802.11n: Turbo-WLAN mit Tücken

20.08.2007
Von Mathias Hein

Protokoll-Overhead

Der Datendurchsatz in einem Funknetz ist jedoch nicht nur von den physikalischen Funkbedingungen, sondern auch vom Verhältnis zwischen Nutzdaten und Paket-Headern abhängig. Je länger ein Paket ist - also je mehr Nutzdaten es enthält -, desto höher ist der Durchsatz. Der 802.11n-Standard vergrößert die maximale Paketgröße durch Aggregierungstechniken und erreicht so höhere Durchsatzraten als die bisherigen WLAN-Standards. Um davon in der Praxis auch wirklich zu profitieren, muss die Anwendung die entsprechenden Mechanismen unterstützen beziehungsweise mit großen Paketen zurechtkommen.

Backbone-Infrastruktur

Die neue WLAN-Technik mit ihren hohen Durchsatzraten sorgt zudem noch in einem anderen Bereich für Probleme: Das Backbone der WLAN-Infrastruktur muss dieses Datenaufkommen auch verkraften. Während bisher verwendete WLAN-Systeme mit ihren rund 20 Mbit/s Datendurchsatz die vorhandene Kabelinfrastruktur nicht sonderlich belasteten, sieht dies bei 802.11n ganz anders aus. "Hier steigt das Datenaufkommen um den Faktor zehn", rechnet Colubris-Systems-Engineer Walder vor. In der Praxis hat dies unter anderem folgende Konsequenz: Versorgte ein WLAN-Switch bislang beispielsweise 100 klassische Access Points, so reicht seine Leistung in 802.11n-Umgebungen nur noch für zehn Funkknoten. Der Anwender muss also bei seiner Netzplanung ein Kaskadieren beziehungsweise Stacken berücksichtigen. Erschwerend kommt hinzu, dass der mit dem WLAN-Switching propagierte Ansatz einer zentralen Schaltstelle zu einem hohen Verkehrsaufkommen in zentralen Teilen der Infrastruktur führt. Deshalb ist in jüngster Zeit bereits ein Paradigmenwechsel zu beobachten, der weg von einer zentralen Intelligenz hin zu einer verteilten Intelligenz in den Außenbereichen einer WLAN-Infrastruktur führt.

Die höheren Geschwindigkeiten im 802.11n-WLAN bergen noch ein weiteres Problem: Zur Anbindung an das Unternehmens-Backbone reicht in der Regel Fast Ethernet nicht mehr aus – vielmehr ist nun Gigabit Ethernet gefordert. Während die Kabel, vor allem wenn hochwertige Exemplare verlegt wurden, dies noch mitmachen, lauert an einer anderen Stelle eine Kostenfalle: Viele ältere Switches unterstützen über Gigabit Ethernet kein Power over Ethernet (PoE) zur Stromversorgung der Access Points. Der Anwender steht nun vor der Wahl, extra Stromkabel zu den Funkknoten zu verlegen oder aber seine Switches auszutauschen.