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Streit zwischen Mobilcom und France Télécom eskaliert

19.02.2002
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Büdelsdorfer Mobilfunkbetreiber Mobilcom und sein Großaktionär France Télécom sind sich beim Streit über die Höhe der Investitionen für den Aufbau eines UMTS-Netzes in Deutschland kräftig in die Haare geraten. Grund war ein Geschäftsplan von Mobilcom-Chef Gerhard Schmid. Die darin enthaltene Forderung nach weiteren 2,5 Milliarden Euro bis 2005 übersteigt nach Ansicht der Franzosen aufgrund der unklaren Marktsituation deutlich den Bedarf. So sei sowohl mit technischen Verzögerungen wie auch mit regulatorischen Änderungen zu rechnen. France Télécom fordert nun einen neuen Entwurf, der deutlich reduzierte Investitionen vorsieht. Der Konzern hält laut Presseberichten einige hundert Millionen Euro für realistisch. In Mobilcom-Kreisen wird vermutet,

dass der mit 65 Milliarden Euro verschuldete Konzern die Investitionen nicht nur senken, sondern außerdem zeitlich strecken will.

Obwohl Schmid in den nächsten zwei Wochen einen neuen Geschäftsplan vorlegen wird, will der Mobilcom-Chef an den prognostizierten Kosten von 15 Milliarden Euro bis 2005 festhalten. Viel Spielraum bleibt dem Büdersdorfer Unternehmen allerdings nicht. Sollte sich der französische Konzern quer stellen und kein weiteres Geld für den UMTS-Ausbau ausgeben, droht Mobilcom das Aus. Schmid will dagegen keine Einmischung in das operative Geschäft zulassen und pocht auf die Einhaltung des Vertrages.

Der Mobilfunkanbieter hatte France Télécom im Frühjahr 2000 als Investor für den Aufbau seines UMTS-Netzes gewonnen. Der französische Ex-Staatsmonopolist beteiligte sich über seine Mobilfunktochter Orange mit 28,5 Prozent an Mobilcom, um auf diesem Weg in den deutschen Markt einzusteigen. Mobilcom benötigte im Gegenzug frisches Kapital, um bei der UMTS-Lizenzversteigerung und dem Netzaufbau mithalten zu können. In Mobilcom-Kreisen wird nun vermutet, dass France Télécom mit dem öffentlich ausgetragenen Konflikt den Aktienkurs drücken will. Anschließend könnte der TK-Konzern seine Beteiligung vergleichsweise günstig erhöhen (Computerwoche online berichtete). Beim Kauf der Anteile im Frühjahr 2001 hatte France Télécom die Option erworben, ab 2003 die Mehrheit von Mobilcom zu übernehmen. Damals zahlte der

französische TK-Konzern 201 Euro pro Aktie, gestern lag der Kurs bei rund 17 Euro.

Jedoch haben beide Seiten noch Trümpfe in der Hand: Um zu verhindern, dass die Franzosen den gegenwärtig günstigen Aktienkurs nutzen, um die Mehrheit von Mobilcom zu übernehmen, haben Schmids Frau und der US-amerikanische Investor Guy Wyser-Pratte Aktienpakete der Büdelsdorfer gekauft. Schmid selbst hält 42 Prozent an seinem Unternehmen, gemeinsam kommt das Trio auf knapp 49 Prozent. Dennoch hat France Télécom die vertragliche Option, ab November 2003 die Mobilcom-Mehrheit von Schmid zu übernehmen – dann allerdings zu einem wesentlich höheren Preis. Zudem kann Schmid unter gewissen Umständen ein Drittel seiner Anteile an die Franzosen verkaufen. Auch in diesem Fall würde der Preis weit über dem derzeitigen Kursniveau liegen.

Das zerrüttete Verhältnis der beiden Carrier hat inzwischen zu personellen Konsequenzen geführt. Am vergangenen Montag musste Mobilcom-Vorstand Vianney Hennes zurücktreten. Vor seinem Engagement bei den Büdelsdorfern war er für France Télécom tätig. Deswegen sei es zu „Loyalitätskonflikten“ gekommen, ist aus Mobilcom-Kreisen zu hören. Im Gegenzug heißt es aus Paris, der für strategische Planung zuständige Manager sei nicht mehr in die Strategie Mobilcoms eingeweiht worden. (mb)