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SAP kündigt 235 Millionen Euro Quartalsverlust an

12.07.2002
Zum ersten Mal seit ihrem Börsengang muss die SAP im zweiten Quartal 2002 einen Verlust ausweisen. Schuld sind ein deutlicher Umsatzrückgang vor allem im US-Geschäft sowie eine Abschreibung für den Commerce-One-Anteil.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die SAP AG hat gestern die Börse mit ihrem vorläufigen Ergebnis für das zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres geschockt: Vor allem aufgrund der 20-prozentigen Beteiligung an Commerce One wird der Walldorfer Konzern voraussichtlich einen Verlust von 235 Millionen Euro ausweisen; insgesamt belasten Abschreibungen in Höhe von 414 Millionen Euro das Ergebnis (davon 318 Millionen Euro für den Commerce-One-Anteil). Die Partnerschaft mit Commerce One sei von der Wertminderung nicht betroffen und werde als unverändert strategisch betrachtet, betonte SAP.

"Unsere ganze Branche macht schwere Zeiten durch, und SAP macht da keine Ausnahme", erklärte Vorstandssprecher Hasso Plattner.
"Unsere ganze Branche macht schwere Zeiten durch, und SAP macht da keine Ausnahme", erklärte Vorstandssprecher Hasso Plattner.

Auch sonst litt das Geschäft unter der allgemeinen Branchenflaute - der Umsatz soll bei 1,778 Millarden Euro liegen, dies entspricht einer Abschwächung von rund vier Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreswert. Der Softwareumsatz gab demnach im Jahresvergleich um 23 Prozent auf rund 496 Millionen Euro nach. Analog ging das operative Ergebnis um 23 Prozent auf voraussichtlich 326 Millionen Euro zurück.

Regional betrachtet fiel der Umsatzrückgang in Amerika mit zwölf Prozent auf 593 Millionen am stärksten aus. In der Region Asien/Pazifik gaben die Einnahmen um fünf Prozent auf 209 Millionen Euro nach. Einzig im Bereich EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) konnte SAP den Umsatz um ein Prozent auf rund 976 Millionen Euro steigern.

"Das Marktumfeld blieb auch im 2. Quartal für die gesamte Branche wie auch für die SAP schwierig. Trotz eines hohen Engagements unserer Vertriebsorganisation wurden einige Verträge nicht unterzeichnet. Dies gilt insbesondere für Europa und Japan", erklärte Vorstandssprecher Henning Kagermann. "Unsere Kunden und Interessenten investieren unverändert vorsichtig in Software. Investitionen erfolgen eher schrittweise. Dieses Kaufverhalten sehen wir nun als beständiges Merkmal unseres Marktes an und richten unsere gesamte Organisation noch stärker darauf aus."

Entlassung sind zwar nicht geplant, aber über einen Einstellungsstopp und natürliche Fluktuation soll die Mannstärke der verschlechterten Situation angepasst werden. Vorstandssprecher Hasso Plattner kündigte im Rahmen einer Telefonkonferenz außerdem an, SAP werde einige Third-Party-Services einstellen und interne Projekte reorganisieren, um Kosten zu sparen. Er entschuldigte sich für das enttäuschende Ergebnis. "Sie wissen, dass unsere ganze Branche schwere Zeiten durchmacht; und SAP macht da keine Ausnahme", so Plattner.

Angesichts des schwachen zweiten Quartals hat SAP seine Prognose für das Gesamtjahr auf einen Umsatzzuwachs von fünf (realistisch) bis zehn Prozent (falls sich der Markt wider Erwarten erholen sollte) gesenkt. Bis unmittelbar vor der überraschenden Warnung hatte SAP bislang an seiner bisherigen Einschätzung von 15 Prozent Umsatzplus festgehalten - was angesichts des deutlichen Einbruchs schon mehr als verwundert. Immerhin: Die Prognose zur operativen Marge für das Gesamtjahr bleibt unverändert bei wenigstens 21 Prozent.

Die Börse strafte den Walldorfer Konzern gestern nach Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen gnadenlos ab, der Kurs des SAP-Papiers brach zeitweilig um fast 20 Prozent ein. Eine Stunde vor Handelsschluss notierte das Papier, das seit März über die Hälfte seines Wertes verloren hat, bei 74,80 Euro um 14 Prozent niedriger als beim Vortages-Fixing. Das endgültige Quartalsergebnis veröffentlicht SAP am 18. Juli. (tc)