Es muss nicht immer Kündigung sein

Abmahnen - aber richtig

21.04.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

10. Kündigungsverzicht

Entscheidet sich ein Arbeitgeber aufgrund eines Pflichtverstoßes eines Mitarbeiters zum Ausspruch einer Abmahnung, so ist er an diese gebunden. Diese Bindung des Arbeitgebers an die von ihm ausgesprochene Abmahnung bedeutet, dass er nicht mehr allein wegen des von ihm gerügten Verhaltens eine Kündigung aussprechen kann. Er hat vielmehr mit der Abmahnung auf sein Kündigungsrecht verzichtet. Nur die vergebliche Abmahnung kann für eine Kündigung herangezogen werden. Ohne einen weiteren Vertragsverstoß nach erfolgter Abmahnung kann daher nicht verhaltensbedingt gekündigt werden.

11. Kündigungsmöglichkeit

Setzt ein Arbeitnehmer trotz erfolgter Abmahnung sein vertragswidriges Verhalten fort, so darf der Arbeitgeber ihm entweder eine weitere Abmahnung erteilen oder ihn zur Vermeidung einer Kündigung gegebenenfalls im Wege einer Änderungskündigung oder einer Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz umsetzen. Der Arbeitgeber kann aber auch bereits eine außerordentliche oder ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aussprechen, sofern der erneute Verstoß des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten ausreichendes Gewicht hat. Es muss jedenfalls ein gleichartiger Pflichtenverstoß mit gleichem Unrechtsgehalt vorliegen.

Es gibt zwar keine feste Regel, nach der vor einer Kündigung notwendigerweise mehrere Abmahnungen erteilt werden müssten. Es kommt insoweit vielmehr im konkreten Einzelfall auf das Gewicht der Pflichtverletzung und den darin liegenden Unrechtsgehalt an, ob eine weitere Abmahnung ausgesprochen werden sollte. Der Arbeitgeber muss daher eine Interessenabwägung vornehmen. Bei leichteren Pflichtverstößen oder Nebenpflichtverletzungen ist grundsätzlich eine mehrfache Abmahnung angebracht. Dies folgt daraus, dass das gesamte Arbeitsrecht und insbesondere das Kündigungsrecht vom sogenannten Ultima-ratio-Grundsatz beherrscht wird. Danach darf ein Arbeitgeber nur das jeweils mildeste Mittel wählen, um in geeigneter Form auf arbeitsvertragswidriges Fehlverhalten von Arbeitnehmern zu reagieren.

Tipp:

Arbeitgeber sollten vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung immer überprüfen lassen, ob die zuvor ausgesprochenen Abmahnungen einer gerichtlichen Überprüfung standhalten werden (oe).

Kontakt:

Der Autor ist Mitglied des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de). Armin Rudolf, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, c/o Ritter Gent Collegen, Lüerstraße 3, 30175 Hannover, Tel.: 0511 53899921, E-Mail: rudolf@ritter-gent.de, Internet: www.ritter-gent-arbeitsrecht.de