Datenschutz im Cloud Computing

Ärger um den Patriot Act

25.07.2012
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Markenzeichen "Deutsche Cloud"

Zum Ärger der US-Provider spielt die europäische Konkurrenz den Datenschutz als Trumpfkarte gegenüber Kunden aus. Bereits vor zwei Jahren brachte T-Systems-Chef Reinhard Clemens die "Deutsche Cloud" ins Gespräch (siehe "Brauchen wir eine deutsche Cloud"), die mit einer Art Siegel hiesigen Datenschutz garantieren soll. Zudem preschen kleine Anbieter in sich öffnende Nischen vor: "Der Zugriff durch US-Behörden gemäß US Patriot Act ist ausgeschlossen", wirbt etwa Fabasoft für den Collaborations-Dienst "Folio Cloud". Der Nachrichtendienst Bloomberg meldete, T-Systems umwerbe Kunden mit Zugriffsschutz vor US-Behörden. "Wir agieren im europäischen Rechtsraum, und die US-Behörden können nicht einfach auf Daten unserer Kunden zugreifen", verteidigte Clemens daraufhin die Strategie.

Reinhard Clemens, CEO von T-Systems: "Wir agieren im europäischen Rechtsraum, und die US-Behörden können nicht einfach auf Daten unserer Kunden zugreifen."
Reinhard Clemens, CEO von T-Systems: "Wir agieren im europäischen Rechtsraum, und die US-Behörden können nicht einfach auf Daten unserer Kunden zugreifen."
Foto: Reinhard Clemens

Der Druck der US-Industrie auf die eigene Regierung wächst. Inzwischen sahen sich zwei hochrangige US-Beamte veranlasst, die Branche zu beschwichtigen. Bruce Swartz, stellvertretender Generalstaatsanwalt im Justizministerium, und Philip Verveer, stellvertretender Staatssekretär für internationale Kommunikation im Außenministerium, betonten, die USA hätten ähnlich hohe Datenschutzstandards wie die EU. Allerdings machten weder Swartz noch Verveer den Anbietern Hoffnung auf Änderungen am Patriot Act.

Sie räumten ein, dass das Cloud Computing die Art und Weise verändert habe, wie Unternehmen Daten speichern und darauf zugreifen, betonten im gleichen Atemzug aber, dass die fundamentalen rechtlichen Schutzmechanismen für Auslandsgeschäfte unangetastet bestehen bleiben. "Jede Darstellung, die Vereinigten Staaten schätzen den Wert des Datenschutz nicht, ist falsch", sagte Swartz.

Die US-Presse greift derweil die EU an: "Die zynische Kampagne der EU gegen amerikanische Cloud-Provider" überschreibt etwa David Linthicum seinen Kommentar in der CW-Schwesterpublikation Infoworld und fragt: "Macht die EU die US-Cloud-Provider schlecht, um Raum für europäische Cloud-Companies zu schaffen?" Der Online-Dienst gigaom.com schimpft: "Anschnallen für die nächste Welle des Cloud-Protektionismus."

Philip Verveer, stellvertretender Staatssekretär im Außenministerium, hält die Kontroverse für aufgeblasen. Das Thema sei in Krisenzeiten auf die Agenda gerückt, weil das Cloud-Geschäft Wachstum verspreche. Er verwies auf Gartner-Zahlen, wonach im Jahr 2015 im westeuropäischen Cloud-Markt 47 Milliarden Dollar verteilt werden. "Es steht viel Geld auf dem Spiel", bringt es Verveer auf den Punkt.