Aktionäre befürchten Ausverkauf des hoch gehandelten Unternehmens

Aktionäre befürchten Ausverkauf des hoch gehandelten Unternehmens Lycos-CEO kämpft um den geplanten Zusammenschluß mit USA Networks

19.03.1999
MÜNCHEN (CW) - Robert Davis, CEO des Internet-Portals Lycos Inc., hat gewaltige Probleme, seinen Aktionären die angekündigte Fusion mit dem Medienkonzern USA Networks schmackhaft zu machen. Trotz heftiger Gegenwehr des größten Anteilseigners CMGI Inc. und mehrerer Klagen wollen beide Firmen nicht nachverhandeln. Sie versprechen sich langfristig hohe Synergie-Effekte.

CMGI Inc., mit 20 Prozent der größte Lycos-Aktionär, zog die anfängliche Zustimmung zurück, nachdem die Lycos-Aktien nach Ankündigung des Deals um 30 Prozent gefallen waren. CMGI-CEO David Wetherell ist aus Protest vom Lycos-Board zurückgetreten. Er hat mittlerweile sogar die Investment-Bank Morgan Stanley damit beauftragt, alternative Käufer für Lycos zu suchen. Wetherell ist fest davon überzeugt, daß Lycos sich unter Wert verkaufen würde und die Anteilseigner mehr als nur 30 Prozent Beteiligung am neuen E-Commerce-Unternehmen USA/Lycos Interactive Networks und eine magere zweiprozentige Prämie auf den Aktienwert verdient haben. Nach dem spektakulären Rücktritt erholten sich die Lycos-Papiere ein wenig.

Der ursprüngliche Kurssturz verträgt sich in der Tat nicht mit den jetzt veröffentlichten Zahlen für das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres. Lycos konnte hier die Erwartungen der Analysten sogar übertreffen. Die Amerikaner haben zum Stichtag 31. Januar 1999 in drei Monaten mehr als 30,5 Millionen Dollar umgesetzt. Das sind 24 Prozent mehr als im Quartal zuvor und sogar 142 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Lycos-Boß Davis versucht nun, seine Schäfchen wie geplant ins Trockene zu bringen. Er preist die Vorzüge, die der Zusammenschluß mit USA Networks und dessen Tochter Ticketmaster Online haben würde. Lycos könne so zu einem der größten E-Commerce-Player aufsteigen, lautet ein Argument. Vor allem von den vielfältigen Verknüpfungsmöglichkeiten zwischen den Fernsehangeboten von USA Networks und den Internet-Aktivitäten von Lycos und Ticketmaster verspricht Davis sich sprudelnde Einnahmequellen.

USA Networks bekräftigt Willen zur Fusion

Sowohl der Lycos-Boß als auch Barry Diller, Chef von USA Networks, sehen keine Notwendigkeit, an den getroffenen Vereinbarungen zu rütteln. Diller warf den Investoren vor, überreagiert zu haben, weil ihre kurzfristigen Gewinnerwartungen nicht erfüllt worden seien. Sowohl er als auch Davis sind nach wie vor davon überzeugt, daß in der Verbindung von traditionellen Medien und dem Internet langfristig ein hohes Potential liegt. Eine Ansicht, die auch kleinere Lycos-Aktionäre offenbar ganz und gar nicht wertschätzen: Vier von ihnen reichten in den letzten Tagen Klage gegen die Fusion ein.

Sie werfen Davis Wortbruch vor, weil er noch kurz vor dem Deal auf Unabhängigkeit gepocht habe.