CIO Survey von Capgemini

Die Nöte der IT-Verantwortlichen: Betrieb frisst Innovation

16.04.2008
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
IT ist selten Taktgeber für Innovationen im Unternehmen, kann es aber sein: Kultur und Führung sind wichtiger als Kennzahlen und Finanzen.

IT ist die Basis für Innovationen im Kerngeschäft - die IT-Organisation jedoch nicht. Dieses erstaunliche Ergebnis präsentiert das Beratungshaus Capgemini in seiner jährlichen "CIO Survey", einer weltweiten Befragung unter knapp 400 IT-Leitern. Ausgangspunkt der Untersuchung war eine Umfrage des Marktforschungshauses Economist Intelligence Unit im Jahr 2006. Darin räumten 83 Prozent der interviewten Geschäftsführer (CEOs) der Infomationstechnik eine wesentliche Rolle bei der Erschließung neuer Einnahmequellen ein. Allerdings fühlten sich nur 62 Prozent der CIOs dazu berufen. Obwohl von der Wichtigkeit der IT überzeugt, sahen nur 41 Prozent der CEOs die Zukunft der IT im eigenen Hause. 37 Prozent der CIOs erwarteten innerhalb von fünf Jahren das Ende der internen IT.

IT-Organisationen und Innovationen: Mehr Initiative bitte!

Grund genug für Capgemini, die Rolle der IT etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Im November und Dezember 2007 befragten die Business-Berater CIOs und IT-Leiter zum einen nach dem Innovationspotenzial der IT und zum anderen nach den innovativen Fähigkeiten der der internen IT-Einheiten. 70 Prozent bejahten die wichtige Rolle von IT-Systemen und Applikationen für Neuerungen im Kerngeschäft, doch nur 24 Prozent bezeichneten die interne IT-Organisation als Quelle der Innovationen. Diese orten sie vor allem in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, in der Produktion sowie im Verkauf und Marketing. "Viele Innovationen basieren heute auf den Leistungen der Informationstechnik. Es ist aber an der Zeit, dass die Verantwortlichen für IT stärker selbst als Initiatoren auftreten und damit letztendlich die unternehmerische Transformation begleiten", sagt Kestutis Ivinskis, Berater bei Capgemini Consulting.

Innovationsfeindliche Strukturen

Allerdings lassen viele IT-Organisationen auch die strukturellen Voraussetzungen vermissen, um kreative Ideen umzusetzen: 71 Prozent haben keinen definierten Innovationsprozess und 64 Prozent weisen kein separates Innovationsbudget aus. Fast zwei Drittel orten die Ursachen der Stagnation im Budget-Prozess, der die Kreativität in der IT nicht fördere. In der insgesamt negativen Einschätzung zeigen sich ausgerechnet die ansonsten zurückhaltenden deutschen und schweizerischen CIOs besonders zuversichtlich: 60 Prozent unter ihnen sehen ihre IT-Abteilung grundsätzlich in der Lage, den Fortschritt zu unterstützen. Nur die IT-Lenker aus Italien und Spanien sind noch optimistischer. Die IT-Manager aus allen anderen Ländern schätzen die Erneuerungskraft ihrer IT hingegen deutlich schlechter ein.

So machen es die Top Innovatoren

Aus den Ergebnissen haben die Berater einige Merkmale abgeleitet, die eine erfolgreiche IT-Organisation kennzeichnen:

  • die Führungsriege im Konzern zeigt ein grundlegendes Verständnis für die IT;

  • IT- und Fachabteilungen pflegen eine funktionierenden Beziehung zueinander;

  • IT-Basisdienste laufen zuverlässig;

  • der CIO berichtet direkt an den CEO oder COO, und nicht an den CFO;

  • die IT ist Partner der Fachabteilung und nicht ihr Dienstleister.

Gerade mal fünf Prozent der befragten Unternehmen erfüllen diese Kriterien. Sie sind laut Capgemini "Top Innovatoren". Um deren Erfolgsrezept kopieren zu können, haben sich die Berater ihre IT-Budgets genauer angesehen. Dabei hat sich erwiesen, dass die Vorreiter mehr Geld in die Strategie investieren als der Durchschnitt der Unternehmen. Ein Blick auf die Outsourcing-Aktivitäten überraschte die Berater hingegen. Die Top-Innovatoren haben keineswegs sehr viel häufiger oder intensiver ausgelagert als der Durchschnitt der Unternehmen.

Tagesgeschäft lässt kaum Raum für Neuerungen

Gebremst in ihrer Innovationsfreude werden die IT-Lenker vom Tagesgeschäft. Normalerweise belegen CIOs im Unternehmen eine Doppelrolle. Sie müssen sowohl den zuverlässigen Betrieb garantieren, als auch Neuerungen schaffen. Die Herausforderung besteht darin, Innovationen voranzutreiben und gleichzeitig Basisdienste kostengünstig anzubieten. Vielen Befragten fällt es offenbar schwer, die richtige Balance zu halten. Aktuelle Probleme im Tagesgeschäft und der Mangel an geeigneten Fachkräften binden viel Aufmerksamkeit. Um aber als Innovationsquelle im Unternehmen Anerkennung zu finden, müssen die IT-Lenker neue Wege einschlagen. "Sie sollten darüber nachdenken, wie sie sich durch Industrialisierung und auch Auslagerung von Funktionen an Partner den nötigen Freiraum schaffen können", fasst Ivinskis zusammen.

Doch das allein garantiert nicht den Erfolg. Wer das Tagesgeschäft beherrscht, wird möglicherweise als verlässlicher interner Dienstleister betrachtet. Das schließt aber nicht die Rolle des Innovationstreibers ein. CIOs müssen ihre IT-Organisation auf Augenhöhe mit den Fachabteilungen positionieren, um so als gleichberechtigter Partner Projekte anzustoßen oder gemeinsam zu betreiben. Hier gibt es enorme Defizite, nur 40 Prozent der CIO haben derzeit dieses Ziel erreicht. Kaum überraschend sind vor allem IT-Verantwortliche in der Finanz und Telekom-Industrie diesbezüglich Vorreiter. Hier sind IT und Kerngeschäft eng miteinander verknüpft. Die Wertschätzung ihrer Kollegen aus den Fachabteilungen ist den IT-Managern gewiss.

IT-Manager sind gefragt: Offene Ohren und Diskussionen

Der Schlüssel zum Erfolg ist eine offene Führungskultur. Der CIO muss Kreativität fördern, dabei aber Servicequalität und -risiko nicht aus den Augen verlieren. An Leistungskennzahlen und finanzielle Anreize glauben die IT-Lenker in diesem Fall jedoch nicht. Nur 30 Prozent loben Preise für innovative Leistungen aus. Key Performance Indicators (KPIs), die die Innovationskraft messen, gibt es nur in 23 Prozent der IT-Organisationen. Das finden die Berater von Capgemini nicht gut. In einer Organisation, die üblicherweise mit Kennzahlen, Service-Levels, Sparzielen und Lieferzeiten gesteuert wird, können sich Innovations-KPIs als wertvoll und hilfreich in der Diskussion mit den Fachbereichen erweisen.

Das Vorhaben, der IT-Abteilung im Unternehmen mehr Gehör zu verschaffen, ist offenbar eine Herkules-Aufgabe. 75 Prozent glauben, dass dies schwieriger sei, als die Effizienz der IT zu erhöhen. Je größer das IT-Verständnis in der Konzernleitung ist, desto leichter haben es die IT-Bosse. Aber auch enge Bande zu Fachabteilungen vereinfachen den Prozess. Eine weitere Möglichkeit, Bewusstsein für die IT im Unternehmen zuschaffen, ist, die Geschäftsbereiche in die Entwicklung einer unternehmensweite IT-Strategie einzubinden. Auch dies fällt mit einem offenen und informativen Führungsstil in der IT leichter.

Um einen Stimmungswandel zu erzwingen, sollte sich die IT intensiver als Marktbeobachter positionieren. Sie muss das Geschäftspotenzial technischer Neuerungen erkennen und Umsetzungsmöglichkeiten vorschlagen. Das kann sie nicht immer allein leisten. Capgemini bringt ein Ökosystem an Partnern in Spiel, die dabei helfen können. Das sind beispielsweise Kunden, Geschäftspartner, IT-Lieferanten und Berater. Sie unterstützen dabei, die IT eng am Geschäftsbetrieb auszurichten. (jha)