1984: Mehr Stellen für Höherqualifizierte

1985: Ein Jahr für Ein- und Aufsteiger

04.01.1985

MÜNCHEN (lo) - Produktionsbelebung lautet ein Stichwort zum vergangenen Jahr. Positive Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt waren vor allem in der Elektronikbranche sichtbar. Die Prognose: Das DV-Wachstum 1984 gilt auch für das Jahr nach Big George.

Als beachtlich bezeichnet das Institut der deutschen Wirtschaft in Hamburg den Beschäftigungsverlauf innerhalb der Investitionsgüterindustrie. Die Allgemeine Datenverarbeitende Industrie (ADV) etwa verbuchte bereits seit Beginn des Jahres "Arbeitsplatzaufbau", die Elektrotechnik ab Jahresmitte. Deutlich nach oben - mit dem Wind der anhaltenden Konjunkturbelebung im Rücken

- ging es auf dem Arbeitsmarkt für Fach- und Führungskräfte. "Rekordzuwachs für Produktion und Forschung", ermittelte die SCS Personalberatung, Hamburg, und beziffert für den Aufwärtstrend im dritten Quartal gute 45 Prozent Plus (Übersicht 1).

Die Kienbaum Unternehmensgruppe in Düsseldorf meldet dazu: Bei den Branchen dominieren die Elektrotechnik/Elektronik und die Computerindustrie.

Führungsstärke und Risikobereitschaft zählen

Starke Nachfrage herrsche nach erprobten und erfolgreichen Geschäftsführern, die Unternehmen aus kritischen Situationen herausführen können. Hochkarätige Vertriebs- und Marketingmanager sowie Entwicklungs- und Konjunkturingenieure, die selbständig führen und durch Innovationen die Marktposition ihres Unternehmens sichern

könnten, würden von der Wirtschaft geradezu hofiert.

Ebenfalls besondere Aufmerksamkeit hatten Projektingenieure in der Automatisierungstechnik erlangt - gewünscht sind neben Fachwissen in neuer Fertigungstechnik auch Beratungs- und Gestaltungsfähigkeit. Sie hätten Chancen als gleichberechtigte Geschäftspartner für die Unternehmensleitung.

Rotes Licht gibt Düsseldorf den Personalleitern und -referenten. Das Überangebot gebe nur jenen Erfolgsaussichten, die personalwirtschaftliche Instrumente gestalterisch einsetzen könnten.

Steigenden Bedarf an Marketingfachleuten sowie Vertriebsleitern stellt die Unternehmensberatung Mülder & Partner, Frankfurt, fest. Die Nachfrage käme "aus dem klassischen Computersektor von Herstellern kleiner bis mittlerer Systeme".

Speziell für die Topmanager konnte wiederum Kienbaum einige aktuelle Anforderungen fixieren. Als wichtigste Qualifikation gilt Führungsstärke. Mitarbeiter motivieren, Außenseiter integrieren und selbst Vorbild sein zählt dazu. Zweites wesentliches Merkmal von Spitzenkräften ist das unternehmerische Profil: Entscheidungsfreude, Risikobereitschaft, aber auch - nach unternehmerischem Zuschnitt - volle Bereitschaft zur Konsequenz. Durchsetzungsvermögen als drittes Kriterium bedeutet sowohl eigene Ideen bei anderen Entscheidungsträgern durchsetzen zu können als auch bei Alternativen zum Konsens zu kommen.

Vor traditionellen Anforderungen wie Selbständigkeit, Wirtschaftlichkeit, Beharrlichkeit und Intelligenz liegen in der Skala Kreativität und Zielstrebigkeit.

Für die Spitzenleute machten die Düsseldorfer Berater einen Zuwachs bei den Gehältern um vier Prozent fest - für 1985 wird ebenfalls diese Größe gesehen. An Bedeutung gewinnen sollen zusätzlich variable Leistungsanreizsysteme für das Management und seine Mitarbeiter.

Auch Branchen neben der Computer- und Elektrotechnischen Industrie umwarben Spezialisten im DV-Bereich, Informatiker und Ingenieure. Wie aus einem SCS-Ergebnis hervorgeht, lag die Zuwachsrate der Stellenangebote aus der Computerindustrie bereits in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres um knapp 90 Prozent höher als in der entsprechenden Vorjahresperiode. Dabei schlug die Nachfrage nach Ingenieuren mit einem Plus von 166 Prozent am kräftigsten zu Buche. Sie machte mit etwa 30 Prozent vom Gesamtangebot der Computerhersteller den Löwenanteil aus. Gesucht waren in erster Linie Elektro- und Nachrichtentechnik - sowie Wirtschaftsingenieure.

Vom Gesamtvolumen der Stellenangebote im dritten Quartal 1984 blieb der Wert von 30 Prozent für Ingenieure konstant. 14 Prozent der Positionsangebote waren an Betriebswirte und fünf Prozent generell an DV-Spezialisten gerichtet. Als Berufsgruppe mit ungewöhnlich hoher Zuwachsrate erwiesen sich die Informatiker. Für sie erschienen um 141 Prozent mehr Angebote als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres.

Die Zahl der Ausschreibungen im Org./DV-Bereich lagen fast doppelt so hoch als im Vorjahr. Besonders Produktion und Fertigung nahmen um etwa 80 Prozent, Forschungs- und Entwicklungsaufgaben um fast 70 Prozent zu.

Kräftig zugelegt, so SCS, habe im dritten Quartal 1984 bei der Nachfrage nach Führungskräften und Spezialisten der Apparate- und Maschinenbau. Hier konnte ein Plus von 70 Prozent verbucht werden.

Einen überproportionalen Anstieg an Personalsuchaufträgen verzeichnete auch die Personal & Managementberatung Wolfram Hatesaul GmbH, Bonn, in der EDV-, Technik-, Forschungs- und Entwicklungsbranche. Zugleich verzeichnete das Beratungsunternehmen ein erhebliches Interesse an Trainingsmaßnahmen, besonders für firmenspezifische Ausrichtung und Qualität.

Bei Herstellern sowie Anwendern zeigt sich eine deutliche Entwicklung zu höherqualifizierten Mitarbeitern. So wachsen etwa die Berufschancen von umfassend und spezialisierter ausgebildeten Programmierern - wie die System - oder Organisationsprogrammierer - ständig. Zurück fällt dagegen der reine Anwendungsprogrammierer (Übersicht 2).

In der beruflichen Ausbildung gilt auch für das Jahr 1985 die Forderung, mehr als nur Trivial-EDV zu vermitteln. Besonders werden bei Ausbildungsberufen die Sparten neben der Elektronik angesprochen wie der Automobilbau oder der kaufmännische Bereich.

Flexibles Wissen gibt Sicherheit

Qualifikationen müssen flexibel sein und einsetzbar auch in fremden Berufszweigen. Diesem Faktor messen Arbeitsmarktanalytiker einen besonders hohen Wert zu. So ergäbe sich eine Sicherung bei dem vielleicht notwendigen Wechsel.

Bei dem immer kürzeren Weg des "Return on Investments" neuer technischer Entwicklungen seien zudem weniger rein theoretische Kenntnisse des Spezialisten, etwa des theoretischen Informatikers, gefragt. Der Anwender mit seinen Problemen weist in Richtung strategisches Technikmanagement. Fachübergreifende und -integrierende Qualifikationen gelten dafür als die Voraussetzung, die die Herstellerseite artikuliert. Das Denken über mehrere Anwendungsfelder und Produktgenerationen erlangt wie nie zuvor an Bedeutung für den Techniker ebenso wie für den Kaufmann, um nicht später auf dem Markt Schiffbruch zu erleiden.