Freiberufler

Achtung vor unseriösen Vermittlerverträgen

30.03.2011
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Im Dreiecksverhältnis zwischen Vermittler und Kunden ist die Verhandlungsmacht für IT-Freiberufler nur auf den ersten Blick begrenzt. Manchmal lohnt sich das Verhandeln über vertragliche Konditionen.

Eine der größten europäischen Vermittlerfirmen im IT-Bereich bot einem Freiberufler an, einen Beratervertrag abzuschließen. Endkunde war eine deutsche Firma. Der Vermittler war in der Rechtsform der Limited organisiert mit Firmensitz in England. Das Projekt sollte bereits wenige Tage später beginnen. Der Selbständige ließ den Vertragsentwurf von der Hamburger Rechtsanwältin Ina Becker prüfen. Dabei stellte sich heraus, dass einige der standardisierten Vertragsklauseln für den IT-Spezialisten einseitig belastend waren. Die Klauseln betrafen Garantieerklärungen und Haftungsfragen, die der Auftragnehmer abgeben sollte. Bei Vertragsstreitigkeiten, etwa über die Höhe der Vergütung oder urheberrechtliche Verwertung, hätte der IT-Profi in England klagen müssen. "Dort ist die Rechtsverfolgung jedoch wesentlich teurer. Zudem ist es nicht abzuwägen, ob die englischen Richter deutsche Gesetzte korrekt anwenden", sagt Becker.

Rechtsanwältin Ina Becker: Wenn der Vermittler ein unseriöses Geschäftsgebahren an den Tag legt, sollte man direkt mit den Endkunden verhandeln."
Rechtsanwältin Ina Becker: Wenn der Vermittler ein unseriöses Geschäftsgebahren an den Tag legt, sollte man direkt mit den Endkunden verhandeln."
Foto: Ina Becker, Rechtsanwältin

Der Vertragsentwurf enthielt zwar auch die Bestimmung, dass im Zweifelsfall die deutsche und nicht die englische Fassung maßgeblich sei. "Dies hätte dem Freiberufler im Falle einer vor einem englischen Gericht auszutragenden Rechtsstreitigkeit angesichts der Risiken und Kosten jedoch wenig genützt", sagt die Hamburger Anwältin.

Verhandeln mit dem Endkunden

Darum empfahl sie dem Freiberufler, einzelne Formulierungen abzuändern beziehungsweise zu ergänzen. Auf die vertraglichen Änderungs- und Ergänzungswünsche ging der Vermittler ein, indem er ein so genanntes Amendment erstellte: Bei diesem sollte allerdings ein völlig anderes Unternehmen der Vermittlergruppe als Vertragspartner auftreten. "Die Vertragsergänzung war im Ergebnis wegen der Verschiedenheit der handelnden Unternehmen rechtlich unwirksam", sagt Becker.

Da weitere Anhaltspunkte für unseriöses Geschäftsgebahren des Vermittlers vorlagen, verhandelte die Kanzlei für den IT-Spezialisten direkt mit dem Endkunden. Dieser ließ sich überzeugen, dass ein Vertragsschluss über den Vermittler unter den Umständen unzumutbar sei. Da der Freiberufler auch bereits mit der beauftragten Tätigkeit begonnen hatte, erhielt er direkt vom Endkunden einen rechtlich einwandfreien Vertrag über freie Mitarbeit mit sogar höherem Stundenhonorar.

Bildquelle: Fotolia, Kitty