Erfolgsfaktor Kommunikation

Wie HR Mitarbeiter findet und bindet

20.07.2019
Von 
Andreas Nau ist strategischer Geschäftsführer der Easysoft Gmbh, einem IT-Dienstleister, der Personalentwicklungs- und Seminarorganisationssoftware entwickelt. Er ist Autor des Buches "Wertvoll in die Zukunft. Revolutionen beginnen im Kopf: Was mich und mein Unternehmen veränderte".
Wer sich mit HR-Trends befasst, wird unweigerlich mit der Digitalisierung konfrontiert. Doch gerade weil vieles im Personalwesen mittlerweile so flexibel und schnell geschieht, kommt es entscheidend auf die persönliche Bindung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern an.
  • Für Führungskräfte und Angestellte spielt der Faktor Sympathie eine große Rolle.
  • Unternehmen, die in Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren, erzeugen mehr Bindungskraft.
  • HR muss sowohl die Ausbildungsverwaltung als auch Personalentwicklung digitalisieren.

Die zwischenmenschliche Kommunikation und Bindung droht, im Zuge der digitalen Transformation auf der Strecke zu bleiben. Doch gerade diese Faktoren sollten von Unternehmen sowie der Abteilung Human Resources (HR) nicht vernachlässigt werden. Dabei muss nicht nur der Dialog unter den Beschäftigten, sondern ganz speziell auch der zwischen Managern und ihren Mitarbeitern forciert und kontinuierlich am Laufen gehalten werden. Folgende Tipps könnten in diesem Prozess hilfreich sein:

Personalabteilungen und Management sollten einen guten Kommunikationsstil im Unternehmen pflegen, um damit die Mitarbeiterbindung zu forcieren.
Personalabteilungen und Management sollten einen guten Kommunikationsstil im Unternehmen pflegen, um damit die Mitarbeiterbindung zu forcieren.
Foto: ImageFlow - shutterstock.com

Persönliche Bindung

Laut einer Stepstone-Umfrage wollen 90 Prozent der 17.000 Befragten mit Menschen zusammenarbeiten, die ihnen sympathisch sind. Genauso viele Führungskräfte wollen authentisch bleiben, sich also nicht verstellen, eine Rolle spielen und sich hinter einer Maske verstecken. Doch wie kann das funktionieren?

Nehmen wir ein mittelständisches Unternehmen mit 100 Mitarbeitern, das auf mehrere Standorte verteilt ist, als Anschauungsbeispiel: Die enge Bindung zu anderen Mitarbeitern und ans Unternehmen kann die Geschäftsleitung zum Beispiel sichern, indem sich das gesamte Team zweimal im Jahr trifft, Video- statt Telefonkonferenzen organisiert werden, ein mehrtägiger Betriebsausflug veranstaltet wird und sich das Unternehmen für ein soziales Projekt engagiert. Das sind alles geeignete Möglichkeiten, den "ganzen Menschen" und nicht nur seine Funktion im Unternehmen näher kennenzulernen.

Entscheidend sind aber nicht die Gelegenheiten, sondern die grundlegende Haltung. Das Unternehmen sollte von einer sinnvollen Vision getragen sein und das Handeln auf Werten beruhen, die etwa durch Erfolgsmeldungen wachgehalten werden.

Auch solche Unternehmen werden Mitarbeiter verlieren, die anderswo ein höheres Gehalt verdienen oder aus familiären Gründen in eine andere Gegend ziehen. Aber es wird sich eine Mannschaft entwickeln, die sich gegenseitig unterstützt. So wie sich das 75 Prozent der von Stepstone befragten Führungskräfte wünschen.

Lebenslanges Lernen

Im Bewerbungsprozess wird fachliches Know-how gerne vorausgesetzt, entscheidend seien persönliche Kompetenzen. Aber das fachliche Wissen ändert sich durch die zunehmende Geschwindigkeit im Arbeitsalltag sowie durch die Digitalisierung. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern ermöglichen, sich regelmäßig und gezielt fortzubilden.

Das liegt im ureigensten Interesse eines jeden Betriebs. Wer das finanziert, betreibt gleichzeitig Mitarbeiterbindung. Denn das Thema Bildung hat bei den Beschäftigten einen sehr großen Stellenwert. Laut einer Bitkom-Studie vom Ende letzten Jahres halten zwei Drittel Weiterbildung für sehr wichtig,ein weiteres Viertel für eher wichtig.

Digitale Bildung

Es wird immer wieder erforderlich sein, dass Mitarbeiter mehrtägige Weiterbildungen besuchen. Präsenzseminare sind unerlässlich, wenn neue Mitarbeiter sich etwa in die IT-Systeme des Unternehmens einarbeiten müssen oder neue Tools eingeführt werden. Aber auch der Umgang mit Mitarbeitern ist für Führungskräfte nicht allein durch das Lesen von Büchern oder YouTube-Videos zu trainieren.

Trotzdem nimmt Bildung am Laptop oder Smartphone zu, weil das Lernen zeitlich und örtlich flexibler gestaltet werden kann - oft als Blended Learning in einer Kombination von Lernstoffen im stillen Kämmerlein und in einem Seminar. Und insbesondere in der IT-Welt findet man schnell Antworten in Foren, Blogs oder YouTube-Videos, wenn man im Arbeitsalltag über kleine Schwierigkeiten stolpert oder abends noch rhetorische Tipps für die wichtige Präsentation am kommenden Tag sucht. Nach einer Viertelstunde Recherche ist eine Lösung gefunden - sogenanntes Micro-Learning. Das kommt vor allem bei den Jüngeren sehr gut an, denn die Hälfte der unter 35-Jährigen lernt gerne über Apps.

HR digitalisieren

Mitarbeitergewinnung ist eine Kernaufgabe in einem umkämpften Bewerbermarkt. Auszubildende oder Fachkräfte zu gewinnen, wird in den meisten Branchen immer problematischer. Dann auch noch die Engagierten und Fähigsten herauszufiltern, ist eine diffizile Aufgabe. Selbst kleine Mittelständler nutzen zunehmend professionelle Bewerbersoftware, um auf den interessantesten Plattformen und Foren gezielt Mitarbeiter zu finden. Dazu gehören ebenfalls eine schnelle Bearbeitung und Beantwortung der Bewerbungen, die zunehmend digital über die Homepage oder per E-Mail die HR-Abteilung erreichen.

Wird ein neuer Arbeitsvertrag unterschrieben, ist es wichtig, Azubis systematisch auszubilden oder Fachkräfte gezielt weiterzuentwickeln. Sowohl Ausbildungsverwaltung wie Personalentwicklung lassen sich digital gestalten, so dass einerseits die HR den Überblick über sämtliche Mitarbeiter behält und andererseits die Auszubildenden und Mitarbeiter sich systematisch und zuverlässig begleitet fühlen.

Veränderte Arbeitsformen

In die komplexe und dynamische Arbeitswelt halten offenere und verantwortungsvolle Arbeitsformen Einzug - ganz gleich, ob sie als demokratisch, selbstorganisiert oder agil tituliert werden. Was in der Theorie so verlockend für Mitarbeiter klingt, ist in der Praxis nicht so leicht umzusetzen. Das Personal muss sich nicht nur mit den oft sehr regelhaften Strukturen auseinandersetzen, sondern die eigenen Sozialkompetenzen erheblich weiterentwickeln, etwa weil kein Chef Streitigkeiten schlichtet, sondern dies im hierarchielosen Team gelingen muss.

Hinzu kommt, dass die Führungskräfte ihre klassische Anweisungs- und Kontrollfunktion aufgeben müssen und zu Coaches und Dienstleistern ihrer Mitarbeiter werden. Zum Beispiel, indem sie ihnen zur Problemlösung die besten Arbeitsbedingungen schaffen. Die Mitarbeiter- wie Führungskräfteentwicklung hin zu noch flacheren Arbeitsstrukturen zu führen, birgt erhebliches Weiterbildungspotenzial, das unter anderem ein begleitetes und intensives Training-on-the-Job beinhaltet.