Serviceleistungen werden selten bewertet

18.09.2002
Die systematische Bewertung von IT-Dienstleistungen findet kaum statt. Während sich im Hard- und Softwarebereich Vergleichstests etabliert haben und Kunden bei der Kaufentscheidung unterstützen, werden Leistungen im Servicebereich nur selten planmäßig analysiert.

Einen Versuch, die qualitative Beurteilung von Serviceleistungen durch Kunden zu sammeln und allgemein zugänglich zu machen, hat das Unternehmen Synerg-E Consult Hamburg mit der Web-Seite www.benchpark.de gestartet. Hier können Kunden von Web-Agenturen Bewertungen anhand von Merkmalen wie Kreativität, Beratungskompetenz, Projekt-Management, technisches Know-how sowie Preis-Leistungsverhältnis abgeben. Noten darf nur derjenige registrierte Benutzer abgeben, der nachweisbar mit dem zu bewertenden Unternehmen in Geschäftsverbindung steht oder stand. Die Einschätzungen sind zeitlich gewichtet. Jüngere Urteile wirken sich stärker auf die Endbenotung aus.

Online-Ranking nur bedingt hilfreich

Was als gute Idee gelten mag, ist in der Praxis nur bedingt hilfreich. Viele Web-Agenturen wurden nur einmal bewertet, so dass sich kein Trend erkennen lässt. Kommentare der Teilnehmer, mit denen sie ihre Benotung begründen, gibt es selten. So fischt der Besucher im Trüben und kann sich nicht wirklich ein Bild von der Leistungsfähigkeit der Agenturen machen. Immerhin ist der auf 24 Stunden begrenzte Zugang zu www.benchpark.de kostenlos. Sechs Monate kostenfrei darf zugreifen, wer eine Bewertung abgibt. Alle anderen müssen zahlen.

Zurzeit bauen die Betreiber dieses Modell aus. Künftig finden sich dort auch Beurteilungen von CRM-Lösungsanbietern und Betreibern von Redaktionssystemen. Mit Informationen aus mehr als 5000 Projekten in der Datenbank wartet der Anbieter Quantimetrics auf. Sein Ziel ist es, den Kunden die Bewertung von Dienstleistungsqualität im Umfeld von Individualsoftware-Projekten zu ermöglichen. Dabei nutzt der Anbieter eine Methode, die bereits 1988 von der Unternehmensberatung Butler-Kox entwickelt wurde. "Die Bewertung beruht auf einer quantitativen Messung der IT-Umgebung unter anderem anhand von Function Points", erläutert Benjamin Poensgen, Geschäftsführer der Quantimetrics GmbH, Wiesbaden.

Die Funktionspunktanalyse (FPA) geht wiederum auf eine im Jahr 1979 von IBM entwickelte Methode zurück, die Software anhand der Zahl der für die Nutzer relevanten Funktionen bewertet. Das Verfahren wird von der International Function Point User Group (www.ifpug.org) gepflegt. Ihr obliegt auch die Ausbildung der Certified Function Point Specialists (CFPS), die bei der Softwareanalyse die zu messenden Funktionseinheiten definieren. Das von Quantimetrics angewandte Benchmarking kommt entweder zum Start oder zum Abschluss eine Projekts zum Tragen, und sorgt so für Transparenz bei den Leistungen und Angeboten der Dienstleister.

So kann es etwa Hinweise darauf liefern, was das angestrebte Vorhaben kosten darf. Basis einer solchen Einschätzung ist die Projektdatenbank, die Erfahrungen aus vergleichbaren Fällen heranzieht, um Dauer und Aufwand der Arbeiten zu beziffern. Zudem sind Function Points auch Mittel, das Kostenrisiko gleichmäßig zu verteilen. Dabei erfolgt die Bezahlung nicht wie üblich auf Basis von Tagessätzen (dabei trägt der Auftraggeber das Risiko) oder Festpreis (hier trägt der Auftragnehmer das Risiko), sondern orientiert sich an implementierten Funktionen. "Damit lassen sich leistungsbezogene Verträge vereinbaren: 2000 Function Points kosten den Betrag X. Pro mehr beziehungsweise weniger umgesetzte Funktionseinheit erhöht oder reduziert sich der Preis", erläutert Poensgen.

Bei der Analyse abgeschlossener Projekte hingegen wird die Zahl der implementierten Function Points in Relation zum Aufwand oder zur Projektlaufzeit gestellt. Auch hier erfolgt das Benchmarking mittels ähnlicher in der Datenbank vorliegender Projekte. Bewusst werden dabei auch Entwicklungsarbeiten aus branchenfremden Unternehmen herangezogen. "Das ist einerseits unfair, weil Projekte unter verschiedenen Rahmenbedingungen abgeschlossen werden. Letztlich zielt das Benchmarking aber darauf, Verbesserungspotenziale aufzudecken - und dafür muss man eben auch schon mal über den Tellerrand schauen", erläutert der Quantimetrics-Chef. Nicht nur einzelne Projekte lassen sich vergleichen, auch die Effizienz der gesamten Softwareentwicklungsabteilung eines Unternehmens oder des externen Dienstleisters wird so messbar.

Die Grenzen quantitativer Methoden

Die quantitative FPA-Methode hat dort ihre Grenzen, wo Services häufig ihre Stärken haben. Dienstleistung ist ein personenbezogenes Geschäft und zu einem wesentlichen Teil sind es weiche Faktoren, die zur Auswahl eines Partners führen. Diesen Aspekt berücksichtigt die Ende der achtziger Jahre an US-amerikanischen Hochschulen entwickelte "Servqual"-Methode. Sie will Differenzen zwischen Kundenerwartung und wahrgenommener Servicequalität offenlegen und gliedert sich in die fünf Bewertungskategorien Materielles (etwa technische Ausstattung), Zuverlässigkeit, Entgegenkommen, Souveränität und Einfühlungsvermögen.

Das fränkische Softwareentwicklungshaus Novibel GmbH nutzt dieses Verfahren zur Zufriedenheitsanalyse der eigenen Kunden. Zusammen mit der Friedrich-Alexander Universität Erlangen Nürnberg wurde die Methode auf die Besonderheiten der IT-Dienstleister angepasst. Aus der Kooperation entstand ein Fragebogen, der in etwa ein- bis eineinhalbstündigen Sitzungen zusammen mit dem Kunden ausgefüllt wird. Dabei fragt Projektleiterin Susanne Bernhard Kriterien wie das Kunden- und Ressourcen-Management, die Projektbetreuung sowie die Leistung der Softwareentwickler ab.

Erste Versuche, mit Hilfe des Werkzeugs die Kundenzufriedenheit zu erfassen, verliefen wenig erfolgreich: "Wir wurden zwar benotet, konnten aber keine Rückschlüsse auf Schwachpunkte ziehen", schildert Novibel-Schäftsführer Jörg Schmidt seine Erfahrungen mit dem Analyse-Tool. In der zweiten Runde erweiterte das Team das Formular daher um offene Fragen. Nun ließen die Bewertungen auch Hinweise auf Verbesserungspotenzial zu. Grundsätzlich ließe sich der Spieß auch umdrehen, so dass Anwender ihre Zufriedenheit mit den Dienstleistern erfassen.

Benchmarking
Das Benchmarking ist eine Methode, das eigene Leistungsniveau zu bewerten. Als Vergleichsgröße dient die Leistunsgfähigkeit anderer interner oder externer Einheiten. Interne Analysen werden zwischen Abteilungen (unternehmensbezogen) und zwischen Tochtergesellschaften (konzernbezogen) vorgenommen. Beim externen Benchmarking wird der Vergleich zur Konkurrenz sowie zu brancheninternen und branchenfremden Unternehmen gesucht. Ziel ist immer, eigene Schwächen und Verbesserungspotenzial aufzudecken. Das gelingt jedoch nur, wenn genügend Datenmaterial über die besten Wettbewerber vorliegt. In der IT-Umgebung werden besonders gern die Kosten pro IT-Arbeitsplatz sowie die Aufwendungen für die Hardware erfasst und verglichen. Benchmarking-Verfahren gibt es aber auch für Prozesse (etwa Softwareentwicklung, User Helpdesk, Betrieb) sowie für IT-Mitarbeiter (Ausbildungsstand, Weiterbildung, Fluktuation).