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Chaos Computer Club protestiert gegen Softwarepatente

28.08.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ein vom Online-Buchhändler Amazon eingereichtes Patent auf die Funktion "Geschenke verschicken" nimmt der Hamburger Chaos Computer Club (CCC) zum Anlass, gegen die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit von Software zu protestieren, die in Kürze verabschiedet werden soll. Das vom Europäischen Patentamt (EPA) im München unter der Nummer EP0927945 vergebene Patent schützt den Direktversand von Geschenken.

Dabei handele es sich jedoch um eine seit langem bekannte und häufig umgesetzte Geschäftsmethode, heißt es in einem Statement des CCC. Diese auf Computer zu übertragen und in einen Webshop zu integrieren, stelle keinen neuen Beitrag auf dem Gebiet der Technik dar. Das EPA hätte folglich nach Meinung des CCC den Antrag ablehnen müssen. Die Unternehmen Amazon.com Inc. und Amazon.de GmbH fordert der Club auf, den Eintrag freiwillig aus dem Patentregister löschen zu lassen.

Das Beispiel Amazons sei lediglich ein Vorgeschmack auf weitere "Trivialpatente", die nicht der Innovationsförderung und dem Fortschritt dienten, sondern nur dazu da seien, Wettbewerber mit unfairen Mitteln aus dem Markt zu drängen, so der CCC. Darüber hinaus sei die Richtlinie für weniger technisch interessierte Bürger kaum zu verstehen. 30.000 Patente dieser Art seien bereits vergeben, 70 Prozent an amerikanische und japanische Unternehmen, deren Patentabteilungen als Profit-Center organisiert seien, mit dem Geschäftsmodell, Unternehmen zu verklagen und Lizenzgebühren einzutreiben.

Am 1. September wird das Europäische Parlament in erster Lesung den Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission zur Patentierbarkeit so genannter Computer-implementierter Erfindungen behandeln.

"Es kann nicht angehen, dass einfachste Tätigkeiten des menschlichen Lebens unter dem Vorwand des gewerblichen Rechtsschutzes kommerzialisiert werden. Es steht zu hoffen, dass die Volksvertreter im Europäischen Parlament sich wenigstens ein Mindestmaß an gesundem Menschenverstand erhalten haben, um gegen die Patentierbarkeit von Geschäftsmethoden und Software zu stimmen", fasste CCC Sprecher Andy Müller-Maguhn die Kritik an dem vorliegenden Richtlinienentwurf zusammen. (lex)