Analyse

Der Kurs von Apple-Chef Tim Cook zahlt sich aus

28.01.2015
Nach dem Tod des legendären Firmen-Gründers Steve Jobs im Oktober 2011 sahen etliche Beobachter Apple auf dem absteigenden Ast. Doch Jobs-Nachfolger Tim Cook führte den Konzern zu einem neuen Weltrekord. Noch nie hat ein Unternehmen so viel verdient wie Apple.

Es ist der Moment des großen Triumphs für Apple-Chef Tim Cook. Der historische Quartalsgewinn von 18 Milliarden Dollar bestätigt, dass Apple in einer eigenen Liga spielt. Der neue Weltrekord in der Wirtschaftsgeschichte nimmt den vielen Skeptikern auf einen Schlag den Wind aus den Segeln. Noch vor einigen Monaten überboten sich etliche Beobachter in düsteren Untergangsszenarien.

Der Konzern habe ohne seinen 2011 verstorbenen Gründer Steve Jobs die Innovationskraft verloren, hieß es. Das iPhone sei zu teuer, daher hätten Googles Betriebssystem Android sowie Samsung und die günstigen chinesischen Hersteller den Kampf um den Smartphone-Markt schon gewonnen. Die "Buzzfeed"-Schlagzeile "Apple is doomed" (Apple ist zum Scheitern verurteilt) entwickelte sich zum geflügelten Wort, das in sozialen Netzwerken wie Twitter inzwischen als Internet-Phänomen ein ironisches Eigenleben führt.

Rückblickend war es die größte Leistung von Cook, in diesem Gegenwind konsequent seine Linie zu halten. Apple wolle die besten, nicht die meisten Geräte verkaufen, erklärte er vor einem Jahr den Analysten, denen die Zahlen des Weihnachtsgeschäfts 2013 nicht gut genug vorkamen. Und nein, Preisabschläge stünden nicht zur Debatte. Er glaube, dass selbst die Kunden in Schwellen- und Entwicklungsländern, die zunächst einmal günstige Geräte kauften, mit der Zeit zum iPhone finden würden, erläuterte Cook seine Strategie. Forderungen nach einem Billig-iPhone wies er zurück. Auf keinen Fall wolle man auf der Jagd nach Marktanteilen die Strahlkraft der Marke verwässern.

Mit dem Verkaufstart des größeren iPhone 6 sollte Cook überraschend schnell recht behalten. Die 74,5 Millionen iPhones wurden bei weitem nicht nur in den klassischen reichen Märkten wie USA und Westeuropa abgesetzt. In Brasilien, Russland, Indien und China verdoppelten sich die iPhone-Verkäufe nahezu. Vor allem erstaunlich ist der erdrutschartige Erfolg im hart umkämpften chinesischen Markt: Dort gelang es Apple laut Berechnungen der Analysefirma Canalys, nicht nur Samsung, sondern auch alle günstigen chinesischen Rivalen wie Xiaomi, Lenovo oder Huawei hinter sich zu lassen. Und das bevorstehende chinesische Neujahresfest könnte die Verkäufe weiter antreiben.

Die Quartalszahlen haben Dimensionen angenommen, die schwer zu fassen sind. Allein das iPhone-Geschäft war mit 51,2 Milliarden Dollar fast doppelt so groß wie der gesamte Umsatz beim einstigen Erzrivalen Microsoft. Pro Sekunde verdiente Apple rund 2264 Dollar. "Apple hat nahezu ein Monopol auf die profitabelsten Kunden", bemerkte Branchenexperte Ben Bajarin von der Analysefirma Creative Strategies. Das ohnehin gigantische Vermögen des Konzerns stieg auf beispiellose 178 Milliarden Dollar an, obwohl Apple inzwischen kräftig Geld an Aktionäre ausschüttet. Allein in den vergangenen zwölf Monaten flossen an sie 57 Milliarden Dollar. Zum Erfolgskonzept von Cook gehört auch, dass er im Gegensatz zu seinem Vorgänger Jobs den Forderungen der Investoren nach einer Dividende zumindest zum Teil nachgegeben hat.

Cook und sein Team können sich aber nicht auf dem Erfolg des fantastischen Quartals ausruhen. Dem iPhone endlich einen größeren Bildschirm zu verpassen, war ein Trumpf, den Apple nur einmal ausspielen konnte. Wie nachhaltig ist dieser Boom also? Cook zeigte sich "unglaublich optimistisch". Erst etwas mehr als 15 Prozent der bisherigen iPhone-Nutzer seien auf das iPhone 6 umgestiegen, sagte er in der Telefon-Konferenz nach Zahlenvorlage. Der Anteil der Neukunden und der Umsteiger vom Android-System sei am höchsten in drei iPhone-Generationen gewesen. Und Cook beunruhigt es scheinbar auch nicht, dass der Tablet-Computer iPad nach einem fulminanten Start nun eine Verschnaufpause eingelegt hat.

Zudem schlägt Apple im April ein neues Kapitel mit dem Start seiner ersten Computeruhr auf. Cook nannte den Monat nebenbei in der Telefonkonferenz. Es ist eine große Wette: Apple will den Computer am Handgelenk etablieren, viele Experten bezweifeln jedoch grundsätzlich, dass eine Computeruhr ähnlich nützlich sein kann wie ein Smartphone. Außerdem gibt es Zweifel an der Batterielaufzeit. "Ich nutze sie jeden Tag, ich liebe sie und kann mir kein Leben ohne sie vorstellen", rührte Cook schon mal die Werbetrommel. Und schlielich war auch das iPhone beim Start 2007 als verspieltes Luxusgerät belächelt worden - etwa vom damaligen Microsoft-Boss Steve Ballmer.

Mit Apple Pay hat das Unternehmen noch ein weiteres Ass im Ärmel. Das digitale Bezahlsystem wurde erst im vergangenen Oktober in den USA eingeführt. Nach Angaben von Firmenchef Cook werden schon jetzt zwei von drei Dollar, die über kontaktlose Bezahlsysteme ausgegeben werden, über Apple Pay abgewickelt. Inzwischen unterstützen 750 Banken und Finanzinstitute das System. Cook ist sich sicher: "2015 wird das Jahr von Apple Pay". Und vielleicht überrascht der Konzernchef die Apple-Kunden auch noch mit einer Neu-Auflage des legendären Spruchs "Just one more thing", mit dem Steve Jobs die Präsentationen großer Produktinnovationen einzuleiten pflegte. (dpa/tc)