Flexibilität im Softwareangebot

Achim Berg, Microsoft: "SaaS ist zu kurz gesprungen"

28.02.2008

Microsofts neue Offenheit

CW: Software-Services verlangen offene Schnittstellen. Bislang war der Konzern recht sparsam mit seinen technischen Informationen, hat jedoch jüngst eine Initiative für mehr Offenheit angekündigt. Was sind die Gründe für Microsofts Kehrtwende in der Schnittstellenpolitik?

BERG: Dem muss ich widersprechen: Microsoft arbeitet schon seit mehreren Jahren daran, die Interoperabilität seiner Produkte zu verbessern. Wir haben hat eine ganze Reihe von Schritten unternommen, um unsere Technologie gegenüber Kunden und anderen Anbietern zu öffnen, zum Beispiel die Einführung von XML basierten Formaten, die Offenlegung von Schnittstellen Informationen für Windows Betriebssysteme für Desktop und Server oder die Kooperation mit anderen Softwareanbieten wie Sun oder Novell. Mit diesen Prinzipien erweitern wir deutlich unsere Aktivitäten, Plattform-übergreifend Interoperabilität zu fördern.

CW: Welche Rolle haben die Kartellrechtsverfahren bei dieser Entscheidung gespielt?

BERG: Natürlich war die Erfüllung der Auflagen der EU-Kommission ein wichtiger Faktor. Das ist aber nicht unser Hauptbeweggrund unsere Technologien sehr weit reichend zu öffnen. Das haben wir vor allem auch aufgrund des Feedbacks unserer Kunden getan. Denn je wichtiger webbasierte Services und SOA für Unternehmensanwender werden, desto wichtiger wird auch die Interoperabilität von Anwendungen, Daten und Technologien. Insofern sichern wir mit dieser Entscheidung auch den langfristigen Erfolg der Microsoft Plattform.

CW: Was wird sich konkret für die Softwarepartner in der Zusammenarbeit mit Microsoft verändern?

BERG: Unsere Partner sind bereits sehr weitgehend in die Entwicklung unserer Technologien involviert. Wichtig ist, dass wir die Zusammenarbeit mit den Entwicklern anderer Technologieplattformen, insbesondere mit der Open Source Community auf eine neue Basis gestellt haben. Zum einen, weil wir nun klargestellt haben, dass alle Schnittstelleninformationen und Kommunikationsprotokolle für alle Entwickler frei verfügbar sind und in nicht-kommerziellen Anwendungen auch lizenzfrei genutzt werden können. Zum anderen, weil wir den Austausch mit Open Source-Anbietern weiter intensivieren, zum Beispiel durch die "Open Source Interoperability Initiative", in deren Rahmen wir Foren schaffen werden, die eine kooperative Softwareentwicklung fördern.

Mehr Bandbreite bei Unternehmenssoftware

CW: Im Bereich Unternehmenssoftware versucht sich Microsoft breiter aufzustellen. Welche Strategie steckt hier dahinter?

BERG: Wir gehen mit unseren Produkten mehr in die Breite. Mit Microsoft Dynamics Entrepreneur haben wir gerade ein Produkt für kleine Unternehmen herausgebracht. Auf der anderen Seite können wir auch Firmen mit über 10.000 Arbeitsplätzen mit unseren Lösungen bestücken. Zudem integrieren wir unser ERP und CRM Produktportfolio immer stärker in die klassischen Microsoft Lösungen. So orientiert sich das Look-and-Feel der Business- Software eng an unserem Office-Paket. Außerdem gibt es die Möglichkeit, von den kleinen Systemen aus zu wachsen. Kunden können problemlos migrieren.

CW: Gerade für den gehobenen Mittelstand stellt das die Partner aber vor große Herausforderungen?

BERG: Wir haben Partner, die dies bewältigen können und das notwendige Spezial-Knowhow beispielsweise für BI mitbringen. Eine ganze Reihe von Partnern ist in diesem Umfeld sehr aktiv.

CW: Allerdings gab es immer wieder Kritik an der Qualität dieser Partner?

BERG: Davon habe ich nichts gehört. Ich habe einige große Projekte persönlich begleitet und war dabei sehr angetan von der Qualität. Außerdem verfügt Microsoft mit seinem Servicebereich auch über eigene Consulting-Ressourcen. Damit können wir unsere Partner unterstützen. In dieser Kombination habe ich bislang nur positive Resonanz gehört. Wir könnten aber stärker wachsen, wenn unsere Partner die notwendigen Fachkräfte bekämen. Das ist aber kein Qualitätsproblem sondern ein Verfügbarkeitsproblem.

CW: Wie beurteilen Sie das Problem mit den fehlenden Fachkräften?

BERG: Das ist ein grundsätzliches Problem. Wir haben in der IT-Branche mittlerweile fast 40.000 offene Stellen in Deutschland zu besetzen. Das bedeutet für uns konkret, dass wir beispielsweise im Mittelstandsegment um etwa fünf Prozent weniger stark wachsen als wir eigentlich könnten. Insbesondere unseren Partnern fehlen einfach die Fachkräfte. Wir haben deshalb ein Programm aufgesetzt, mit dem wir unsere Partner gezielt bei der Suche nach Fachkräften unterstützen unter anderem mit einem eigenen Jobportal. Aber es ist ganz klar: In Deutschland wird das Wachstum durch den Fachkräftemangel gebremst.

CW: Würden Sie Ihren Kindern vor diesem Hintergrund eine Karriere in der IT empfehlen?

BERG: Grundsätzlich muss jeder nach seinen persönlichen Neigungen gehen. Ich würde aber jedem, der einen Neigung und ein Gefühl für Technik hat, dringend empfehlen, in die IT zu gehen. Jede Innovation, die wir heute sehen, stammt im Grunde aus der Software. Es gibt keine Branche, die breiter aufgestellt ist und mehr Möglichkeiten bietet. Der Anteil der IT-Investitionen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt in Deutschland bei 1,8 Prozent. In den USA sind es 3,6 Prozent und in Großbritannien noch höher. Daran sieht man, dass Deutschland in Sachen Investments noch unterrepräsentiert ist. Deshalb steckt auch noch jede Menge Musik im deutschen Markt. (ba)