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WSJ: Apple will Intel-Prozessoren einsetzen

23.05.2005
Diesmal könnte wirklich was dran sein: Branchen-Insider berichten, Apple wolle zukünftig Prozessoren von Intel verbauen - in welchem Ausmaß ist aber noch unklar...

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Apple habe Verhandlungen geführt, die in bereits Kürze dazu führen könnten, dass der Macintosh-Hersteller in seinen Rechnern Prozessoren des Branchenprimus Intel einsetzt, berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Branchen-Insider. Dergleichen Spekulationen waren in der Vergangenheit allerdings immer wieder durch die Presse gegeistert.

Keiner der beiden Hersteller wollte irgendeine Änderung in den beiderseitigen Geschäftsbeziehungen bestätigen. Unklar ist auch, ob ein Einsatz von Intel-Chips gleichzeitig eine Abkehr vom aktuellen Prozessorlieferanten IBM bedeuten würde, das in seiner Fabrik in East Fishkill die Highend-"G5"-Prozessoren fertigt. Die Verhandlungen mit Intel können wie schon in der Vergangenheit erneut scheitern, heißt es weiter, oder Apple könnte die Gespräche als Druckmittel gegenüber Big Blue initiiert haben.

Apple, das bislang nie über eine Nischenposition im PC-Markt hinausgekommen ist, könnte mit dem Einsatz von Intel-CPUs (die restlichen Komponenten aktueller Macintoshs sind ohnehin längst PC-Standardhardware) jedenfalls sicherstellen, dass seine künftigen Systeme in punkto Preis und Leistung denen von Wettbewerbern wie Dell, Hewlett-Packard oder Fujitsu (Siemens Computers) entsprechen.

Außerdem könnten Macintosh-Nutzer dann von Intel-Entwicklungen wie Strom sparenden Notebook-Prozessoren oder Dual-Core-CPUs profitieren. Theoretisch könnten sie auch Windows auf ihren Macs betreiben (auch wenn unklar ist, ob Apple andere Betriebssysteme als Mac OS X unterstützen würde).

Für Intel würde ein Umstieg von Apple jedenfalls die prestigeträchtige Unterstützung eines der einflussreichsten Trendsetters der Hightech-Branche bedeuten. Speziell seit der Rückkehr von Steve Jobs an die Firmenspitze hat Apple regelmäßig innovative Hardware-Designs abgeliefert und den Markt für digitale Musik neu definiert.

Apple verkauft nur rund drei Millionen Rechner im Jahr - ein Bruchteil der insgesamt zirka 200 Millionen PCs. Auf diesen Macs läuft das Unix-basierende Mac OS X, das der Hersteller unter anderem gern als besonders sicher und virenresistent darstellt (auch wenn manche Experten vermuten, dass dies nur am geringen Marktanteil liegt).

Portierungen des Mac OS auf Intel-Hardware hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Besonders prominent ist das gemeinsam mit Novell durchgeführte "Project Star Trek" aus dem Jahr 1992, das aber ebenso wie andere Experimente niemals kommerzialisiert wurde. "NextStep" allerdings, das Betriebssystem von Steve Jobs Firmen-Zwischenspiel Next Computer (und wichtige Grundlage bei der OS-X-Entwicklung), konnte man auch in einer Intel-Variante kaufen.

Eine der zwei Quellen des "Journal" erklärte, Apple werde sein OS X aber wohl kaum für andere PCs als die hauseigenen vermarkten. Zum einen würde es damit das eigene Hardwaregeschäft gefährden, zum anderen sei Apple nicht an einer direkteren Konkurrenz mit Microsoft interessiert, dessen Anwendungsprogramme - vor allem die "Office"-Suite - auch für den Erfolg des Macintosh wichtig seien.

Für die installierte Apple-Basis würde ein Umstieg auf Intel-Prozessoren allerdings bedeuten, dass Kunden neue Versionen ihrer Applikationen erwerben müssten, die die neue Hardware unterstützen. Für die Softwareanbieter, die mit Mac OS X vertraut seien, wäre eine solche Portierung nach Einschätzung früherer Apple-Ingenieure allerdings technisch nicht sonderlich schwierig.

Laut "Wall Street Journal" könnte Steve Jobs den Schwenk Richtung Intel bereits in Kürze ankündigen, beispielsweise auf der weltweiten Entwicklerkonferenz von Apple am 6. Juni. Eine Sprecherin des Herstellers ordnete einen Wechsel auf Intel-Chips jedoch "in die Kategorie Gerüchte und Spekulationen" ein.

Apple könnte einerseits ankündigen, dass es neben seiner bisherigen Hardware künftig auch Rechner auf Intel-Basis anbietet. Theoretisch denkbar wäre aber auch eine komplette Umstellung der Produktlinien auf Intel-Prozessoren. Für IBMs Halbleitersparte wäre das ein herber Rückschlag, selbst wenn Big Blue zuletzt die Konsolenanbieter Microsoft, Sony und Nintendo für ihre nächsten Gerätegenerationen vom Einsatz der Power-Plattform überzeugen konnte. IBM wollte die Apple-Wechselgerüchte nicht kommentieren.

Steve Jobs wurde in der Vergangenheit bislang nicht müde, die Vorzüge der Power-Architektur gegenüber Intels Plattformen zu preisen. Sein Versprechen von Juni 2003, binnen Jahresfrist einen Power-Mac mit 3 Gigahertz Takt anzubieten, konnte der Apple-Chef allerdings bis zum heutigen Tage nicht einlösen, weil IBM keine entsprechend schnellen G5s aus der Tür bekommt. Und für die "iBooks" und "PowerBooks" verbrauchen die G5-Chips viel zu viel Strom.

Zuletzt war Apples Hardwaregeschäft, getrieben vom Erfolg des portablen Audio-Players "iPod", wieder deutlich gewachsen. Im zuletzt abgeschlossenen Quartal verkaufte Apple 43 Prozent mehr Rechner als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum und wuchs damit vier Mal so schnell wie der Gesamtmarkt. Allerdings liegt der weltweite Marktanteil von Apple im ersten Quartal 2005 immer noch nur bei 2,3 Prozent im Vergleich zu zwei Prozent im vorhergehenden Vierteljahr. Der Löwenanteil des restlichen Markts entfällt auf PCs mit x86-Prozessoren und Windows-Betriebssystem. (tc)