Business Intelligence

Gartner beurteilt die neuen Schwergewichte im Markt für Business Intelligence

14.02.2008
Von 


Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.
SAP, IBM, Oracle und Microsoft gelten nach Übernahmen und durch Eigenentwicklungen als "Mega Vendors" im BI-Markt. Doch nicht bei allen von ihnen ist klar, welche Strategie sie verfolgen.

Nachdem im letzten Jahr BI-Größen wie Business Objects (SAP), Cognos (IBM) und Hyperion (Oracle) ihre Unabhängigkeit verloren haben, erwarten nun Kunden und Marktbeobachter von den neuen Eigentümern Antworten, wie es mit den Produkten weitergeht. Zwar wird wie üblich von Kontinuität und Synergien gesprochen, doch zumindest bei SAP und Oracle zeigen sich auch größere Überschneidungen im angewachsenen Portfolio aus eigenen und zugekauften BI-Tools. Auf ihrem BI Summit in Amsterdam gaben nun Analysten von Gartner eine erste, kleine Einschätzung der umfangreichen Angebote der Mega Vendors. Danach gibt es eine Reihe von Punkten, die die großen Hersteller nach den Übernahmen im letzten Jahr bezüglich ihrer BI-Strategie erläutern müssen:

Was macht SAP mit älteren Produkten?

Weniger ein knallharter Detailvergleich als eine grobe Einschätzung haben die Gartner-Analysten jetzt zu den großen Anbietern abgegeben.
Weniger ein knallharter Detailvergleich als eine grobe Einschätzung haben die Gartner-Analysten jetzt zu den großen Anbietern abgegeben.

So betonte Andreas Bitterer, Vice President Research, dass für SAP die Übernahme von Business Objects ein Novum war. Anders als Oracle, das laufend Firmen kaufe, hätten die Walldorfer weniger Erfahrung mit der Integration von Produkten und Organisationen. Es sei daher auch nicht verwunderlich, dass Business Objects eine weitgehend eigenständige Division im SAP-Konzern bilden wird. Für die kommenden Monate müsse SAP dennoch aufgrund der Produktüberschneidungen im BI-Portfolio einige Entscheidungen treffen (siehe auch "Kommentar: Business Objects Wettlauf ist beendet"). Insbesondere sei zu klären, welche Frontend-Strategie man verfolge. So nutzen viele SAP-Anwender des Business Information Warehouse (jetzt Netweaver BI) die "Bex"-Clients für Reporting und Abfragen. Diese sind nicht bei allen beliebt: "Kunden lieben oder hassen Bex", sagte Bitterer. Mit Business Objects komme nun eine ganze Palette weiterer Frontends hinzu.

Gleiches gelte für das Portfolio für Corporate Performance Management (CPM). Dieses umfasst Tools, Methoden und Kennzahlen, mit denen sich die Unternehmensleistung eines Betriebes messen, überwachen und steuern lassen soll. Aktuell wird CPM vor allem für die Optimierung von Finanzprozessen genutzt (Planung, Budgetierung, Forecasting und Finanz-Reporting). SAP hatte erst im letzten Jahr durch kleinere Zukäufe sein Engagement in diesem BI-Segment forciert. Durch die Übernahme von Business Objects hätten die Walldorfer nun insgesamt vier Produktgruppen für CPM, die zu konsolidieren sind. Ebenso müsse SAP für die Zukunft Antworten geben, wie es den eigenen BI-Produkte und denen von Business Objects zu einer gemeinsamen Architektur verhelfen will.

Bauchladen Oracle

Gartner Analyst Bill Hostmann fordert von Oracle klare Aussagen bezüglich der künftigen Strategie bei den BI-Frontends.
Gartner Analyst Bill Hostmann fordert von Oracle klare Aussagen bezüglich der künftigen Strategie bei den BI-Frontends.
Foto: Bill Hostmann

Oracle hatte sich insbesondere durch die Übernahmen von Siebel Systems und Hyperion zu einem Schwergewicht im BI-Markt gemausert, in dem der Hersteller allerdings bereits zuvor mit eigenen Tools mehr oder weniger erfolgreich aktiv gewesen war. Während sich die Integration und Strukturierung des ebenfalls durch Zukäufe gewachsenen Angebots an Unternehmensanwendungen dramatisch verbessert hätte, sieht Gartner Vice President Bill Hostmann beim BI-Portfolio noch Unordnung. "Oracle gewinnt an Marktpräsenz, besitzt aber vor allem viel Technik und wenige strategische Produkte".

Eine "Perle" sei diesbezüglich die Analysetechnik von Siebel, die ehemals vom Anbieter Nsite stammte und dann als "Siebel Analytics" zu Oracle kam. Sie bildet den Kern der Produktsuite "Oracle Business Intelligence Enterprise Edition", welche laut Hostmann Oracles künftiges BI-Flaggschiff darstellt. Damit stelle sich aber die Frage, was aus den übrigen Produkten für Reporting und Analyse von Hyperion und Oracle werde. Ebenso müsse der Hersteller eine Strategie für die analytische Anwendungen in seinem Angebot finden, die von Siebel und Hyperion stammen. "Hier muss ein gemeinsames Modell gefunden werden". Hostmann ist sich aber sicher, dass dies gelingt, da sich Oracle die Entwicklung eines integrierten Systems für Performance-Management zum Ziel gesetzt habe.

Kann Big Blue sich organisieren?

Gartner-Analyst Donald Feinberg fragt sich, ob IBM die BI-Botschaft schnell in ihrer großer Organisation verbreiten kann.
Gartner-Analyst Donald Feinberg fragt sich, ob IBM die BI-Botschaft schnell in ihrer großer Organisation verbreiten kann.
Foto: Donald Feinberg

IBM habe in der Vergangenheit bewiesen, dass sie zugekaufte Produkte gut integrieren könne, lobt Gartner-Vice President Donald Feinberg. Ein Beispiel seien die Produkte des Datenintegrationsspezialisten Ascential Software, die mittlerweile im "IBM Information Server" vereint wurden. Die Einbindung von Cognos sollte ebenfalls keine größeren Probleme machen, zumal IBM bisher keine eigenen BI-Produkte hatte. Cognos erhalte künftig Zugriff auf größere Ressourcen für die Produktentwicklung und -integration, Kunden könnten auf mehr Support bei BI-Projekten hoffen.

Einzig bei der Technik für Datenanalyse gebe es noch Unklarheiten und Überschneidungen, da Cognos kurz vor der Übernahme seinerseits den Konkurrenten Applix gekauft hatte. Feinberg schätzt zudem, dass der Hersteller noch einige Jahr braucht, um mit seinem Angebot an analytischen Anwendungen zur Konkurrenz aufzuschließen. Das eigentliche Problem von IBM sieht Feinberg aber auf Seiten der "Execution": Die weitläufige Konzernorganisation mache es schwer, das Wissen über BI und die neuen Produkte zu vermitteln und zügig in die Projekte zu bringen. Die geplante Umstrukturierung des Portfolios für das Informations-Management unter dem neuen Produktnamen "InfoSpere" mache die Sache nicht leichter.

Hoffnungen im Hause Microsoft

Microsoft, so Gartner-Analyst Neil Chandler, unterscheide sich von den anderen BI-Riesen dadurch, dass es nicht versucht habe, durch Übernahmen Marktanteile zu gewinnen. Vielmehr setzt der Hersteller bei BI in erster Linie auf Eigenentwicklungen, die er durch Zukäufe kleinerer Spezialisten ergänzt. Dadurch verfüge Microsoft mittlerweile über gut integrierte Produkte rund um seine Datenbank SQL Server und könne dank eines starken Partnernetzes Anteile im Markt erobern. Vielversprechend sei auch die CPM-Produktstrategie mit dem PerformancePoint Server 2007. Obwohl das Produkt erst seit wenigen Monaten auf dem Markt ist, gehe Chandler schon heute davon aus, dass es in den nächsten vier Jahren zu den führenden fünf CPM-Angeboten gehören wird (siehe auch "Microsoft Office soll etablierte Produkte für Business Intelligence verdrängen").

Unklar sei hingegen, welche Produktpläne Microsoft grundsätzlich in puncto Performance-Management jenseits der Finanzabteilung sowie bei analytischen Anwendungen verfolge. Auch würden bisher der Unternehmensbereich der Business-Anwendungen und die BI-Experten nicht eng genug zusammenarbeiten. Ein wichtiger Treiber für das BI-Geschäft könnte künftig auch der Sharepoint Portal Server sein, der derzeit im Markt für Furore sorgt. Zwar könnten Unternehmen BI auch ohne die Portaltechnik betreiben, aber insbesondere beim Thema CPM wird Sharepoint künftig gesetzt sein.