ED) die Signale vom Modem zum Fernsehgerät weitergibt; über die Steuerleitung S wird der Modem aktiviert, während die Ader E als gemeinsame Rückleitung dient.

Wird der Modem vom Fernsehgerät aus aktiviert, schaltet er sich nach kurzer Verzögerungszeit an die Fernsprechleitung an. Ist diese jedoch während der Verzögerungszeit durch das Telefon desselben Anschlusses belegt, unterbleibt das Anschalten des Modems. Ein gegenseitiges Beeinflussen zwischen Fernsprechapparat und Modem ist dadurch ausgeschlossen.

Da der Modem über die Fernsprechleitung mit Strom versorgt wird, muß seine Leistungsaufnahme kleiner als 60 Milliwatt sein. Dieser geringe Leistungsbedarf ist erforderlich, weil der Modem auch noch bei minimalen Schleifenstrom, wie dies bei einer großen Entfernung von der Vermittlungsstelle vorkommen kann, zuverlässig arbeiten muß. Sämtliche Schaltungsteile sind so ausgelegt, daß sie möglichst wenig Leistung verbrauchen. Der Modem ist außerdem von der Polarität des Schleifenstroms unabhängig.

Hohe Sperrdämpfung

Beim Verbindungsaufbau - über den Mikroprozessor gesteuert - führt ein VMOS-Transistor die Schleifstromunterbrechungen aus. Dies hat-außer der im Vergleich zu einem Relaiskontakt längeren Lebensdauer des Transistors - den Vorteil, daß der Modem gegen Überspannungen besser geschützt werden kann. Überspannungen durch Blitzeinwirkungen werden von Varistoren in Verbindung mit einer elektronischen Sicherung unwirksam gemacht.

Aufgabe des Mikroprozessors ist die gesamte Steuerung des Betriebs- ablaufs im Modem. Er ist verantwortlich für sämtliche Zeitschleifen, für das Ansteuern des Übertragungsbausteins und der Transistoren für die Wählimpulsgabe sowie für die Erdtastenfunktion. Durch den Mikroprozessor können auf einfache Weise auch alle erforderlichen Betriebsarten gesteuert werden.

Eine wichtige Voraussetzung für die platzsparende und kostengünstige Realisierung des Modems war die Entwicklung eines speziellen Übertragungsbausteins in hochintegrierter Schaltkreistechnik (LSI) Dieser enthält die erforderlicher Analog-und Digitalschaltungen für die Modulation und Demodulation der Daten sowie Schaltungen zum Auswerten des Antworttons. Angewandt wird ein Frequenzmodulationsverfahren entsprechend der CCITT-Empfehlung V.23.

Der in Silizium-Gate-CMOS-Technologie ausgeführte Übertragungsbaustein enthält Schalter-Kondensator-Filter. Durch eine besondere Art der Schaltungsdimensionierung ließ sich eine geringe Toleranzempfindlichkeit und völlige Unempfindlichkeit gegen Streukapazitäten erreichen. Der Leistungsverbauch des Übertragungsbausteins liegt unter 16 Milliwatt.

Das modulierte Sendesignal wird durch einen digitalen Modulator gewonnen, dem ein Digital-Analog-Umsetzer und ein Sendefilter zur Impulsformung nachgeschaltet sind. Ein Glättungsfilter unterdrückt die bei Schalter-Kondensator-Filtern entscheidenden Taktfrequenzanteile.

Da das Übertragen der Daten gleichzeitig in beiden Richtungen durch Trennung der Frequenzlage möglich ist, muß eine hohe Sperrdämpfung des Empfangsfilters das Sendesignal unterdrücken. Diese Unterdrückung wird noch durch eine aktive Gabelschaltung verbessert. Aus dem begrenzten Empfangssignal läßt sich durch einen Korrelator mit nachgeschaltetem Tiefpaß das demodulierte Datensignal gewinnen.

Nachdruck aus telcom report 6 (1983) mit freundlicher Genehmigung der Siemens AG.