50 Prozent aller IT-Berater müssen gehen

22.01.2003
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Vorstandsvorsitzende der Münchner Software Design & Management AG (sd&m), Edmund Küpper, sieht die IT-Beraterbranche in einem Bereinigungsprozess von enormen Ausmaß. Im Gespräch mit CW-Redakteur Heinrich Vaske wagt er einen Ausblick.

CW: sd&m hat nach einer Schwächeperiode zu Beginn vergangenen Jahres wieder einen recht guten Auftragsbestand. Was ist Ihr Rezept gegen die andauernde Branchenkrise? KÜPPER: Unser Rezept ist Qualität und Konzentration auf Individualentwicklung im Projektgeschäft. Wir realisieren für unsere Kunden, zum Beispiel die Deutsche Telekom, BMW oder Daimler-Chrysler, geschäftskritische Anwendungen, die ihnen Wettbewerbsvorteile bringen. Grundlage für diese Strategie ist unser hoch qualifiziertes Team. Wir nehmen möglichst keine Quereinsteiger, hauptsächlich Universitätsabgänger mit sehr gutem Examen oder Promotion. Wir entwickeln unser Personal und unsere Führungskräfte im eigenen Unternehmen.

CW: Heißt das, Sie erleben nicht den Preisdruck, dem alle anderen Unternehmen ausgesetzt sind? KÜPPER: Doch, auch wir stehen unter diesem Druck. Viele nicht ausgelastete Wettbewerber drängen derzeit über den Preis in die Märkte, und das tangiert uns selbstverständlich auch. Aber wir haben genug Spielraum, um preislich beweglich zu bleiben.

CW: Rechnen Sie mit einer baldigen Besserung der Marktlage? KÜPPER: Nicht in diesem Jahr. Der Shakeout ist noch nicht zu Ende. Ich rechne damit, dass in unserer Branche bis zu 50 Prozent der Beschäftigten freigesetzt werden.

CW: So viele? KÜPPER: Ja. Die Konsolidierung vollzieht sich schleichend, der Personalabbau findet schon seit über einem Jahr statt, ist anfangs in den Medien aber nicht beachtet worden.

CW: Auch Sie mussten Ende 2001 Stellen streichen. KÜPPER: Wir hatten damals bei unseren IT-Fachleuten oder Softwareingenieuren eine für unsere Verhältnisse schwache Auslastung von unter 80 Prozent. Das führte dazu, dass wir das Jahr 2002 schwieriger erwartet hatten, als es letztlich war. Deshalb haben wir Ende 2001 insgesamt 50 Mitarbeiter entlassen müssen. Mit dieser leicht reduzierten Kapazität sind wir durch das Jahr 2002 gegangen. Das ist auch der Grund dafür, dass Umsatz und Ergebnis 2002 geringfügig unter dem Vorjahresniveau geblieben sind.

CW: Cap Gemini hat mit Ernst & Young auch die Mehrheit an sd&m erworben. Die Franzosen stehen aber derzeit vor allem wegen ihrer wirtschaftlichen Schieflage in den Schlagzeilen. Sind Sie davon betroffen? KÜPPER: Nein. Es gibt eine Vereinbarung, wonach wir unabhängig am Markt auftreten und agieren können. Wir haben zwei Vertriebskanäle: unseren eigenen über sd&m und den gemeinsamen über das Account-Management von Cap Gemini Ernst & Young. Da wir eine erfolgreiche Geschäftseinheit sind, lässt man uns eigenständig operieren.

CW: Sie entwickeln Individualsoftware - müssen Sie da nicht auf der Hut vor Standardsoftware-Herstellern sein, die zunehmend branchespezifische Lösungen anbieten? KÜPPER: Dieser Trend bedrängt unsere Marktposition, bietet uns aber auch zusätzliche Chancen. Softwareunternehmen wie SAP, Oracle und andere haben als Voraussetzung für eine stärkere Branchenorientierung ihre monolithischen Softwaresysteme modularisieren müssen. Die dadurch verfügbaren Komponenten geben Softwarehäusern wie sd&m die Möglichkeit, im Rahmen von Software-Integrationsprojekten individuelle Lösungen zu schaffen, ohne alles vollständig neu entwickeln zu müssen. Um solche Projekte schnell und sicher vorantreiber zu können, bedienen wir uns unserer eigenen Anwendungsarchitektur, die insbesondere komponentenbasierte Softwareentwicklung unterstützt.

CW: Wenn Sie auf Basis vorgefertigter Module und Produkte arbeiten, sind Sie nicht mehr weit vom Produktgeschäft entfernt. Planen Sie den Einstieg? KÜPPER: Definitiv nein. Wir benutzen unsere Anwendungsarchitektur als produktivitäts- und qualitätssteigerndes Werkzeug. Die Konzepte dieser Architektur unterlegen wir allen großen Entwicklungs- und Integrationsprojekten, ohne hierfür Kosten in Rechnung zu stellen.