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Aero-Vista saugt den Notebook-Akku leer

07.05.2007
Wer unterwegs mit seinem Notebook unter Windows Vista arbeitet, der hat mit der "Aero"-3D-Oberfläche von Windows Vista ein Problem. Sie leert nämlich den Akku unverhältnismäßig schnell.

"Das ist ein wenig beängstigend", sagt John Wozniak, Distinguished Technologist in der Notebook-Entwicklungsabteilung von Hewlett-Packard, mit Blick auf den Aufwand, den seine Firma betreiben musste, um Vista besser an portable Rechner anzupassen.

Zwar verfügt Vista laut Microsoft über deutlich verbesserte Funktionen zur Energieverwaltung, doch kann es dieses Versprechen aus Sicht mancher Experten nicht einlösen. Die Schuld liegt laut Branchendienst "Cnet" dabei offenbar vor allem bei der "Aero-Glass"-Oberfläche mit ihren transparenten Fenstern und animierten Übergängen beim Wechsel zwischen Anwendungsprogrammen.

Wenn Aero abgeschaltet ist, laufen Notebooks im Batteriebetrieb mit Vista gleich lange wie oder länger als mit Windows XP. Sobald man aber Aero einschaltet, fällt die Vista-Akkulaufzeit hinter die unter XP zurück.

In Vista hat Microsoft unter anderem intelligentere Ruhezustände (die Applikationen überschreiben, die sich nicht abschalten lassen wollen) und einfachere Einstellungen für die Auswahl eines Energieverwaltungsschemas eingeführt. Trotzdem sind auch Käufer teurer Notebooks, die extra viel Geld für eine leistungsfähige Grafik ausgegeben haben, gezwungen, die schlichte Optik von "Vista Home Basic" zu verwenden, wenn ihnen die Akkulaufzeit am Herzen liegt.

HP hat sich deswegen entschieden, nicht die von Microsoft vordefinierten Einstellungen für die Energieverwaltung zu verwenden. Stattdessen hat der PC-Weltmarktführer für seine Notebooks eigene Voreinstellungen entwickelt, bei denen der Nutzer zum Beispiel zwischen "Energie sparen" oder "Hohe Leistung" umschalten kann. Den gleichen Weg geht auch Lenovo, das laut Howard Locker, Director of New Technology, über Jahre hinweg selbst entwickelte Energieverwaltungstechnik verwendet.

"Aus Sicht der Energieverwaltung haben sie das wirklich komplex gemacht", klagt HP-Ingenieur Wozniak. "Es gibt zwar Potenzial für ein paar gute Dinge, die Kehrseite sind aber die vorgespeicherten Settings. Die gefielen uns alle nicht."

Das Vista ein rechter Stromfresser sein könnte, stellte sich bereits während des Beta-Tests im vergangenen Jahr heraus. Damals versprach Microsoft, bis zum Erscheinen des fertigen Produkts viele der Probleme zu beseitigen. Laut IDC sind diese bei einem Betriebssystem-Generationswechsel auch normal. "Wenn Sie ein neues Betriebssystem haben, verschlechtert sich meistens die Akkulaufzeit", sagt Analyst Richard Shim. "Als Windows XP herauskam, war das so, und bei Windows 98 ebenfalls."

Anders als damals seien Notebooks heutzutage allerdings "der Wachstumsmotor der Branche", so Shim. Tragbare Rechner machten bereits mehr als die Hälfte aller im Handel verkauften Geräte aus und würden Ende des Jahrzehnts auch die Mehrheit am Gesamtmarkt erobern.

Trotzdem müssen sich Notebook-Nutzer mit zu kurzer Akku-Betriebszeit herumschlagen. Rob Bushway schreibt zum Beispiel in seinem Tablet-PC-Blog Gottabemobile.com, irgendetwas sei faul, "wenn ein Verbraucher einen Hochleistungsakku kaufen muss, um das zu bekommen, was früher mit einer Standardbatterie ging".

Mit Microsofts Standard-Stromsparprofil (eines von drei in Vista voreingestellten) wird Aero übrigens auch gleich abgeschaltet. Dann sieht zwar alles weniger schick aus, einer im Auftrag des Softwarekonzerns erhobenen Studie zufolge gibt es aber keinerlei Nachteile bei den Ladezeiten von Programmen. Allerdings wurden die dabei von Principled Technologies geprüften Notebooks und Tablet PCs unter Aero auch stets mit der Energiespareinstellung "Hohe Leistung" gefahren. In dieser Einstellung wird niemals die Leistung zugunsten einer längeren Akkulaufzeit begrenzt, so dass Responsiveness auch kein Thema ist.

Microsoft schert sich nicht weiter um die Entscheidung von HP und andere Kritik. "Wir ermuntern PC-Hersteller aktiv, die standardmäßigen Power-Profile so anzupassen, dass Nutzer das Maximum aus ihrer Hardware herausholen können", erklärte der Softwarekonzern in einer Stellungnahme.

Mehr Details zu Vista und Akkulaufzeiten dürfte es geben, wenn Intel in der kommenden Woche die nächste Generation seiner mobilen Chip-Plattform "Centrino" herausbringt und das Branchenkonsortium Bapco irgendwann demnächst seinen neuen Benchmar "MobileMark 2007".

Microsoft fällt laut IDC-Analyst Shim die Aufgabe zu, die Akkulaufzeit von Vista nach und nach über Service Packs und andere Anpassungen zu optimieren. "Die PC-Hersteller kriegen Druck von Seiten der Verbraucher, die Notebooks am stärksten annehmen und betonen, dass die Akkulaufzeit für einen tragbaren Rechner die höchste Priorität hat."

Apropos Vista und Service Pack: Weder Intel noch Dell haben das neue Windows bislang intern ausgerollt. Intel, wo die weitaus meisten Mitarbeiter mit einem Notebook arbeiten, wartet vor dem Rollout auf "Centrino Pro" und das erste Service Pack für Vista. Auch Dell sieht sich mit dem SP1 für Vista auf der sicheren Seite, wie Manager beider Firmen gegenüber "ZDnet UK" verrieten. (tc)