IT im Handel/Partnerprogramme erreichen kauflustige Surfer besser als herkömmliche

Affiliate-Marketing: Werben, wo es Sinn hat

30.07.2004

Mit der steigenden Anzahl von Internet-Shoppern wächst auch die Attraktivität dieser Zielgruppe. Erfahrungen mit Internet-Kunden zeigen, dass klassische Werbemaßnahmen für Direkt-Marketing-Unternehmen nicht ausreichen. Vor dem Hintergrund sinkender Klickraten auf Werbebanner und steigender Kosten von Werbeplatzierungen auf hoch frequentierten Sites stellt sich die Frage nach alternativen Vermarktungsformen.

Die Herausforderung für alle Online-Shops besteht darin, den Kunden an einer Stelle und zu einem Zeitpunkt "abzuholen", zu dem er tatsächlich bereit ist etwas zu kaufen - zum Beispiel dann, wenn er auf einer Site, die er wegen seines Hobbys besucht, dazu passende Ausrüstungsgegenstände angeboten bekommt. Diese Strategie machen sich Anbieter von Affiliate-Programmen zunutze.

Im Kern ist die Idee nicht neu

Private Website-Betreiber wurden erstmals 1996 von dem zunächst auf Bücher spezialisierten US-amerikanischen Internet-Händler Amazon aufgefordert, Werbemittel in ihre Sites zu integrieren. Als Gegenleistung wurden sie an Umsätzen beteiligt. Die Auszahlung der Provisionen erfolgt erfolgsorientiert. Heute zählt Amazon weltweit über 900000 Partner. Die Vorteile sind für beide Seiten offensichtlich: Der Shop-Betreiber erhöht seine Online-Reichweite, die Partner wiederum werden für die erfolgreiche Kundenvermittlung belohnt. Im Kern ist die Idee nicht neu: Auch in der Offline-Welt spielen die Schaffung eines Netzes von Kooperationspartnern, die Motivation durch Erfolgsbeteiligung und persönlicher Kontakt eine wichtige Rolle - jeder erfolgreiche Vertriebsmitarbeiter weiß das.

In den USA sind Affiliate-Programme heute fester Bestandteil im Marketing-Mix von E-Business-Unternehmen; einer Forrester-Studie vom Dezember 2002 zufolge werden sie dort bereits von 60 Prozent der Online-Händler als Marketing-Instrument genutzt. Damit liegen Affiliate- Programme in den USA auf Platz zwei der Marketing-Instrumente von E-Business-Unternehmen hinter dem Versenden von E-Mail-Newslettern an registrierte Kunden. Inzwischen sind Partnerprogramme auch in Deutschland auf dem Vormarsch: Dem Affiliate-Verzeichnis partnerprogramme.de zufolge gibt es im deutschsprachigen Raum heute mehr als 1000 Affiliate-Programme - Tendenz steigend. Ein Indiz für den Erfolg des Instruments.

Partner profitieren vom großen Namen

Heute werden neben Büchern, Computern und Elektrogeräten auch andere Waren im Netz gekauft. Mit einem Frauenanteil von über 60 Prozent verkauft zum Beispiel neckermann.de inzwischen auch Mode, Textilien und Möbel erfolgreich über das Internet. Für den Universalversender bot sich deshalb der Aufbau eines eigenen Partnernetzwerkes - eines so genannten Private-Affiliate-Programms - an. Alle Transaktionen wie beispielsweise die Beratung bei der Auswahl passender Werbemittel, Protokollierung der erzielten Leistungen oder Abrechnung werden direkt zwischen Unternehmen und Website-Partner abgewickelt. Der Partner profitiert von der Markenbekanntheit der Neckermann Versand AG. Je nach Bedarf sucht der Partner Art und Inhalt der Werbemittel selbst aus, die er auf seiner Website platziert.

Wer kein eigenes Affiliate-Programm aufbauen möchte, kann sich an einem Public-Affiliate-Netzwerk beteiligen. Dort übernehmen Vermittler wie Affili.net, Zanox oder Adbutler den gesamten Kontakt zu den Website-Betreibern und kümmern sich um die Abwicklung und Abrechnung. Bei dieser Variante konkurriert der Merchant mit anderen Händlern und Marken auf der Plattform. Durch die fehlende direkte Betreuung ist eine Partnerbindung schwierig.

Als erster deutscher Universalversender mit eigenem Programm stieß neckermann.de im Markt schon zu Beginn auf große Akzeptanz. Bereits nach einigen Wochen waren die ersten tausend Partner für die Neckermann-Partnerwelt gewonnen. Auch heute noch wächst die Anzahl neuen Partner monatlich in zweistelligen Prozentzahlen. Mit dem Programm kann der Online-Shop spezielle Zielgruppen ansprechen, die mit herkömmlichen Werbemaßnahmen nicht erreicht werden - das Stichwort in diesem Zusammenhang heißt "Nischenmarketing". Die Produktpalette von neckermann.de ist mit über 100000 Produkten so groß, dass potenzielle Partner in jedem Fall passende Artikel finden.

Auf der Suche nach Reichweite

Wer ein eigenes Netz aufbauen will, muss Partner gewinnen. Die Rechnung für das Unternehmen ist einfach: Je mehr Partner, desto höher die Online-Reichweite und desto effizienter die eigenen Werbeausgaben. Ein großer Kundenstamm unterstützt die Partnerakquisition. Die Markenbekanntheit ist dabei ein wichtiges Argument. Ein Anbieter mit einer starken Marke ist für potenzielle Partner generell attraktiver, da diese leichter das Vertrauen der Online-Shopper gewinnt und die Verdienstchancen erhöht. Über eine starke Marke lassen sich auch Produkte verkaufen, die weniger online-affin sind als klassische Internet-Verkaufsschlager wie Software oder Bücher.

Zur Gewinnung neuer Partner sollten alle verfügbaren Kommunikationskanäle genutzt werden, die einem Unternehmen zur Verfügung stehen. Bei Neckermann sind dies neben der Bekanntmachung über die Homepage auch der wöchentliche E-Mail-Newsletter, den registrierte neckermann.de-Kunden auf Wunsch erhalten.

Wichtig ist es, eine möglichst hohe Reichweite außerhalb des eigenen Kundenstamms zu erzielen. Die Partnerwelt wird über klassische Pressearbeit, Werbung und die Registrierung in Affiliate-Verzeichnissen bekannt gemacht. Diese Verzeichnisse helfen Website-Betreibern, unter allen registrierten Affiliate-Betreibern das passende Programm zu finden. Über eine Weiterempfehlungsfunktion "Partner werben Partner" wird für jeden neu vermittelten Partner ein Fixbetrag ausgezahlt.

Sites müssen zu Produkten passen

Da der Wettbewerb im Affiliate-Marketing ständig steigt, müssen Anbieter von Partnerprogrammen ihr Angebot kontinuierlich verbessern, die Einkommenschancen ihrer Partner erhöhen und den Service ausbauen.

Partnerbindung entsteht im Wesentlichen durch engen Kontakt und guten Service. Da viele Website-Betreiber nur über geringes Direkt-Marketing-Know-how verfügen, ist die Beratung zu den Werbemitteln ein wichtiger Erfolgsfaktor: Passen die Produktempfehlungen nicht zu den Websites, ist auch der Umsatz nicht zufrieden stellend - kontextbezogenes Productplacement ist gefragt. Im Anmeldeformular zur Partnerwelt wird neuen Partnern deshalb empfohlen, ihre Internet-Seite einer der neun Themenwelten auf neckermann.de zuzuordnen. Die reichen von Mode über Technik bis hin zum Heimwerkerbedarf. Je nach Themenwelt werden Werbemittel und Produkte vorgeschlagen, die thematisch zu den Inhalten der Website passen.

Die Werbemittel von Neckermann werden automatisch mit aktuellen Inhalten gefüllt. So bleibt die Promotion ohne zusätzlichen Aufwand das ganze Jahr aktuell. Seit Anfang 2003 bietet die Partnerwelt für Websites mit mindestens 10000 Impressions einen Einzel-Link-Service, das heißt, Partner können auf ihrer Website Einzel-Links zu Produkten aus dem Neckermann-Sortiment einrichten. Über die Platzierung ausgewählter Produkte wird die Aufmerksamkeit in der Zielgruppe erhöht und die Kaufrate im Vergleich zu herkömmlicher Bannerwerbung gesteigert. Mit nur einem Klick gelangt der Interessent auf die entsprechende Produktseite von neckermann.de.

Der besondere Service: Sobald Produkte nicht mehr verfügbar sind, werden Partner, die dazu Produkt-Links gesetzt haben, umgehend informiert - ein in Deutschland neues Feature.

Wie hält man die Partner?

Nach einem Jahr hat das Unternehmen inzwischen Partner im vierstelligen Bereich gewonnen. Heute liegt der Fokus auf Partnerbindung, also Partner Relationship Management. Affiliate Marketing muss als Beziehungs-Management verstanden werden; nur zufriedene Partner bleiben dauerhaft.

Großer Wert wird darauf gelegt, dem Partner so viel Arbeit wie möglich abzunehmen. Der persönliche Kontakt zum Unternehmen - im Gegensatz zu Public-Affiliate-Programmen - wird von den Partnern sehr geschätzt. Hohe Provisionen erhöhen weiter die Attraktivität des Programms. Im Markt der Partnerprogramme haben sich grundsätzlich drei Abrechnungsmodelle durchgesetzt: Die Zahlung pro vermittelten Besucher (Pay per Click), die Zahlung pro Verkauf (Pay per Sale) sowie die Zahlung pro Aktion, wie etwa das Anfordern von Informationen oder das Hinterlassen von Adressdaten (Pay per Lead).

Neckermann hat sich für die Auszahlung einer Umsatzprovision entschieden, laut einer Studie der Universität Kiel das beliebteste Modell. Für Partner von neckermann.de ist dieser Abrechnungsmodus angesichts der hohen durchschnittlichen Umsätze pro Besteller sehr interessant. Wichtig für Partner: Eine Provision wird für direkte Verkäufe nach Klick auf ein Werbemittel gezahlt sowie für alle Umsätze, die ein Besucher in den folgenden 30 Tagen nach dem ersten Besuch auf neckermann.de generiert.

Wurde bisher jeder vermittelte Netto-Umsatz mit einer einheitlichen Werbekostenerstattung von fünf Prozent vergütet, können Partner bei guter Leistung jetzt bis zu acht Prozent verdienen. Die Staffelung der Provisionen beruht auf Umsatzschwellen.

Die Einführung des neuen Vergütungssystems resultiert aus einer Umfrage in der Partner-Community. Überhaupt spielt der Dialog eine wichtige Rolle, denn nur darüber lässt sich erkennen, wo nicht genutzte Potenziale stecken beziehungsweise wie die Bedürfnisse der Partner optimal befriedigt werden können. Bei neckermann.de wird das Feedback der Partner regelmäßig ausgewertet und in konkrete Maßnahmen zur Optimierung des Partnerprogramms umgesetzt.

Eine andere Befragung zeigt, dass auch der Abrechnungsmodus Pay per Click beliebt ist. Aus diesem Grund startete der Online-Shop eine erste aktionsbezogene Cost-per-Click-Kampagne im September 2003. Einige Wochen lang wurde jeder Click auf die extra bereitgestellten Aktionswerbemittel mit 0,05 Euro vergütet. Mit solchen Abrechnungsmodellen möchte neckermann.de Partner binden und zusätzlich umsatzunabhängige Verdienstchancen bieten. Ein positiver Nebeneffekt: Durch die Aktion konnten zahlreiche neue Partner gewonnen werden. Angesichts der positiven Erfahrung mit dem Pilotprojekt sind weitere Aktionen in diese Richtung geplant.

Partnerkommunikation heißt, die Partner in den Vertriebs- und Vermarktungsprozess einzubeziehen. Bei neckermann.de werden Partner bereits vor dem Rollout einer Kampagne frühzeitig informiert und mit entsprechenden Werbemitteln und Hintergrundinformationen versorgt. Der persönliche Kontakt für Toppartner inklusive einer schnellen Reaktion auf Anfragen sowie Tipps zur Verbesserung der eigenen Internet-Seite sind für das serviceorientierte Unternehmen selbstverständlich. Zur Erfolgskontrolle auf beiden Seiten dienen tagesaktuelle Traffic-, Umsatz- und Werbekostenstatistiken.

Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen Marketing- und Werbeaktivitäten effizient und zielgruppengenau eingesetzt werden. Affiliate Marketing als eine Form des kooperativen Marketings schafft neue Möglichkeiten für Co-Branding und Cross-Selling und gehört damit zu den tragenden Säulen jeder erfolgreichen E-Commerce-Strategie.

Die Website-Betreiber akzeptieren das Modell durch die Win-Win-Situation sehr gut. Manche Online-Shop-Betreiber werden noch umdenken müssen. Bei Affiliate Marketing ist aktives Handeln erforderlich: Die Partner entscheiden selbst, welche Werbemittel des Partners sie auf ihre Website stellen. Darin unterscheidet sich Affiliate-Marketing von traditioneller Online-Werbung. Das ist teilweise noch ungewohnt.

Entscheidender Erfolgsfaktor für die Anbieter ist auf lange Sicht die Partnerbindung und nicht allein die Partnergewinnung. Bei Partnern gilt das Gleiche wie bei Kunden: Die Gewinnung von Neukunden ist deutlich teurer als die Bindung bestehender Kunden. (bi)

*Dr. Markus Krechting ist Direktor Marketing/ Neue Medien/Vertrieb Einzelbesteller der Neckermann Versand AG in Frankfurt am Main.

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- wie Shop-Partner für die erfolgreiche Kundenvermittlung belohnt werden;

- welche Indizien es für den Erfolg von Affiliate-Programmen gibt;

- warum Neckermann mit Nischen-Marketing jetzt spezielle Zielgruppen ansprechen kann, die mit herkömmlichen Werbemaßnahmen nicht erreicht werden konnten.