Unklare Prozesse, Fluktuation oder Defizite

5 Fallen bei der Software-Entwicklung

26.06.2012
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Unklare Prozesse, Fluktuation, Defizite der Mitarbeiter. Der Berater Actinium benennt typische Probleme. CIO Rainer Janßen von der Munich Re fordert ein Umdenken.

Glaubt man dem Lindauer Berater Actinium Consulting, zahlen Unternehmen bei der Anwendungsentwicklung häufig drauf. Unter Praxisbedingungen zeigten sich Probleme, an denen nachgebessert werden müsse. Actinium hat folgende fünf typische Stolpersteine im Entwicklungsprozess identifiziert:

1. Schlechte Software-Verwaltung beziehungsweise Dokumentation: Die Berater plädieren für eine Software-Verwaltung, die nicht nur Abhängigkeiten auf der Source-Ebene darstellt, sondern auch Querbezüge. Die Software-Verwaltung sollte also Abhängigkeiten zwischen Programmen und Skripten analysieren. Sie müsse außerdem durchgängig in den gesamten Entwicklungsprozess integriert sein.

2. Unklare Prozesse in der Software-Entwicklung: Wenn Abläufe intransparent sind, verunsichert das die Entwickler, erhöht den Kommunikationsbedarf und produziert Fehler. Das geht zulasten der Effizienz. Außerdem kann es spätere manuelle Korrekturen nach sich ziehen.

3. Programmierstandards werden nicht genau beachtet: Üblicherweise sind Programmierstandards in internen Handbüchern hinterlegt. Nach Beobachtung von Actinium werden diese in der Praxis allerdings "selten in die Hand genommen". Folge: Jeder Entwickler interpretiert die Standards auf seine Weise - wodurch erhebliche Diskrepanzen in der Anwendung entstehen können.

4. Personelle Fluktuation während der Entwicklung: Verlassen Mitarbeiter während der Entwicklung das Unternehmen, verliert der CIO auch deren Know-how und ihre spezifische Erfahrung mit der Applikation. Nicht immer gelingt es Unternehmen, das Wissen scheidender Mitarbeiter auf neue Kollegen zu transferieren.

5. Fachliche Defizite der Mitarbeiter beziehungsweise unterschiedliches fachliches Niveau: Das Beste für komplexe Software-Projekte sind Entwickler mit ähnlichem fachlichen Niveau. Das sei in der Praxis jedoch nur selten der Fall, so Actinium. Weit öfter seien fachliche Defizite einzelner Mitarbeiter festzustellen.

Mit einem Herumdoktorn an solchen Einzelsymptomen dürfte sich Rainer Janßen nicht zufrieden geben. Der CIO der Munich Re hatte sich das Thema Anwendungsentwicklung im Februar auf den Hamburger IT-Strategietagen vorgenommen. Sein Appell: CIOs sollten die Anwendungsentwicklung nach dem Prinzip von Produktionsstraßen aufbauen.

Janßen fordert Service-Orientierung

Munich-Re-CIO Rainer Janßen auf den Hamburger IT-Strategietagen 2012
Munich-Re-CIO Rainer Janßen auf den Hamburger IT-Strategietagen 2012
Foto: Joachim Wendler

Janßen hält ein Umdenken für nötig. Er möchte Anwendungsentwicklung unter dem Stichwort Service-Orientierung diskutieren. Der gesamte Prozess müsse von Entwickeln bis Testen in Blöcke zerschnitten werden. Konkret: Bei der Munich Re gibt es nur noch zwei "Produktionsstraßen". Janßen sagte auf der Veranstaltung des CIO-Magazins in Hamburg: "Wir können applikationsübergreifend sourcen. Die verwendeten Entwicklerwerkzeuge und Techniken sind über alle Applikationen gleich."

CIOs müssten verstehen, dass in der Anwendungsentwicklung rollenbasiert gearbeitet wird. Ein Entwickler sei ein anderer Mensch als ein Tester, so Janßen: "Der Entwickler will kreativ etwas schaffen, der Tester muss jemand sein, der Freude daran hat, etwas kaputt zu machen".

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.de. (mhr)