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Adobe kauft Macromedia

18.04.2005
Die Konsolidierung geht weiter: Adobe ("Acrobat") will Macromedia ("Flash") für 3,4 Milliarden Dollar in Aktien schlucken. Gefährlich werden könnte das neuen Powerhouse vor allem Microsoft.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der US-Softwarehersteller Adobe Systems wird seinen Wettbewerber Macromedia übernehmen. Die Anteilseigner von Macromedia erhielten für ihre Papiere Adobe-Aktien im Gesamtwert von 3,4 Milliarden Dollar, teilte das Unternehmen am Montag in San Jose mit. Die Führungen beider Gesellschaften haben bereits eine verbindliche Vereinbarung unterzeichnet. Nach der Transaktion werden die Macromedia-Aktionäre rund 18 Prozent der fusionierten Gesellschaften besitzen. Der Deal soll vorberhaltlich der Zustimmung von Aufsichtsbehörden und Aktionären im Herbst abgeschlossen werden.

Im Rahmen von Adobes Angebot sollen Macromedias Aktionäre für jeden ihrer Anteile 0,69 Adobe-Aktien bekommen. Das entspricht einem Kaufpreis von 41,86 Dollar pro Aktie, mithin ein Premium von 25 Prozent auf Macromedias Nasdaq-Schlusskurs von 33,45 Dollar vom vergangenen Freitag. Dass Adobe in Aktien zahlt, wundert wenig - allein im vergangenen Jahr zog der Kurs des Herstellers um über 50 Prozent an. Im vergangenen Monat wurde ein 52-Wochen-Hoch von 68,95 Dollar erreicht, Ende letzter Woche notierte das Papier bei 60,66 Dollar. Adobe rangiert mit einer Marktkapitalisierung von 14,83 Milliarden Dollar als fünfgrößter unabhängiger Softwarehersteller hinter Microsoft, Oracle, SAP sowie Computer Associates.

Adobe-Chef Bruce Chizen (49) soll auch CEO des fusionierten Unternehmens werden. Chizen hält die Kulturen beider Firmen, deren Produkte vor allem Designer und andere Kreative adressieren, für so ähnlich, dass "wir wahrscheinlich Zwillinge sind, die bei der Geburt getrennt wurden". Für Macromedias Chef Stephen Elop (ebenfalls 49) ist der Posten des President of Worldwide Field Operations vorgesehen.

In den Portfolios beider Anbieter gibt es große Überschneidungen - etwa bei Golive/Dreamweaver oder Illustrator/Freehand. Mit der Acrobat-Produktlinie (und deren Format PDF für plattformunabhängige Dokumente) sowie Flash/Shockwave haben Adobe und Macromedia aber beide Kern-Assets, die am Markt einzigartig dastehen und auch für Microsoft eine ernst zu nehmende Bedrohung darstellen. Sowohl Adobe als auch Macromedia adressieren zudem seit einiger Zeit den Markt auch mit Server-Software und Lösungen für mobile Endgeräte.

Andy Warzecha, Senior Analyst bei der Gartner-Sparte Meta Group, sieht angesichts dessen bereits "eine große Schlacht zwischen Adobe und Microsoft" heraufdräuen. Den anhaltenden Erfolg von PDF hat Microsoft längst als Gefahr erkannt. Das nächste Windows "Longhorn" soll denn auch Funktionen erhalten, mit denen Nutzer Dokumente durchs Firmennetz und Internet bewegen können, um PDF überflüssig zu machen.

Adobe hat unterdessen seine Vertriebsmannschaft verstärkt auf seine Unternehmensprodukte eingeschworen, teils über 50.000 Dollar teure Server, die den Dokumenten-Workflow in Unternehmen steuern können. Im vergangenen Jahr setzte der Anbieter damit "nur" rund 100 Millionen Dollar um; langfristig sollen es deutlich mehr werden. Sein allgegenwärtiger Acrobat/Adobe Reader verschafft Adobe hier einen wichtigen Vorsprung. "Der einzige andere Anbieter mit vergleichbarer Penetration ist Microsoft", befindet Meta-Mann Warzecha.

Macromedia bemüht sich derweil, sein anfänglich nur für Web-Animationen genutztes Flash für komplette Benutzerschnittstellen und vor allem auch für mobilen Content zu positionieren. In Japan beispielsweise verwenden nach Herstellerangaben 60 Prozent der Inhalte-Zulieferer von NTT DoCoMo bereits Flash. "Wir haben uns beide auf Bereiche fokussiert, die Microsoft nicht abdeckt", sagte Adobe-Chef Chizen. Natürlich werde der Redmonder Konzern versuchen, die Fähigkeiten beider Hersteller nachzuahmen. Ihre größere Reichweite ermögliche es Adobe und Macromedia aber "uns selbst zu schützen", so Chizen weiter.

Die Ankündigung setzt die anhaltende Konsolidierung in der Softwarebranche fort und stellt die größte M&A-Transaktion (Mergers&Acquisitions) seit der Übernahme von Veritas durch Symantec im vergangenen Jahr für 13,5 Milliarden Dollar dar. Noch im Jahr 2000 hatten sich Adobe und Macromedia einen erbitterten Rechtsstreit geliefert, der 2001 in einem Vergleich endete.Laut Chizen verhandelten beide Firmen aber schon vor mehreren Jahren erstmals über eine mögliche Fusion. (tc)