IT-Kosten

Abspecken bis zum Hungertod?

27.04.2010
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Wer jammert, hat keine Zukunft

Mittlerweile sind viele CIOs bereit, öffentlich über ihre Sparerfolge in den vergangenen Jahren zu sprechen. Das klingt dann häufig so, als habe der Effizienzgewinn nur darauf gewartet, erzielt zu werden. Die Schmerzen, mit denen er erkauft wurde, bleiben das Geheimnis des IT-Chefs und seines Teams.

Werner Scherer, CIO bei Döhler
Werner Scherer, CIO bei Döhler

Warum IT-Verantwortliche darüber auch besser nicht reden, erläutert Werner Scherer, CIO der Döhler Gruppe mit Hauptsitz in Darmstadt: "Selbstverständlich stehen die CIOs unter hohem Druck, aber sie haben inzwischen gelernt, damit umzugehen." Dieser Druck sei inzwischen so etwas wie ein fester Bestandteil des Jobs geworden. "Außerdem kommt man mit Jammern ja nicht weiter", ergänzt Scherer, "ein CIO, der jammert, hat keine Zukunft." Stattdessen sollte der IT-Chef "immer und überall" konstruktive Vorschläge machen, wo und wie IT-Kosten einzusparen wären.

Allerdings muss der IT-Chef auch wissen, wo Sparen zum unannehmbaren Risiko wird. "Ich darf nicht alles akzeptieren, sondern muss Grenzen ziehen und dazu stehen", betont der Döhler-CIO. Als die SAP ihre Wartungsgebühren erhöhte, gab es im Board des Lebensmittelchemie-Produzenten durchaus einige Stimmen, die für einen Verzicht auf die Wartung plädierten. "Da habe ich meinen Kopf auf das Schafott gelegt und gesagt, dass das mit mir nicht machbar sei", berichtet Scherer; "die Verfügbarkeit unternehmenskritischer Systemen ist etwas, wo ich kein Risiko eingehen darf." Wenn es denn sein müsse, mache er lieber Kompromisse bei Projekten.

Wie man sich ein Projektbudget erkauft

Scherer hat hier relativ leicht reden. Der Projektanteil seines Budgets liegt deutlich über dem Anteil für den IT-Betrieb. Das verhält sich in den meisten Unternehmen ganz anders. Nicht nur in den Notfallszenarien sind meist 80 bis 90 Prozent der IT-Ausgaben für den laufenden Betrieb vorgesehen. Ein Verhältnis von eins zu eins ist da bereits eine kleine Sensation. "An der Verteilung hat auch die Krise nichts geändert", sagt Scherer: "Im Prinzip ist sogar der Gesamtbetrag gleich geblieben. Allerdings ist das Unternehmen gewachsen, das heißt, wir müssen mit demselben Budget mehr Leistung erbringen."

Auch in Unternehmen, die der Krise trotzen, sind Mittel für IT-Projekte meist schwer zu bekommen. Scherer hat sie sich erkämpft, indem er den Betrieb extrem standardisierte und automatisierte: "Wir haben fast überall einheitliche Clients durchgesetzt, die wir über Citrix zentral betreiben. Hinzu kommt eine weitgehende Virtualisierung - nicht nur der Desktops, sondern auch der Server und des Speichernetzes." Was er und sein Team im Betrieb sparten, komme dem Innovationsbudget zugute - auch das ist heute keine Selbstverständlichkeit.

So kann der Döhler-CIO dem allgemeinen Sparzwang sogar eine positive Seite abgewinnen: "Er dient mir als Argumentationshilfe, um das berühmte Edelsteinchen in der Schleife abzulehnen. Er hilft uns dabei, uns auf das zu konzentrieren, was das Unternehmen voranbringt." Das Projektportfolio werde streng auf der Basis des Business-Nutzens gewichtet. Und ohne den Nachweis eines konkreten Nutzens werde keine Investition abgesegnet. "Firlefanz"- Projekte ohne unmittelbaren Mehrwert ließen sich mit dem Kostenargument relativ problemlos zurückstellen oder mit der Prioritätsstufe 3 gewichten.