Attacke gegen AWS

Oracle kündigt autonome Datenbank an

04.10.2017
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Das kommende Datenbank-Release 18c soll mit Hilfe von KI und Machine Learning weitgehend autonom funktionieren, verspricht Oracle-Gründer Larry Ellison und greift den Cloud-Konkurrenten AWS an. Dessen Produkte seien langsamer und teurer.

Larry Ellison hat zum Auftakt der Kundenkonferenz OpenWorld in San Francisco eine neue Datenbankversion angekündigt. Der Oracle-Gründer und Chief Technology Officer (CTO) beschrieb die "Oracle Autonomous Database Cloud", die auf der neuen Oracle-Datenbankversion Oracle 18c basiert, als ein voll automatisiertes Datenbank-System - nach Ellisons Worten das erste seiner Art. Mit Hilfe von Machine-Learning-Funktionen und Künstlicher Intelligenz (KI) soll die Software weitgehend autonom funktionieren. Die Oracle Autonomous Database Cloud soll noch im Kalenderjahr 2017 verfügbar sein - zunächst für Data Warehouse Workloads. Weitere Versionen für klassisches OLTP in der Cloud sowie on premise sollen bis Mitte 2018 folgen.

Wir tun alles, was wir können, um menschliche Eingriffe so weit wie möglich zu verhindern, beschrieb Oracle-Gründer Larry Ellison die Maßgabe für die kommende Datenbankversion 18c.
Wir tun alles, was wir können, um menschliche Eingriffe so weit wie möglich zu verhindern, beschrieb Oracle-Gründer Larry Ellison die Maßgabe für die kommende Datenbankversion 18c.
Foto: Oracle

"Wir tun alles, was wir können, um menschliche Eingriffe so weit wie möglich zu verhindern", sagte Ellison zum Auftakt der OpenWorld. Mit Hilfe von mehr Automatisierung ließen sich menschliche Fehler besser reduzieren, lautet das Fazit des Oracle-Gründers. Das betrifft in erster Linie die Administration der Datenbank. Dem Hersteller zufolge sei die Oracle-Datenbank in der Lage, sich selbst laufend zu aktualisieren, Kapazitäten nach Bedarf anzupassen sowie Fehler zu erkennen und zu beheben. Damit werde menschliches Eingreifen zur Verwaltung der Datenbank obsolet, was Fehler vermeide und außerdem Arbeitskosten reduziere, hieß es. "Das ist das Wichtigste, was wir seit langer Zeit gemacht haben", konstatierte Ellison. "Wir können auf dieser Grundlage eine Verfügbarkeit von 99,995 Prozent und einen geplanten oder ungeplanten Systemausfall von weniger als 30 Minuten pro Jahr garantieren."

Ellison attackiert Amazon Web Services (AWS)

Ellison verglich diesen Wert mit der Verfügbarkeit von Amazons Datenbankservice Redshift und betonte dabei die bessere Verfügbarkeit der eigenen Datenbank. Auch sonst ließ der Oracle-Gründer kein gutes Haar an den Produkten des Konkurrenten. Oracle-Systeme liefen deutlich schneller und seien dabei auch noch günstiger. Außerdem funktionierten AWS-Datenbanken alles andere als elastisch. Redshift lasse sich nicht automatisch mit zusätzlichen Compute-Ressourcen erweitern, um rechenintensivere Workloads zu bewältigen, behauptete Ellison. Dazu müssten Anwender die Datenbank erst herunterfahren, eine neue Instanz starten und dann dort die Datenbank wieder hochfahren.

Der Manager versprach interessierten Kunden zudem, jeder Workload in der neuen Oracle-Datenbank sei mindestens um die Hälfte günstiger als in Redshift von AWS. "Das garantieren wir", versprach der 73-Jährige, und kündigte an, diese Zusage auch schriftlich in den entsprechenden Verträgen fixieren zu wollen.

Larry ist eben Larry

Amazon-Vertreter wiesen Ellisons Kritik zurück und bezeichneten die Aussagen als "Blödsinn". Kunden könnten jederzeit ihre Rechenkapazitäten erhöhen, das funktioniere unabhängig vom Speicher, versicherten AWS-Sprecher. Die Schlüsse, die der Oracle-Gründer ziehe, seien also faktisch nicht korrekt. Die meisten Leute wüssten, dass sich dies genauso anhöre, wie sich Larry eben immer anhöre. "Keine Fakten, wilde Behauptungen und jede Menge Getöse."

Die Angriffe Ellisons gegen AWS sind auch ein Beleg dafür, wie dünnhäutig und nervös das Oracle-Management geworden ist. Bereits auf der OpenWorld 2016 hatte der Oracle-Gründer zu einem Rundumschlag gegen den Cloud-Konkurrenten ausgeholt. Als langsam, veraltet und proprietär beschimpfte der Oracle-Gründer die Datenbankofferte von AWS im September vergangenen Jahres.

Experten zufolge bekommt Oracle zunehmend Gegenwind im weltweiten Datenbankmarkt. 2015 verlor der langjährige Branchenprimus in Gartners Magic Quadrant die Pole-Position an den Erzrivalen Microsoft. AWS positionierte sich auf Anhieb in Lauerstellung auf Platz drei. Zu den weiteren Verfolgern gehörten SAP und IBM. An dieser Konstellation hat sich bis heute nicht viel geändert.

Datenbank-Konkurrenz aus der Cloud wird immer stärker

Dazu kommt die wachsende Konkurrenz aus der Cloud, die dem Führungszirkel Oracles zunehmend Kopfzerbrechen bereitet. Oracle selbst war vergleichsweise spät ins Cloud-Business gestartet, das vor einigen Jahren der damalige CEO Ellison noch als Modeerscheinung lächerlich gemacht hatte. Heute versucht der Softwarekonzern Boden gutzumachen und bemüht sich, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die eigenen Cloud-Ambitionen zu betonen.

Doch die Cloud-Konkurrenz im Datenbankgeschäft wird immer schärfer. Neben etablierten Softwareherstellern wie Microsoft, die ihre Systeme zunehmend aus der Cloud heraus anbieten, forcieren Cloud-Spezialisten wie Google und AWS ihre Entwicklungsanstrengungen und treiben den einstigen Marktführer vor sich her. Erst im Frühjahr 2017 hatte AWS Chief Architect Glenn Gore auf dem Entwickler-Summit in Berlin umfangreiche Investitionen in die eigene Infrastruktur und neue Services angekündigt. Eine wichtige Rolle spielt dabei der AWS-eigene Datenbank-Service Aurora. Gore kündigte einenäher an PostgreSQL angelehnte Version von Aurora an. Damit offeriere AWS auch Oracle-Anwendern eine Cloud-Alternative, da PostgreSQL durchaus Ähnlichkeiten mit Oracle-Datenbanken aufweise, hieß es.