Lotus Notes 6.5 und Microsoft Exchange 2003 im Vergleich

08.10.2003
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die beiden Marktführer im Bereich Messaging und Collaboration, IBM und Microsoft, bringen neue Versionen ihrer Systeme "Notes/Domino" und "Exchange" auf den Markt. Neben besserer Bedienbarkeit steht besonders die enge Integration von Instant Messaging im Vordergrund. Die Gates-Company stimmte Exchange zudem auf den Windows Server 2003 ab.

Sowohl Microsoft als auch IBM bezeichnen die bevorstehenden Versionen ihrer Messaging-Systeme als größere Updates. Die Ausgangspositionen der beiden Rivalen für die nächste Runde im Wettstreit um die Marktführerschaft sind aber sehr verschieden.

Bild: Photodisc
Bild: Photodisc

Microsoft brachte mit Exchange 2000 das letzte große Release bereits vor drei Jahren auf den Markt, die IBM gab Notes/Domino 6 erst vor einem Jahr frei. Da es zu den zentralen Konzepten Microsofts gehört, seine Softwareprodukte möglichst eng aufeinander abzustimmen, muss Exchange 2003 gegenüber anderen Angeboten aus dem eigenen Haus Boden gutmachen.

Beim Windows Server 2003 schließt Exchange 2003 eine seit sechs Monaten vorhandene Lücke, weil Exchange 2000 nicht auf dem neuen Windows-Server läuft. Umgekehrt kann aber Exchange 2003 auf Windows 2000 installiert werden. Daneben kommt der Abstimmung des Messaging-Systems auf Office große Bedeutung zu, weil dessen bevorzugter Client "Outlook" als Teil des Büropakets ausgeliefert wird.

Die Angleichung an Windows 2003 beschränkt sich nicht auf bloße Kompatibilität, sondern soll Exchange die fortgeschrittenen Features des neuen Betriebssystems zugänglich machen. Dazu zählen etwa die Möglichkeit, Cluster aus acht Knoten einzurichten, oder die Sicherung von Datenbanken durch "Shadow Copy". Outlook 2003 fällt auf den ersten Blick zwar durch die veränderte Oberfläche auf, trägt aber hinter den Kulissen zu einer besseren Leistungsfähigkeit von Exchange bei. So kann es nach dem Vorbild von Lotus Notes eine lokale Replik der Mail-Datenbank anlegen ("cached mode") und so den Server entlasten. Der flächendeckende Einsatz von Outlook 2003 lässt daher mehr Benutzer pro Exchange-Installation zu als andere Clients. Dieses Feature kommt auch mobilen Anwendern in Form kürzerer Antwortzeiten zugute, wenn sie über Wählverbindungen auf den Server zugreifen. Sie profitieren zudem davon, dass die MAPI-Kommunikation zwischen dem neuen Client und Exchange 2003 nun komprimiert wird.

Umbau auch bei Lotus-Software

Auch bei der IBM geht es darum, das hauseigene Portfolio für Messaging und Collaboration an eine neue Infrastruktur anzupassen. Allerdings steht dort nicht die Harmonisierung mit einem neuen Betriebssystem auf dem Programm, sondern die Migration der bestehenden Funktionalität auf Websphere und DB2. Dieses Vorhaben wurde bereits auf der Lotusphere vor zwei Jahren angekündigt, das neue System firmierte damals unter dem Codenamen "Nextgen". Es wurde vor einiger Zeit offiziell auf "IBM Lotus Workplace" getauft. Mit "Lotus Workplace Messaging" existiert bereits ein erster Baustein für die neue Plattform. Die Verwendung der Workplace-Marke gibt aber keine verlässliche Auskunft darüber, dass ein IBM-Produkt auf dem Websphere/DB2-Gespann beruht. So basiert etwa die von Aptrix zugekaufte Software auf Notes/Domino, hört neuerdings aber trotzdem auf die Bezeichnung "Lotus Workplace Web Content Management".

Im Rahmen der IBM-Strategie repräsentiert Notes/Domino 6.5 eine neue Version eines alten Systems - auch wenn dieses kein offizielles Ablaufdatum hat und auf absehbare Zeit weiterentwickelt werden soll. Ein wesentliches Anliegen der IBM besteht darin, dass sich alt und neu nicht nur ohne größere Probleme parallel betreiben lassen, sondern Benutzer möglichst einfach auf die zukünftige Plattform umsteigen können. Big Blue will daher Notes/Domino und Lotus Workplace stärker aneinander angleichen. Die Company verspricht sich davon erhebliche Einsparungen, weil systemnahe Software nicht doppelt entwickelt werden muss. Das gilt etwa für Datenbanken, Ablaufumgebungen für Java-Servlets oder Portale. Aus diesem Grund sollte ursprünglich in Domino 6.5 die Notes Storage Facility (NSF) als bevorzugter Speichermechanismus der DB2-Datenbank weichen. Erstere wäre dann als Option weiterhin vorhanden, bei der Nutzung von DB2 könnten sich aber Lotus Workplace Messaging und Domino im Parallelbetrieb eine gemeinsame Mail-Datenbank teilen. Dieses Feature wurde indes nicht mehr fertig gestellt und auf Domino 7.0 verschoben.

Bei den unterstützten Betriebssystemen kommt mit dem neuen Release Linux für Mainframes der "Z-Series" hinzu. Der freie Unix-Clone wird aber auch als Client-System bedient - zwar nicht mit einer eigenen Ausprägung von Notes, aber mit "Domino Web Access" (vormals "iNotes"). Dieser Client ohne eigene Benutzeroberfläche greift auf einen Web-Browser zur Darstellung seiner Inhalte zurück. Unter Linux kommt dafür Mozilla 1.3 beziehungsweise der darauf aufbauende "Netscape Navigator 7" zum Zug. Leider berücksichtigt Domino Web Access (DWA) unter Windows weiterhin nur Microsofts "Internet Explorer". Deshalb können sich Anwender, die Windows und Linux einsetzen, auf keinen unternehmensweiten Standard-Browser festlegen, wenn sie Web-Mail auf Basis von Notes nutzen wollen.