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9i versus DB2 - keine leichte Entscheidung

12.09.2001
Ein Blick auf den Fokus der Hersteller bei ihren Highend-Datenbanken gibt eine erste Orientierungshilfe im Entscheidungsprozess.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Den Datenbankmarkt im Highend-Segment teilen sich im Wesentlichen IBM und Oracle, nicht zuletzt aufgrund einer annähernd gleichen Leistungsfähigkeit. Das Testcenter der CW-Schwesterpublikation "Infoworld" hat dennoch versucht, auffällige Stärken von DB2 und Oracle 9i herauszuarbeiten.

Die Auswahl einer für geschäftskritische Applikationen geeigneten Datenbank ist komplexer denn je. Obwohl das Preis-Leistungs-Verhältnis nach wie vor das größte Gewicht im Entscheidungsprozess hat: Die von den Herstellern rund um den Datenpool mitgelieferten Zusatzfunktionen erfordern inzwischen eine Reihe weiter gehender Überlegungen. Es stellen sich beispielsweise Fragen, welche Auswirkungen ein Upgrade mit Cluster-Optionen auf die Applikationsarchitektur hat, welches Training Entwickler durchlaufen müssen, um die Vorteile neuer Integrations-Features nutzen zu können, oder wie veränderte Backup- und Restore-Funktionen die Arbeit einer IT-Mannschaft beeinflussen.

Dies gilt gleichermaßen auch für die marktführenden Produkte Oracle 9i und DB2 7.2, beide als Enterprise Edition verfügbar. Dabei gibt es einige grundlegende Aspekte, die für eine Entscheidung zwischen diesen Plattformen berücksichtigt werden sollten. So kommen die Tester der Infoworld zu dem Ergebnis, dass IBM bei DB2 Aspekte wie Integration und Datenbankzugriff innerhalb einer in Konzernen typischen heterogenen IT-Landschaft fokussiert, während Oracle seine Stärken anhand von Clustertechniken in den Bereichen Skalierbarkeit und Verfügbarkeit ausspielt.

DB2 7.2: einfache Integration

Deutlich hervorgehoben wird in dem kurzen Testbericht die einfache Bedienung von DB2. Ein leicht verständliches Toolset soll den Aufwand für Installation, Upgrade und Migration der Unternehmensdaten reduzieren. Wenig Probleme bereitete die auf Solaris- und Linux-Servern installierte Datenbank etwa bei der Übernahme von SQL-Server-, Oracle- und Sybase-Daten. Die Verbindung mit den Produkten anderer Hersteller wird aufgrund des IBM-Tools "Relational Connect" als reibungslos beschrieben.

Wer mit Data Warehousing liebäugelt, soll bei DB2 ebenfalls ein relativ leichtes Spiel haben. Das laut Tester einfach zu bedienende "Data Warehouse Center" verspreche eine schnelle Definition von Quell- und Zielorten für die Datenübergabe. Hinzu komme eine spezielle Unterstützung für das Laden von Informationen aus SAP R/3 und der SCM-Lösung von i2.

Besonders interessant dürfte Release 7.2 für Entwickler sein, die sich mit dem Aufbau von Webservices beschäftigen. Hier macht sich vor allem IBMs frühzeitige Unterstützung neuer Standards bemerkbar. So können Entwickler das Simlpe Object Access Protocol (Soap) sowohl für den Zugriff auf den XML-Extender von DB2 als auch auf die Stored Procedures der Datenbank nutzen. Außerdem hat IBM eine UDDI-Registry (UDDI = Universal Description, Discovery and Integration) implementiert.

In der Gesamtbetrachtung wird DB2 als solide, einfach zu verwaltende und in die konzernweite IT gut integrierbare Datenbank bezeichnet. Techniken etwa für Data Warehousing oder die auf dem Vormarsch befindlichen Webservices bieten eine Investitionssicherheit auch für neue Applikationen.

Pro und Kontra

Oracle 9i

Pro

Eine aufgrund der Clustertechnik gute Skalierbarkeit von Datenbank-Applikationen, ohne diese eigens dafür modifizieren zu müssen

Nützliche Olap- und Data-Mining-Optionen

Erweiterte Data-Warehouse-Unterstützung

Kontra

Lernaufwand hoch und nicht zu vernachlässigen

Kosten: 40.000 Dollar je Prozessor, die Real-Application-Cluster-Unterstützung schlägt mit 20.000 Dollar pro CPU zu Buche.

IBM DB2 7.2

Pro

Integration mit R/3, i2 und MQ Series

Konnektoren für SQL Server, Sybase und Informix

Unterstützt Linux-Kernel 2.4 und Windows 2000 Datacenter

Support für Soap und UDDI

Kontra

Refresh-Probleme mit Administrations-Tools in Multiprozessor-Umgebungen

Kosten: 20.000 Dollar pro CPU

Oracle 9i: gute Skalierbarkeit

Was die Bedienbarkeit betrifft, kommt die ebenfalls auf Solaris und Linux getestete Datenbank Oracle 9i nicht ganz so gut weg. Da 9i mit mehr als 400 Änderungen beziehungsweise Neuerungen gegenüber dem Vorgängerprodukt aufwartet - darunter der Support für Online Analytical Processing (Olap) und Data Mining -, muss dem Release-Wechsel eine entsprechend lange Umstellungsphase zugestanden werden, sollen Administratoren und Entwickler die zum Teil ausgeklügelten Funktionen voll ausschöpfen.

Besonders angetan waren die Tester vom "Real Application Clustering" der Datenbank. Zwar unterstützte auch schon Version 8i Clustermechanismen, Applikationen mussten jedoch für diesen Fall entsprechend verändert werden. Derlei Modifikationen sind nun nicht mehr nötig, Applikationen können direkt in eine Cluster-Umgebung eingespielt werden.

Wie IBM hat auch Oracle deutliche Fortschritte hinsichtlich der Business-Intelligence-Funktionalität erzielt. So lassen sich über die Option "Oracle Olap", eine Kombination aus Oracles "Express Server" und diversen Datenbankfunktionen, analytische Applikationen aufbauen. Hinzu kommen Features für Data Mining sowie ETL-Tools (ETL = Extraction, Transformation and Loading) - in diesem Bereich liegen die beiden Konkurrenten nach Meinung der Tester gleichauf.

Ähnliches gilt für die Unterstützung von Java und XML. In Verbindung mit Oracles Internet File System (IFS) lassen sich diese Techniken sehr gut zum Aufbau dynamischer Content-Management-Anwendungen einsetzen.

Das Fazit für Oracle: Die zahlreichen neuen Funktionen decken die Belange IT-gestützter Geschäftsprozesse in vielfacher Hinsicht ab und rechtfertigen deshalb die aufgrund der vergleichsweise steilen Lernkurve entstehenden Investitionen. Ein Argument für die Oracle ist auf jeden Fall die Skalierbarkeit.

Partnerstrategie

Das gezielte Eingehen strategischer Allianzen mit unabhängigen Softwarehäusern scheint derzeit IBMs DB2 gegenüber Oracles Datenbankprodukt in eine bessere Position zu bringen. So meldete Big Blue kürzlich, dass im vergangenen Jahr die Partnerschaften mit SAP, J.D. Edwards, Peoplesoft, Baan und Siebel dem Konzern mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz gebracht hätten - das meiste davon auf Kosten von Oracle. Peoplesoft-CEO Graig Conway, im ERP-Geschäft in Konkurrenz mit Oracle, soll geäußert haben, dass der Oracle-Vertrieb Wettbewerber bei Kunden als Idioten bezeichne. Peoplesoft empfehle seinen Anwendern den Umstieg auf DB2 nicht nur, weil es sich um die "bessere Datenbank" handele.