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KPNQwests Ebone endgültig abgeschaltet

03.07.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der bisher noch von Angestellten weiter betriebene IP-Backbone "Ebone", ein Teil des Netzes des bankrotten niederländischen Service-Providers KPNQwest, wird endgültig abgeschaltet. Gestern hatten Treuhänder von KPNQwest eine letzte Offerte eines möglichen Investors abgelehnt, die Ebone-Mitarbeiter zogen daraufhin die Konsequenzen. "Das Netz wird abgeschaltet", erklärte Betriebsingenieur Graham Kinsey. "Es lag kein weiterer Deal auf dem Tisch, wir sehen keinen Grund mehr weiterzumachen."

Zurück bleibt bei Graham und seinen Kollegen ein schaler Beigeschmack. Sie vermuten, dass die Gläubigerbanken von KPNQwest einen Verkauf des Ebone bewusst verhindert haben könnten, um ihre Beteiligungen an anderen Playern auf dem ISP-Markt zu schützen. "Die Banken wollen verhindern, dass ein wunderschönes Vollblutrennpferd in den Markt einsteigt", mutmaßt Gewerkschaftssprecher Hendrik Vermeersch. Die Geldinstitute weisen solche Unterstellungen natürlich weit von sich.

Die Abschaltung des erst im vergangenen Oktober gekauften Ebone mit Sitz im belgischen Hoeilaart hat praktisch keine Auswirkungen auf das restliche Netz von KPNQwest, dass von Den Haag aus verwaltet wird. "Beide Netze können unabhängig voneinander existieren", so Kinsey. Betroffen sind aber auf jeden Fall die KPNQwest-Kunden, die das Ebone-Netz nach der Übernahme weiterhin nutzten. Auch für das gesamte europäische Internet seien Verlangsamungen zu befürchten. Ebone hatte laut KPNQwest zufolge rund 45.000 Kunden.

"Viele Kunden haben bereits gewechselt, aber rund 50 Prozent sind noch angeschlossen, und ein Viertel hängt vollständig vom Ebone ab", so Netz-Manager Kinsey weiter. "Das wird den Internet-Traffic in Europa sicher bremsen. Aber es ist noch nie zuvor ein Netz dieser Größe abgeschaltet worden, so dass wir die tatsächlichen Auswirkungen nicht einschätzen können."

Nach der Ebone-Abschaltung wird es zunehmend wahrscheinlicher, dass KPNQwests 25.000 Kilometer umfassendes Glasfasernetz nur in Teilen unter den Hammer kommt. Ein Angebot für das Gesamtnetz war Ende vergangener Woche abgelehnt worden. KPN und weitere Carrier erhalten den Betrieb des Netzes in Nordwesteuropa, das sie allesamt als Kunden nutzen, vorerst aufrecht. (tc)