Forrester: "BYOD spart kein Geld"
Anders als in den USA bereite BYOD europäischen Unternehmen viele Kopfschmerzen, schreibt Dransfeld in einer Studie mit dem bezeichnenden Titel "Demystifying BYOD in Europe". "Die schlechte Nachricht ist, dass - anders als gemeinhin angenommen - BYOD-Programme Herausforderungen darstellen und wahrscheinlich kein Geld sparen", so der Analyst weiter. "Die gute Nachricht ist, dass es alternative Optionen für diejenigen gibt, die investieren und Mobility proaktiv vorantreiben wollen."
Durchaus scharfe Worte also, zu denen sich im Lichte eines Beitrags im Forrester-Blog eine Henne-Ei-Frage stellt. Denn Forrester stimmt den Grabgesang auf BYOD an, nachdem offenbar die europäischen Anwender selbst den Sarg gebaut und auch gleich die Erde darauf gekippt haben. "Das Geschäftsklima in Europa begünstigt einen BYOD-Einsatz nicht", so Dransfeld. Die Gründe dafür seien vielfältig: zu befürchtende Kostenexplosionen beim Roaming, Regulierungen im Arbeitsmarkt, Datenschutzgesetze, Steuern, nicht zuletzt Bedenken, den Mitarbeitern die Verantwortung für die Security zu überantworten.
- Die 12 Typen des BYOD-Mitarbeiters
Viele Mitarbeiter nutzen BYOD schon. Dabei haben sich im Alltag einige Typen herauskristallisiert. Wer BYOD voran getrieben hat und wer BYOD ausnutzt, erfahren Sie hier. - 1. Die Millennials
Die Generation Y ist schuld daran, dass BYOD überhaupt gestartet ist. Immer mehr Millennials kommen von der Uni in der Arbeitswelt an. Sie fordern von IT und Management, dass sie ihre eigenen Geräte im Beruf nutzen dürfen - und nicht etwa einen zwei Jahre alten Blackberry. Das wäre nicht mal retro. Die Millennials arbeiten lieber flexibel und zu ungewöhnlichen Zeiten, auch mal am Wochenende. Dafür dürfen sie dann auch während der Arbeitszeit privat surfen. Dass Privates und Berufliches immer mehr miteinander verschmelzen, ist ihnen egal und vielleicht sogar recht. - 2. Die Techies
Techies sind begeistert von BYOD. Noch bevor es BYOD gab, hatten sie immer schon eigene Geräte im Unternehmen am Laufen - nur hatte sich niemand dafür interessiert. Der Techie hat, was BYOD angeht, klare Vorlieben: Android vor Apple. Die Marke mit dem Apfel, mitsamt den iPads und iPhones, ist ihnen zu simpel. Android dagegen bietet den Techies viel mehr Möglichkeiten und hat ein paar nette Apps, die Technikfans lieben, etwa Software, die eine Fernsteuerung ermöglichen und andere IT-Funktionen. - 3. Die CEOs
Die CEOs sind auch in Sachen BYOD die Chefs. Sie wollen ein bestimmtes Gerät nutzen, das die Firmensoftware eigentlich nicht unterstützt? Da sollte sich die IT besser ranhalten. Der Entscheider bestimmt auch bei diesen Geräten, wo es langgeht. Der Geburtsort von BYOD ist obersten Stockwerk des Unternehmens anzusiedeln. - 4. Die Generation X
Nicht jeder Mitarbeiter mag BYOD oder kommt damit zurecht. Trotzdem verdonnern einige Firmen ihre Mitarbeiter dazu. Eine Umfrage von Gartner unter CIOs hat ergeben, dass 2017 die Hälfte aller Arbeitgeber ihre Mitarbeiter dazu zwingen, ihre eigenen Geräte zu nutzen. Sie müssen das teure Smartphone und das kompatible Notebook selbst anschaffen. Wie gut die Generation X damit zurecht kommt, ist vielen Firmen egal. - 5. Die Sales-Mitarbeiter
"Darf ich Ihnen die neue Präsentation auf dem neuen iPad mit Retina-Display zeigen?" Ein Satz, den man von Sales-Mitarbeitern garantiert häufiger hört. Zwar wurden in den Anfangsjahren des Tablet-Hypes die Geräte noch von den Firmen gestellt. Inzwischen erwarten die Unternehmen, dass die Mitarbeiter sich selbst um die Geräteanschaffung kümmern. Die tun das auch prompt. Die Präsentation ist einfach zu schön mit einem Tablet. Der Trend: Sales-Mitarbeiter und BYOD ist bald Selbstverständlichkeit. - 6. Die Stundenarbeiter
In Deutschland das gängige Modell: Die 36-Stunden-Woche. Wer, anders als Führungskräfte, nicht nur nach Leistung, sondern auch auf Zeitbasis bezahlt wird, bekommt meistens kein Gerät von der Firma. Die Stundenarbeiter, die dem deutschen Durchschnittsarbeiter entsprechen, nutzen BYOD mit Begeisterung. Sie genießen damit deutlich mehr Freiheiten. Andererseits: So bekommen sie auf einmal E-Mails nach Feierabend, wenn sie sich schon längst ausgestempelt haben. - 7. Die chronischen Nörgler
"Das ist doch alles Mist, so kann das nicht funktionieren, ich mache da nicht mit." Kennen Sie diesen Satz? Dauernörgler gibt es in jedem Unternehmen. Sie sind mit nichts zufrieden - vor allem nicht mit BYOD. Dabei waren sie eine der treibenden Kräfte hinter dem Ganzen. Unbedingt wollten sie ihre eigenen Geräte nutzen, weil sie nicht ständig zwei Smartphones herum schleppen wollten. Jetzt beschweren sie sich, dass sie Sicherheitsbestimmungen einhalten müssen und auf den Geräten nicht jede Anwendung laufen lassen dürfen, die sie wollen. - 8. Die Sozialen Netzwerker
Wer ständig auf Facebook, Twitter und Co. unterwegs ist, liebt BYOD. Der Typus "Sozialer Netzwerker" ist für Firmen ein großes Problem: Sie fürchten, dass die Produktivität der Mitarbeiter sinkt. Einige Unternehmen verbieten daher die Facebook-App. - 9. Die schwarzen Schafe
In den falschen Händen kann BYOD katastrophal sein. Eines ist sicher: In jeder Firma gibt es Angestellte, die gern woanders arbeiten möchten. Verlassen sie die Firma, nehmen sie gern vertrauliche Daten mit. BYOD erleichtert es ihnen, Informationen zu stehlen, schließlich verschwimmen persönliche und berufliche Informationen auf den Geräten und die Nachverfolgung wird schwieriger. Diese Gefahr war zwar früher nicht kleiner, heute fällt der Informationsklau im Unternehmen aber leichter. - 10. Die Freelancer
Selten stellt den Freelancern die Firma ein Gerät zur Verfügung. Das war vielleicht mal - heute wird erwartet, dass der Freelancer schon alles hat. Die meisten arbeiten lieber mit ihren eigenen Geräten, als sich von anderen etwas aufdrücken zu lassen. Fremdbestimmt arbeiten mag der Freelancer überhaupt nicht. - 11. Die Home Office Mitarbeiter
Wer zum Teil oder ganz von zuhause aus arbeitet, für den ist BYOD ohnehin schon Alltag. Anstatt sich vor das kleine Firmen-Laptop zu quetschen, arbeitet man lieber bequem vorm großen Bildschirm aus. Wenn das Firmentelefon immer auf das Smartphone umgeleitet ist, nimmt man doch lieber gleich das Privathandy. - 12. Die CIOs
Er hat den Überblick über alle Geräte im Unternehmen: der CIO. Zumindest sollte er ihn haben, denn er ist dafür verantwortlich, dass BYOD funktioniert. Er muss sich zunächst um eine Policy kümmern, die eine Balance zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Firma und der Wahrung der Privatsphäre der Mitarbeiter darstellt. Zudem muss der CIO eine schöne neue Welt basteln aus mobiler Device-Management-Software, Sicherheits-Tools, Know-how unterschiedlichster Geräte, Enterprise-App-Stores und sozialen Support-Netzwerken statt der traditionellen Help Desks. Gleichzeitig muss er mit der Personal-, der Rechts- und der Finanzabteilung sowie den Fachbereichen zusammenarbeiten. Viel Glück!
BYOD-Strategien sind die Ausnahme
Dass alles das auch eine strategische Komponente und damit eine Verbindung zum Robert Half-Befund in den USA hat, zeigt folgendes Urteil von Forrester Research: "BYOD passiert in Europa zufällig." Es gebe im Grund lediglich den Druck der Mitarbeiter, die mit ihren eigenen Geräten arbeiten wollten. "Offizielle BYOD-Strategien stellen eher die Ausnahme als die Regel dar", so Dransfeld. Nur 15 Prozent der Unternehmen seien bislang über die Pilotphase hinausgekommen; und nur 9 Prozent bezögen Tablets mit ein.
"In diesem Klima ist es keine Option, nichts zu tun", lautet das Fazit des Analysten. "Es ist zwingend, jetzt eine Entscheidung über BYOD zu fällen und eine Strategie auszurollen." Wer sich gegen BYOD entscheide, habe auch noch andere Möglichkeiten, die Mitarbeiter mit mobilen Endgeräten auszurüsten.
Choose-Your-Own-Device und Horses for Courses
Forrester nennt hier erstens Choose-Your-Own-Device (CYOD): Die Mitarbeitern können Smartphones und Tablets aus einer Shortlist auswählen; das Unternehmen kauft die Geräte ein und sorgt für Support und Management. Die zweite Alternative heißt "Horses for Courses": Die IT-Abteilung entscheidet anhand spezifischer Rollen, welche Geräte mit welchen Workflow-Applikationen ausgestattet werden. Das richtige Pferd also fürs jeweilige Gelände.
Gartner fordert Applikationsstrategie
Gartner stimmt im Übrigen nicht in den Abgesang mit ein. BYOD sei allerdings keine Einkaufsfrage, sondern kreise um die richtige Applikationsstrategie. "BYOD sollte ein Design-Prinzip sein, das ein Unternehmen mit einem Anbieter-neutralen App-Portfolio und einer flexiblen und zukunftssicheren Architektur ausrüstet", sagt Gartner-Analyst Darryl Carlton. "Wenn die Apps technologische Beschränkungen aufweisen, die Auswahl und Einsatz limitieren, dann ist die Einkaufsstrategie bedeutungslos."
"Irreversibler Wandel" durch BYOD
BYOD sei ein Indikator dafür, dass die interne IT für einen Teil der User nicht den passenden Support bereitstelle. Deshalb bedienten diese Nutzer sich anderswo. "Aus CIO-Sicht wäre es ein fataler Irrtum zu glauben, BYOD-Aktivitäten in ihrer Organisation einen temporäres Problem, das von wenigen fehlgeleiteten Mitarbeitern verursacht wird", so Carlton. "Es geht um einen dauerhaften und irreversiblen Wandel der Art und Weise, in der IT für das Unternehmen, die Partner und die Kunden bereitgestellt und implementiert wird."
Nach Ansicht Gartners sollten die Unternehmen Strategien entwickeln, die auf der Annahme basieren, dass BYOD unvermeidlich ist und dass Support auch außerhalb der Firmengrenzen bereitgestellt werden muss. Das bedeute insbesondere, dass so schnell wie möglich offene Standards für alle Lösungen benötigt werden.