Industrie 4.0

Was steckt hinter den Buzzwords Low-Code und Rapid Application Development?

13.12.2017
Von 


Christopher C. Bouveret ist Chief Innovation Officer bei der iTiZZiMO AG. Als Spezialist für interaktive Technologien, Wearable Computing und Augmented Reality besitzt er langjährige Erfahrung im Einsatz von innovativen Technologien und der Entwicklung sowie Integration digitaler Lösungen im B2B Bereich. In seiner Funktion als CIO bei iTiZZiMO ist er zuständig für die Entwicklung innovativer Business Anwendungen mit mobilen Endgeräten. Er verhilft Unternehmen wie Airbus oder Daimler dazu, digitale Transformation in den Unternehmensprozessen voranzutreiben.
Immer wieder stoßen wir auf Begrifflichkeiten wie beispielsweise "Low-Code Platforms", "Mobile Application Development Platforms", "Rapid App Development", "Rapid Application Development" und viele mehr. Doch was steckt dahinter?

Was bedeutet Low-Code überhaupt?

Low-Code an sich bedeutet zunächst einmal “wenig Code” bzw. “wenig Programmieren”. Gemeint ist dabei eigentlich immer ein Stück Software – welches sonst aufwändig programmiert werden musste – in irgendeiner Art und Weise zu vereinfachen. Das kann zum Beispiel bedeuten, Funktionen konfigurierbar zu machen, also durch eine grafische Benutzeroberfläche (GUI).

Das Ziel von Low Code ist es, den Programmieraufwand bei Anwendungen zu reduzieren.
Das Ziel von Low Code ist es, den Programmieraufwand bei Anwendungen zu reduzieren.
Foto: Sentavio - shutterstock.com

Blickt man auf Google Trends so lässt sich sofort erkennen, dass der Begriff in Deutschland kaum verwendet wird. In Amerika sieht die Sache schon wieder anders aus. Die schlechte Bekanntheit lässt sich vielleicht auch darauf zurückführen, dass der Begriff erst 2014 vom Branchenanalysten „Forrester Research“ für diese spezielle Art der Anwendungsentwicklung vergeben wurde.

Best Practice: WordPress

Um den Begriff Low-Code noch etwas griffiger zu gestalten, schauen wir uns den Sachverhalt an einem Beispiel an. WordPress ist das wohl beliebteste Content-Management-System für Websites: es unterstützt über 70 Prozent der Top-1-Million Webseiten im Web. Mit WordPress hat man eine (relativ) einfache Möglichkeit, sich selbst eine Website zu erstellen, inklusive aller wichtigen Funktionen wie die Erstellung eines Blogs oder das Hinzufügen von Bildern oder das Verändern des Erscheinungsbildes der eigenen Website.

WordPress ist bereits im Jahr 2003 erschienen und hat durch den Open-Source-Ansatz ein riesiges Ökosystem aufgebaut. So ist es heutzutage immer einfacher für Anwender, verschiedenste Medien auf der eigenen Website einzubauen, wunderschöne, vorgefertigte Designs zu erwerben oder spezielle Funktionen durch Plugins einzubinden. Bereitgestellt werden diese Erweiterungen durch Entwickler, die damit ihr tägliches Brot verdienen können, statt durch die indviduelle Entwicklung von Webseiten. Dafür haben sich wiederum eine Vielzahl von Freelancern auf dem freien Markt gefunden, die teilweise ohne oder mit wenig Programmierkenntnissen die Wünsche des Anwenders erfüllen.

Zusammengefasst bietet WordPress also ein System, das einerseits Anwendern die Konfiguration von Websites ermöglicht und auf der anderen Seite Entwicklern den Freiraum zur Programmierung spezieller Features bietet. Das ist eines der Grundprinzipien von Low-Code.

Woher kommt die Low-Code Bewegung?

Wie angesprochen, strebt man mit dem Low-Code Ansatz danach, die Bedienung von einem komplexen System zu vereinfachen. Im Beispiel WordPress ist das die Erstellung von Websites und die Marschrichtung vom Entwickler zum Anwender bzw. Power-User. Aber eigentlich hat die Low-Code-Bewegung schon viel früher angefangen. Mit sogenannten 4GL begann der Trend bereits in den 1980er Jahren.

4GL sind “Fourth-Generation-Languages”, ein Begriff aus der Softwareentwicklung. Er beschreibt Programmiersprachen, welche auf einem höheren Abstraktionslevel als die der dritten, zweiten und ersten Generation sind. Während 1GL die Maschinensprache ist, also am nähesten “an-der-Hardware-dran”, ist 4GL bereits weit weg davon. Vereinfacht lassen sich die Generationen folgendermaßen ausdrücken:

  • 1GL: Maschinensprache

  • 2GL: Assemblersprache

  • 3GL: Prozedurale Programmierung

  • 4GL: Deklarative Programmierung

  • 5GL: Künstliche Intelligenz

Die Assemblersprache (2GL) ist ebenfalls als hardwarenah zu bezeichnen. Der Quelltext, auch Assemblercode genannt, wird durch den sogenannten Assembler direkt in ausführbare Maschinensprache (1GL) umgewandelt.

Und auch in den nachfolgenden Generationen ging es eigentlich immer darum, eine Sprache in die nächst Niedere zu übersetzen. Die gängigste Generation ist auch heute noch 3GL: die prozedurale Sprache. Selbst wenn man kein Programmierer ist, hat man meistens schon einmal von den Sprachen wie C oder C# gehört, vielleicht sogar schon einmal mit objektorientierten Sprachen wie C++, Java oder JavaScript gearbeitet.

Was macht nun 4GL anders als 3GL? Während 3GL vor allem die Einführung von standardisierten Kontrollstrukturen geprägt hat, haben Programmierumgebungen der vierten Generation das Ziel, möglichst schnell und mit möglichst wenig Codezeilen für einen bestimmten Anwendungsfall Funktionen oder aber auch komplette Anwendungen bereitstellen zu können.

Das klingt erst einmal spannend, ist aber insgesamt ein schwammiger Begriff und wurde in den 1980er Jahren vor allem für Marketingzwecke eingesetzt. Später wurde das Gebiet etwas eingegrenzt, um zum Beispiel auf Skriptsprachen eines geschlossenen Systems zu verweisen.

Wie man es auch nimmt, haben solch moderne Entwicklungsumgebungen immer die folgenden Ziele:

  • einfachere, anwenderorientierte Darstellung und Unterstützung des Entwicklungsprozesses

  • bessere Wartbarkeit und Erweiterbarkeit durch den Anwender

  • und die sich daraus ergebende kürzere und kostengünstigere Entwicklung

Dann bleibt noch 5GL übrig. Darauf wollen wir in diesem Beitrag nicht näher eingehen. Man stelle sich einfach 4GL im Quadrat vor, und man kommt bei 5GL heraus. Es wird nur noch schwammiger. Aber es hat was mit künstlicher Intelligenz zu tun.