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Zunehmendes Wirrwarr bei Open-Source-Lizenzen

05.08.2004

Es wird für Unternehmen und Entwicklern immer schwerer werden, bei der Vielzahl heutiger Open-Source-Lizenzen noch den Überblick zu behalten. Dies zumindest befürchtet Martin Fink, Vice President für das Linux-Geschäft von Hewlett-Packard (HP). "Viele wissen gar nicht, dass es heute schon 52 verschiedene Open-Source-Lizenzen gibt und es wahrscheinlich bis Ende der Woche 55" sein werden, beklagte der Manager auf der diesjährigen Linuxworld in San Franzisko. HP für sein Teil sehe bisher keine Veranlassung, eine eigene Lizenz zu formulieren, sondern setzte auf bereits existierende Vorgaben. Fink rief die anwesenden Entwickler vielmehr auf, mit der Konsolidierung der Lizenzbestimmungen zu beginnen, um dem Wildwuchs Grenzen zu setzen.

Das Problem hat auch die Open Source Initiative (OSI) erkannt, die seit 1998 als Non-Profit-Organisation eine Zertifizierung von Open-Source-Lizenzen vornimmt. Sie soll der Community ein verlässliches Verfahren bieten, um zu wissen, ob ein Stück Software wirklich Open-Source ist, und nimmt für diesen Zweck Anmeldungen von Zertifizierungszeichen ("OSI-zertifiziert") entgegen. Gegenüber Korrespondenten der CW-Schwesterorganisation "IDG News Service" erklärte deren prominienter Vorstand, Eric Raymond, dass sich in der OSI bereits ein radikalen Kurswechsel vollziehe, der auf eine sehr restriktive Vergabe neuer Lizenzen abziele. Laut Raymond werde die Mehrheit der OSI-Lizenzen derzeit für ein sehr kleine Zahl von Lösungen genutzt. "Alle bis auf ein Dutzend von diesen Lizenzen sind unnütz und werden von zeitlich nicht ausgelasteten Rechtsabteilungen in Unternehmen ausgestellt und dann in lediglich einem Projekt genutzt."

Für Messeteilnehmer Chris Hjelm, Chief Technology Officer beim Online-Reiseveranstalter Orbitz, ist die Lizenzvielfalt zunächst einmal ein Problem für Hersteller, die beim Verkauf ihrer kommerzieller Produkte prüfen müssen, ob nicht bestimmte Auflagen missachtet werden. Doch seiner Ansicht nach ist es auch für Anwenderunternehmen wie Orbitz, die diverse quelloffene Produkte einsetzen, eine Belastung. Man führe derzeit ein internes Audit durch, um wieder den Überblick zu bekommen. "Würden sich alle dafür entscheiden, mit dem Lizenzspiel aufzuhören, könnte das Leben für alle ein wenig leichter werden". (as)