Piraterie-Klage

143.000 Dollar Strafe pro Song

04.12.2008
Von pte pte
Die Musikindustrie scheut das Filesharing wie der Teufel das Weihwasser. In den USA ist nun wieder eine neue Millionenklage anhängig - wegen sieben Liedern.

In den USA sorgt derzeit eine neue Millionen-Klage der Musikindustrie gegen einen Internet-Filesharer für Aufregung. Wie die Zeitung "Boston Globe" berichtet, wird der 24-jährige Student Joel Tenenbaum von der Recording Industry Association of America (RIAA) auf Schadensersatz in der Höhe von einer Million Dollar verklagt (rund 791.000 Euro), weil er 2004 über die Filsharing-Plattform Kazaa mindestens sieben Songs heruntergeladen und 816 Titel zum Download angeboten haben soll. Der Student hat dies vor Gericht zwar bereits gestanden, ein außergerichtlicher Vergleich mit den Klägern scheiterte aber an der geforderten Summe von 12.000 Dollar, die Tenenbaum als zu hoch empfand. Nun beruft sich die RIAA auf den sogenannten "Digital Theft Deterrence and Copyright Damages Improvement Act" aus dem Jahr 1999. Demnach kann, falls dem Angeklagten nachgewiesen werden kann, dass die Urheberrechtsverletzungen absichtsvoll begangen worden sind, pro Werk ein Schadensersatz von bis zu 150.000 Dollar verlangt werden.

"Filesharing ist inzwischen Teil der gesellschaftlichen Realität geworden. Man kann gesellschaftliche Realität nicht bekämpfen, das würde nicht funktionieren", kommentiert Julian Finn, Pressesprecher der Kulturflatrate-Plattform Fairsharing, im Gespräch mit pressetext das aktuelle US-Gerichtsverfahren. Anstatt dies endlich zu akzeptieren, versuche die Musikindustrie immer noch das Filesharing auf allen möglichen Pfaden zu verhindern. "Bestes Beispiel für diese Strategie ist das enorm starke Lobbying der Industrie in Brüssel. Es zeigt ganz deutlich, wie die Industrie immer noch an allen Ecken und Enden daran arbeitet, um die Gesetze für Urheberrechtsverstöße im Internet weiter zu verschärfen", merkt Finn an. Wozu das führen könne, zeige der Fall Frankreich, wo die Regierung künftig gemeinsam mit Internetprovidern und der Musik- und Filmindustrie mithilfe von Internetsperren gegen illegales Filesharing vorgehen will.

Kein schlechter Preis: 1 Million Dollar für sieben Songs.
Kein schlechter Preis: 1 Million Dollar für sieben Songs.
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"Es gibt aber auch andere Tendenzen innerhalb der Musikindustrie, die erkannt haben, dass die Urheberrechtskämpfe im Internet nicht zu gewinnen sind", betont Finn. Generell finde das Umdenken aber nur sehr langsam statt. Laut Bericht hat die RIAA in den USA in den vergangenen Jahren an die 30.000 Briefe an US-Haushalte verschickt, in denen einzelne Bürger oder ganze Familien mit dem Vorwurf des illegalen Filesharings konfrontiert wurden. Darin bieten die Industrievertreter üblicherweise an, gegen die Bezahlung einer Geldstrafe zwischen 3.000 und 5.000 Dollar von einer gerichtlichen Klage abzusehen. "Ich halte dieses Vorgehen der Musikindustrie für nicht richtig. Da von diesem Geld wohl auch kein Cent an die Künstler geht, drängt sich mir der Verdacht auf, dass hier einfach ein zusätzlicher Umsatzkanal erschlossen werden soll", meint Finn.

Um vor Gericht besser gegen die Übermacht der Industrie bestehen zu können, erhält Tenenbaum Unterstützung von dem renommierten US-Juristen Charles Nesson. Dieser argumentiert, dass die rechtliche Grundlage, auf die sich die RIAA in diesem Fall bezieht, verfassungswidrig sei. Die RIAA nutze das Gesetz, um als zivile Behörde Strafverfolgung zu betreiben, kritisiert Nesson. Dieses Privileg sei aber ausschließlich staatlichen Einrichtungen vorbehalten. "Auch in Deutschland bekomme ich oft Anrufe von Betroffenen. Dabei kann ich jedem nur raten, sich einen guten Anwalt zu besorgen", so Finn abschließend. (pte)