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Neues vom Online-Musikmarkt

02.09.2004
MSN Music ist in den USA als Beta am Netz, Apple kontert mit einem Affliliate-Programm für den iTunes Music Store und Napster testet ein unlimitiertes "To-Go"-Abo - der Markt ist mächtig in Bewegung.

Microsoft hat wie erwartet eine Testversion seines Online-Musikdienstes "MSN Music" gestartet - allerdings nur in den USA. Der Service ist wahlweise über einen Web-Browser oder den "Windows Media Player 10" zugänglich, der heute veröffentlicht werden soll. Das endgültige Angebot - geplant für den 12. Oktober - wird laut Microsoft über eine Million Titel von den fünf großen Majors und mehr als 3000 unabhängigen (Independent) Labels umfassen, derzeit sind rund 500.000 Stücke verfügbar. MSN Music liefert übrigens auch Musik von Künstern, die nur komplette Alben online anbieten wollen, etwa Madonna und Metallica oder demnächst Red Hot Chili Peppers und Radiohead, und deswegen in Einzeltitel-orientierten Shop fehlen.

Noch dominiert Apples iTunes Music Store den Markt - Wettbewerber wie Microsoft, Sony und bald auch Yahoo rüsten aber massiv auf.
Noch dominiert Apples iTunes Music Store den Markt - Wettbewerber wie Microsoft, Sony und bald auch Yahoo rüsten aber massiv auf.

Einzelne Songs kosten bei MSN Music 99 Cent. Käufer dürfen sie auf fünf Computern abspielen, als Playlist bis zu sieben Mal auf CD brennen und auf beliebig viele portable Audio-Player transferieren - mehr als 70 Geräte unterstützen laut Microsoft das Windows-Media-Format. Codiert werden die Titel übrigens mit variabler Bitrate von im Schnitt 160 Kbps und damit theoretisch höherwertig als bei Apple, dessen gegenwärtig marktführender "iTunes Music Store" mit 128-Kbps-Encoding arbeitet. Allerdings im AAC-Format (Advanced Audio Codec) aus MPEG-4 - ob der Microsoft-Codec wirklich überlegene Qualität bietet, müssen praktische Tests erweisen (übrigens offeriert Real Networks im RealPlayer Music Store AAC mit 192 Kbps).

Außerhalb der USA kooperiert Microsoft für MSN mit lokalen Partnern - hierzulande wird MSN Music beispielsweise von OD2 aus Großbritannien beschickt. Mit nur 360.000 Titeln, die teilweise auch noch 1,29 Euro kosten (für Prepaid-Kunden gibt es allerdings Rabatte von bis zu 25 Prozent), keine echte Konkurrenz für iTunes, das im deutschen Store bereits 700.000 Titel bietet.

Geld verdienen will Microsoft mit MSN Music zumindest nicht "in nennenswertem Umfang", wie der zuständige Corporate Vice President Yusuf Mehdi gestern unverblümt einräumte. Stattdessen soll das Angebot mehr Surfer auf die MSN-Site locken und so deren Werbeeinnahmen hochtreiben. Überdies soll er Windows-basierende PCs weiterhin attraktiv halten. Auch für Apple ist der iTunes Music Store vor allem Mittel zum Zweck - die Verkäufe des "iPod" zu befeuern nämlich, der exklusiv mit der iTunes-Software verknüpft ist. Neben Apple bietet inzwischen auch HP das Gerät an, für das aus Sicht von Analysten derzeit im WMA-Umfeld noch kein ernsthafter Wettbewerber in Sicht ist.

Apple schläft natürlich angesichts der Bedrohung durch Microsoft (und Yahoo, das demnächst ebenfalls groß ins Geschäft einsteigen will) nicht und hat für den iTunes Music Store ein Affiliate-Programm gestartet. Zunächst nur in den USA können Website-Betreiber auf das Apple-Angebot verlinken - direkt bis auf einzelne Titel - und werden bei daraus resultierenden Verkäufen mit fünf Prozent am Umsatz beteiligt. Auf ähnliche Weise hatte schon Amazon.com seine Web-Präsenz deutlich popularisiert. Darüber hinaus bietet Apple bereits Komfortfunktionen wie Hörbuch-Inhalte, Geschenkgutscheine, Ausgabelimits für Kinder oder RSS-Feeds, die für Microsoft und andere Mitbewerber noch Zukunftsmusik sind.

Apropos Mitbewerber: Roxio, das inzwischen alles auf die Napster-Karte setzt und sogar entsprechend umfirmieren wird (Computerwoche.de berichtete), hat ein neues "Flatrate"-Angebot gestartet. Zunächst im Testbetrieb können Abonnenten gegen Zahlung von 14,95 Dollar im Monat bei "Napster to Go" beliebig viele Titel auf ihre tragbaren Player transferieren. Dabei verwendet Napster ebenfalls das unter dem Codenamen "Janus" bekannte DRM von Microsoft.

Das Marktforschungsinstitut Forrester Research erwartet, dass in Europa der Markt für legale Musikverkäufe über das Netz auf ein Volumen von über 3,5 Milliarden Euro wachsen wird - im Vergleich zu erst rund 60 Millionen Euro in diesem Jahr. Allein 2,2 Milliarden Euro sollen in fünf Jahren in Deutschland, Großbritannien und Frankreich online für Musik bezahlt werden. Derzeit wird der Markt noch von so genannten Early Adoptern bestimmt - 87 Prozent der Europäer interessieren sich noch gar nicht für den Musikkauf digitaler Musik, unabhängig davon ob sie einen Internet-Zugang haben oder nicht.

Diese Nachrichtenfülle eines Tages beweist vor allem, dass der Markt für legale Online-Musikverkäufe noch in den Kinderschuhen steckt und auf absehbare Zeit heiß umkämpft bleiben wird. Ob Apple angesichts der zunehmend schwergewichtigeren Konkurrenz seine Marktführung behalten wird, ist dabei ungewiss. (tc)