Entwicklung

Agiles V-Modell - ein Widerspruch?

01.09.2011
Von Ingo Kriescher und Josef Markgraf

Projektsteuerung

Die jeweilige Projektsteuerung gestaltet sich entsprechend den bis jetzt beschriebenen Unterschieden. So stellt das V-Modell den Rahmen, in dem sich das Projektteam bewegen muss, mit klaren Abgrenzungen, wer wofür verantwortlich ist. Die Projektplanung wird im Detail durch den Projektleiter erstellt und vom Projektteam abgearbeitet. Frei nach dem Motto: Plan the Work - work the Plan. Abweichungen vom Plan werden als Fehler wahrgenommen und bekämpft, denn der Plan wird ungern angepasst.

Im Rahmen der agilen Softwareentwicklung wird dagegen eine adaptive Planung verwendet. Man plant auf verschiedenen Ebenen, und nur für die nahe Zukunft ist die Planung sehr detailliert. Nach jeder Iteration wird die Zielerreichung geprüft und der weitere Projektablauf nachjustiert. Dem Motto folgend: Der Plan ist nichts - Planung ist alles. Hierdurch ist es möglich, Änderungen wohlwollend in die Planung aufzunehmen, umzusetzen und das Projekt in Bezug auf Anforderungen oder unerwartete Ereignisse beweglich zu halten.

Kundeneinbindung

Der letzte Gegensatz, der hier berücksichtigt werden soll, ist die Art und Weise, wie der Kunde (Auftraggeber) eingebunden wird und wie das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gestaltet ist. Das V-Modell XT ist explizit für das Erstellen von Gewerken konzipiert worden. Die Vergabe von Dienstleistungen deckt es nicht ab. Eine der Neuerungen des V-Modells XT vertieft daher auch die konkrete Beschreibung der Zusammenarbeit von Auftraggeber und -nehmer und bezieht sich auf die zu erstellenden Produkte und deren Abnahme.

Auf der anderen Seite sind agile Vorgehensweisen für eine enge Kooperation von Auftragnehmer und Auftraggeber konzipiert und bevorzugen Dienstleistungsverträge. Die Wahl der Vertragsform und die Regelung der Zusammenarbeit durch den Auftrag ist nicht Bestandteil des agilen Vorgehens an sich. Der Ansatz sieht aber immer eine vertrauensvolle Zusammenarbeit vor, die weit über das Erstellen von Dokumenten und ihrer Reviews hinausgeht. Eine regelmäßige Einbindung des Auftraggebers beim Detaillieren der Anforderungen, der Planung und den Iterationsbewertungen wird vorausgesetzt: Der Auftraggeber muss zu einem guten Anteil mitarbeiten.