E-Health von IBM

3D-Avatar visualisiert den Patienten

12.03.2009
Von pte pte
Ärzte am dänischen Thy-Mors-Krankenhaus haben erstmals ein System getestet, das ihnen einen schnelleren Überblick über den Gesundheitszustand von Patienten verspricht.

Dazu werden die Daten in elektronischen Patientenakten (EPAs) mittels Software aus dem IBM Forschungslabor Zürich mit einem anatomischen 3D-Avatar verknüpft. "Mit dieser Technologie habe ich alle wichtigen Informationen auf einen Blick", sagt Hardy Christoffersen, Chefarzt der chirurgischen Ambulanz und Projektleiter des Forschungspiloten am Thy-Mors -Krankenhaus. Möglich wird das System durch Fortschritte im E-Health-Bereich einerseits, aber auch durch bessere Hardware. "Grafikkarten werden besser und billiger, sodass ein vollständiges Modell der menschlichen Anatomie auf normalen Laptops dargestellt werden kann", erklärt André Elisseeff, Gründer des IBM Business Partners Nhumi Technologies, gegenüber pressetext.

Die Software mit Forschungsnamen ASME ("Anatomic Symbolic Mapper Engine") verknüpft elektronische Gesundheitsdaten mit einem dreidimensionalen anatomischen Modell des menschlichen Körpers, das diverse Details angefangen beim Skelett über Blutbahnen bis hin zu genau wiedergegebenen Organen umfasst. Diese Visualisierung bietet Ärzten einen schnellen Überblick, um beispielsweise frühere Behandlungen einfach zu lokalisieren. Entsprechende Körperstellen werden dazu im 3D-Modell geeignet markiert, und mit einem Mausklick auf die Stelle werden sämtliche relevanten Einträge angezeigt.

Auch nicht direkt auf die aktuelle Behandlung bezogene, aber dafür doch relevante medizinische Informationen wurden im Rahmen des dänischen Pilotprojekts leichter erkennbar gemacht. Zum Brückenschlag zwischen grafischen Konzepten und unstrukturierten Textdaten wird dabei auf die systematisierte Nomenklatur der Medizin (SNOMED) gesetzt. "Die Technologie hilft unseren Ärzten effizienter zu arbeiten. Das verbessert die Patientenversorgung", gibt sich Krankenhausdirektor Kurt Nielsen zufrieden.

Neueste Technologie

Noch vor zwei Jahren wäre ein derartiges medizinisches Informationssystem nicht realisierbar gewesen, da die zugrunde liegenden Technologien nicht ausgereift waren, so Eliseeff. "3D-Grafikkarten wären zu teuer oder nicht leistungsfähig genug gewesen, um das System auf einem einfachen Laptop zu betreiben", meint er. Auch sei das erforderliche computerisierte medizinische Wissen für die Verknüpfung von Anatomie und Patientenakten unvollständig und nicht ausreichend in verschiedenen Sprachen wie Dänisch lokalisiert gewesen. Außerdem kämen erst jetzt wirklich sinnvolle Umsetzungen von EPA-Systemen auf. Nhumi Technologies wird nun die weitere Entwicklung der Technologie zu innovativen Lösungen und Produkten übernehmen und gemeinsam mit IBM die Kommerzialisierung der Technologie vorantreiben.

Ein Hindernis für eine breite, effiziente Nutzung des Systems könnte zunächst noch die Fragmentierung der E-Health-Systeme sein. "Jedes Hospital behauptet letztendlich zurecht, eine EPA zu haben", meint Peter Christen, IBM Industrieleiter Healthcare CEE, im Gespräch mit pressetext. Allerdings gibt es verschiedene Standards zur computerisierten Beschreibung medizinischer Begriffe, von denen der im Pilot genutzte SNOMED nur einer ist. "Es kostet uns aus IT-Sicht wenig Aufwand, Daten nach anderen Standards darzustellen", betont Christen. Damit mittels einer EPA ein effizienter Datenaustausch zwischen verschiedenen medizinischen Einrichtungen erfolgen kann, ist aber jedenfalls eine entsprechende Einigung auf Standards nötig.

Dänemark hat in diesem Bereich mit einem funktionierenden nationalen Standard eine gewisse Vorreiterrolle. Allerdings werde eine Überarbeitung des dortigen E-Health-Systems erforderlich sein, um entsprechend internationalen Standards an einem von der EU für 2013 angestrebten länderübergreifenden E-Gesundheitswesen teilzunehmen, so Christen. In der DACH-Region laufen derzeit Standardisierungs-Bemühungen im E-Health-Bereich, die nationale Eigenheiten im Gesundheitswesen berücksichtigen, aber letztendlich für ein internationales System von Vorteil sein sollten. (pte)