Akademiker und Rente: Erst überfordert, dann unterversorgt

29.08.2007
Von pte pte
Informationsdefizite, Überforderungen durch Produkt- und Fördervielfalt sowie Geldmangel sind die größten Hemmnisse für eine effektive und passgenaue Altersvorsorge. Dies gilt speziell für Akademiker.

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA). Etwa ein Drittel der Befragten, vor allem Akademiker, gehört zu den "potenziell Unterversorgten". Sie vertrauen etwa auf Erbschaften und Finanzspritzen der Eltern und weigern sich aufgrund unsicherer beruflicher und familiärer Zukunft, einen Sparvertrag abzuschließen. "Diese Gruppe ist nur mit sehr individuell zugeschnittenen und äußerst flexiblen Sparverträgen zu überzeugen", folgern die Autoren Ulrich Pfeiffer und Reiner Braun von empirica.

Jeder fünfte Unterversorgte zeigt sich zudem von der Vielfalt der Produkte und Förderwege "institutionell überfordert" und ist nur mit einfachen und transparenten Vorsorgelösungen sowie einheitlichen Förderrichtlinien für die private und betriebliche Altersvorsorge zu gewinnen, so die Autoren der DIA- Studie. Weitere 20 Prozent der Befragten sehen sich schlicht finanziell nicht in der Lage. Die einen glauben das nur, entdecken aber nach entsprechender Beratung noch Einsparpotentiale in ihrem aktuellen Konsumverhalten. Andere bewegen sich aber tatsächlich am Existenzminimum und haben zukünftig nicht mehr als die Grundsicherung zu erwarten.

"Dass gerade bei Akademikern die Furcht vor falschen Entscheidungen in Sachen privater Altersvorsorge besonders stark ausgeprägt ist, liegt daran, dass eine Menge an Vorsorge-Potential nicht erkannt wird", sagt Personalexperte Udo Nadolski, Geschäftsführer des Düsseldorfer Beratungshauses Harvey Nash. Als Beispiel gelte hier die sogenannte Rürup-Rente, die im Schatten der Riester-Rente nahezu unbekannt sei, aber gerade für Selbstständige eine empfehlenswerte Alternative darstelle. Wer heute nicht sparen könne, müsse andere Wege gehen, so der Rat von DIA. Die erste wäre die Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch kürzere Ausbildung, früheren Erwerbseintritt und späteren Renteneintritt. "Dies konnten sich in den Interviews vor allem junge Akademiker gut vorstellen. Bei Nicht-Akademikern wird diese Möglichkeit meist ausgeschlossen", so Pfeiffer und Braun.

Als weitere Alternative empfehlen sie den Erwerb von Wohneigentum, um durch mietfreies Wohnen im Alter das Konsumpotential zu erhöhen und durch Beleihung Liquidität für mögliche Pflegekosten zu erreichen. Eine dritte Alternative stellt das so genannte Empty-Nest-Sparen dar: Sind die Kinder finanziell unabhängig, erhöht sich schlagartig das Konsumpotential der Eltern. Das frei gewordene Geld sollte zumindest zum Teil fürs Alter zurückgelegt werden. "Wer dies alles nicht möchte, hat nur noch eine Alternative: den Konsumverzicht im Alter, was aber immer nur als Notlösung taugt, da Menschen eher auf steigenden und nicht auf sinkenden Wohlstand programmiert sind", so Ulrich Pfeiffer.

DIA-Sprecher Bernd Katzenstein plädiert angesichts der verwirrenden Vielzahl der Förderwege und Vorsorgeprodukte für einfache Lösungen und verweist auf positive Erfahrungen in anderen Ländern. So könnten beispielsweise zukünftige Gehaltserhöhungen komplett oder teilweise in Altersvorsorgepläne umgeleitet werden, was sich insbesondere in den USA mit den so genannten "Smart"-Plänen bewährt hat. Das DIA warnt davor, sich auf zukünftige Erbschaften zu verlassen. Zwar werden mittlerweile jährlich rund 200 Milliarden Euro vererbt. Aber gerade die einkommensschwachen Haushalte erben erfahrungsgemäß wenig oder gar nichts. Grundsätzlich dürften die Erbschaftsvolumina zukünftig auch deutlich geringer ausfallen, da die höhere Lebenserwartung, steigende Konsumfreude der Älteren, höhere Pflegekosten und Eigenbeteiligungen das Vermögen stärker aufzehren werden als in der Vergangenheit. (pte)