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3GSM: Microsoft macht massiv mobil

19.02.2002
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Auf der Mobilfunkfachmesse 3GSM in Cannes holt Microsoft zum drahtlosen Doppelschlag aus: Der Redmonder Konzern präsentiert seine "Pocket PC 2002 Phone Edition" und das Handy-Betriebssystem "Windows-Powered Smartphone 2002", das bereits seit geraumer Zeit unter dem Codenamen "Stinger" bekannt ist. Geräte mit der neuen Software sollen in den USA und Europa ab Mitte dieses Jahres zu haben sein.

Die Pocket PC Phone Edition erweitert die bekannten PDAs mit Microsoft-Betriebssystem um Telefoniefunktionen; Stinger ist demgegenüber deutlich abgespeckt und ermöglicht im Wesentlichen intelligente Mobiltelefone mit Handheld-Erweiterungen wie Adressbuch und Kalender. "Die Smartphones werden in Europa unter den Marken von Orange, Vodafone, T-Mobile und Telefónica angeboten. In der gegenwärtigen Testphase erweisen sie sich auch im unteren Marktsegment als starke Produkte", hofft Magnus Ahlberg, Mobile Marketing Manager EMEA,.

Zu den ersten telefonierenden Pocket PCs zählen nach Angaben von Ahlberg der "Jornada 928 Wireless Digital Assistant" (pikanterweise mit J2ME = Java 2 Micro Edition vom Microsoft-Erzrivalen Sun Microsystems) von Hewlett-Packard und mmO2s "XDA". Der HP-Handheld arbeitet mit GSM und GPRS (Class B/Multislot Class 8) auf den Frequenzen 900 und 1800 Megahertz und besitzt ein zweites Display für den GSM-Status, 32 MB Flash-ROM und 64 MB RAM, USB- und Infrarot-Schnittstellen sowie zwei Browser (Pocket IE und WAP 1.2.1). Er wird ebenso wie der XDA von High Tech Computer (HTC) in Taiwan gefertigt, wo auch Compaqs "iPaq" vom Band läuft.

Im Kampf gegen Palm, Handspring, Nokia & Co. setzt Microsoft aus Sicht von IDC-Analyst Paolo Pescatore nicht zuletzt auf die Macht der Gewohnheit. Wer Microsofts Betriebssystem bereits auf dem PC nutze, sei sicher auch geneigt dieses auf einem PDA oder Handy zu verwenden. "Der Wireless-Markt wird wesentlich davon bestimmt, wie viele Services Sie ihren Kunden anbieten können, und Microsoft verfügt bereits über eine ganze Reihe attraktiver Dienste", glaubt der Experte außerdem. Ahlberg gibt in diesem Zusammenhang an, es würden bereits mehr als 10.000 registrierte "MS-Mobility"-Anwendungen für Wireless Pocket PC entwickelt.

Passend zu seinen "tragbaren" Betriebssystemen präsentiert Microsoft in Cannes auch gleich noch Betaversionen der entsprechenden Software-Entwicklungskits und seinen neuen "Mobile Information Server 2002", der den drahtlosen Datenabgleich für die Endgeräte ermöglicht.

Wintel auch im Mobilfunkbereich

Bei Pocket PC 2002 Phone Edition und Windows-Powered Smartphone 2002 lässt es Microsoft aber nicht bewenden: Gemeinsam mit Langzeitpartner Intel, aber auch zusammen mit Texas Instruments (TI) will der Konzern jeweils Referenz-Designs für künftige Handys entwerfen und anschließend an interessierte Endgerätehersteller lizenzieren.

Die Kooperation mit Intel setzt auf der "PCA"-Technik des Halbleiterriesen auf, die wiederum das ARM-basierte "XScale"-Design (Computerwoche online berichtete) als Herzstück verwendet. Entsprechende Blueprints sollen noch in diesem Jahr fertig werden. Bei der Entwicklung mit TI ist man bereits einen Schritt weiter: Der taiwanische Hersteller Compal stellt in Cannes bereits ein Mobiltelefon vor, das Microsofts Betriebssystem und TIs ebenfalls ARM-basierten "OMAP"-Chip (Open Multimedia Application Platform) verwendet. Der TI-Chip steckt übrigens auch im Jornada WDA 928 (s.o.) und in künftigen PDAs von Palm (Computerwoche online berichtete).

Mit seinen Referenzdesigns konkurrieren Microsoft und Partner vor allem gegen den finnischen Mobilfunkgiganten Nokia und dessen Betriebssystempartner Symbian. Ben Waldman, Vice President von Microsofts Mobility Division, will mit den Entwürfen die Industrie "entmystifizieren und demokratisieren" und mehr Herstellern den Weg in den Markt ermöglichen. "Wir wollen einen von ihnen zum nächsten Nokia machen", kündigte der Microsoft-Mann an.

Adnan Ahmad, Analyst bei Merill Lynch, sieht angesichts dessen bereits einen "battle royale" zwischen Microsoft und Nokia heraufdräuen. Der Experte erwartet, dass die Gates-Company zwar im Unternehmensumfeld signifikante Marktanteile erobert, Nokia aber auch zukünftig den Konsumentenmarkt beherrscht. Jorma Ollila, Chef des finnischen Marktführers, wähnt sein Unternehmen weiterhin im Vorteil: Um erfolgreich zu sein, müsse ein Hersteller nicht nur die Komplexität eines Handys verstehen und beherrschen, sondern auch drahtlose Netze und die verbindende Software zum Endgerät verstehen. (tc)